Hochwasserschutz: Sichtachse ja/nein?

Im November 2016 wurden die Entwurfspläne für die Verbesserung des Hochwasserschutzes in Kemmern im Gemeinderat präsentiert. Nun wurde es konkreter – die erste Kostenermittlung liegt vor. Außerdem stand eine wichtige Frage im Raum: Soll, aus städtebaulicher Sicht wünschenswert, vom Kirchplatz eine Sichtachse Richtung Main geschaffen und der Damm in diesem Bereich abgesenkt werden?

Wie soll sich Kemmern städtebaulich entwickeln? Das war schon in den 1990er Jahren Thema – und Architekt Karl-Heinz Rösch gewann damals einen Ideenwettbewerb und ist seitdem als Städteplaner in Kemmern aktiv. Zur Gemeinderatssitzung am 6. April 2017 hatte er daher einen Plan mitgebracht, der vor mehr als 25 Jahren entstand und eine offene Sichtachse vom Kirchplatz hinunter zum Main und in die Landschaft zeigt. Außerdem präsentierte er einige Fotomontagen dieser Sichtachse mit verschiedenen Dammhöhen. „Vom Ziel einer vollständigen Öffnung haben wir uns längst verabschiedet“, fasste Rösch zusammen. „In Kemmern ist der Hochwasserschutz hoch zu bewerten, daher sollte auf eine Erhöhungslösung zurückgegriffen werden.“

Dennoch könne der Bereich oberhalb des Festplatzes städtebaulich gestaltet werden, etwa mit einer Ausbuchtung des Weges und durch Anbringen von Sitzgelegenheiten auf einer Aussichtsplattform. „Von der entstünde ein direkter Bezug nach unten zum Festplatz“, so Rösch. Auch die beiden Kommandanten der Kemmerner Feuerwehr plädierten für einen geschlossenen Damm. Denn eine Absenkung brächte enormen Aufwand mit sich: Vor einem Hochwasser müsste die Öffnung mit Balken verschlossen werden. „Im Falle eines Hochwassers haben wir eine Vorlaufzeit von etwa einem halben Tag, die Pegel lassen sich meist schwer abschätzen“, meinte Bürgermeister Rüdiger Gerst. So könne es sein, dass schon bei nur geringer, aber nach oben offenen Hochwassergefahr, die Balken eingebaut werden müssten. Nach kurzer Diskussion fiel der Gemeinderatsbeschluss einstimmig: Die weitere Planung soll ohne städtebaulichen Eingriff in die Dammanlage erfolgen – stattdessen soll der Bereich oberhalb des Festplatzes aufgewertet werden.

Soll vom Kirchplatz zum Main eine offene Sichtachse entstehen? Darüber hatte der Gemeinderat zu entscheiden.
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Besserer Hochwasserschutz für netto 4,5 Millionen Euro

Zuvor hatte Bernhard Vogt vom Ingenieurbüro Dr. Blasy / Dr. Øverland die Pläne für die Verbesserung des Hochwasserschutzes noch einmal vorgestellt. Im Wesentlichen entsprachen sie der Präsentation aus dem November 2016. In vielen Bereichen kann der Damm durch den Aufsatz einer Mauer (Maximalhöhe 80 Zentimeter) ertüchtigt werden, ebenso ist der Einbau einer statischen Innendichtung, also einer in die Tiefe gehenden Spundwand, vorgesehen. Bekannt sind nun auch die Baukosten: Vogt ging von Nettokosten von 4,5 Millionen Euro aus, an denen sich auch die Gemeinde Kemmern beteiligen muss. Inklusive ist die Ertüchtigung des Hebewerks sowie ein eigenes Notstromaggregat für die Gemeinde, um bei Stromausfall die Pumpen weiterbetreiben zu können.

Durch das Aufsetzen von kleinen Mauern lässt sich der Hochwasserschutz verbessern.

Bürgermeister Gerst gab in einem weiteren Tagesordnungspunkt das Ergebnis der überörtlichen Kassen- und Rechnungsprüfung für die Jahre 2007 bis 2015 bekannt. Dabei kam es zu keinen gravierenden Beanstandungen, finanzielle Unregelmäßigkeiten wurden ebenfalls nicht festgestellt. zum 31. Dezember 2015 lag demnach die Verschuldung von Kemmern bei 97.000 Euro (pro Kopf 37,96 Euro), zum 31. Dezember 2016 ist sie, wie Gerst ergänzte, auf 52.000 Euro gesenkt worden.

Keine Zensur

Gleich zu Beginn der Sitzung meldete sich Geschäftsleiter Markus Diller mit einer Stellungnahme zu Wort. Er ging dabei auf einen Beitrag der Wählergruppe Zukunft für Kemmern (ZfK) auf deren Internetseite ein. Thema war, dass die Protokolle aus den Gemeinderatssitzungen nicht den gesamten Verlauf der Sitzungen enthielten: „Nach Aussage von Bürgermeister Gerst ist das Protokoll Aufgabe des Protokollanten. Somit entscheidet dieser auch was in welcher Form im Protokoll erfasst wird“, war zu lesen. Diller, der in den meisten Fällen Protokollführer im Gemeinderat ist, erläuterte das Wesen der Protokolle: „Sie sind keine Verlaufs- und Wortprotokolle und wurden zudem vom Gemeinderat immer genehmigt.“

Zensur wies er zurück und forderte die ZfK auf, den Beitrag von der Internetseite zu entfernen. „Ich erwarte, dass Mitarbeiter der Gemeinde nicht derart im Internet dargestellt werden. Sie sind für die Gemeinde da und nicht für eine Partei oder Wählergruppe“, so Diller.

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