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„Wer Drogen möchte, kommt da immer ran!“

Bamberg und sein Landkreis sind keine Insel der Glückseligkeit. Ohne Frage sind die Drogenprobleme in Großstädten andere, in den vergangenen Jahren hat Bamberg aber „aufgeholt“. In Kemmern berichtete der Sucht- und Drogenpräventionsbeamte Jürgen Groß von der Polizei Bamberg über seine Arbeit und erklärte, wo er den wichtigsten Ansatzpunkt sieht, um Jugendliche zu schützen.

Sie heißen nicht mehr nur Cannabis, LSD, Heroin und Kokain. In der Statistik nehmen diese Drogen, seit vielen Jahren bekannt, nur noch einen verschwindend geringen Platz ein. In Mode gekommen ist Crystal Meth, das besonders in Diskotheken beliebt ist und seit 2006 die Bamberger Drogenfahnder beschäftigt. „Feiern, sich stark fühlen, anders empfinden“, beschreibt Jürgen Groß die Wirkung. Aber: Crystal mache sehr schnell abhängig, die Rückfallquote sei hoch.

Vortrag Drogenprävention Kemmern 2015 (2) [6]
Jürgen Groß gab Tipps, erzählte von seiner Arbeit und hatte eindringliche Appelle parat.

Groß erzählt von seiner Tätigkeit. Im Gegensatz zu klassischer Polizeiarbeit wie nach Einbrüchen oder Diebstählen müsse die Polizei hier selbst aktiv werden, denn „es melden sich keine Opfer“. Ziel sei daher, nicht die Konsumenten zu verfolgen, sondern die Dealer. Und das beginne schon an den Schulen. „Keine Schule ist mehr drogenfrei“, zeichnet Groß ein dunkles Bild. In vielen Bereichen sei die Dunkelziffer sehr hoch. „Wenn jemand nach dem Drogenkonsum, etwa bei Bewusstlosigkeit, ins Krankenhaus kommt, erfährt die Polizei und damit auch die Öffentlichkeit davon nichts.“ Daher sollten an den Schulen vermehrt Präventionsveranstaltungen stattfinden, noch immer seien es zu wenige. Wichtig: Den Jugendlichen vermitteln, dass das Jugendschutzgesetz nicht dazu da ist, etwas zu verbieten, sondern um sie zu schützen. Denn gerade im jugendlichen Alter, wo sich auch das Gehirn noch in der Entwicklung befindet, seien Drogen pures Gift.

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Eltern in der Verantwortung

Klar macht Jürgen Groß aber auch: „Elternrecht geht über das Jugendschutzgesetz.“ Wenn Eltern etwa ihren 14-jährigen Sohn in einen nicht jugendfreien Film ins Kino mitnehmen wollen, sei dies möglich – auch wenn viele Kinomitarbeiter der Meinung seien, das gehe nicht. Die Eltern nehmen also eine starke Position ein, und sollten daher rechtzeitig mit ihren Kindern über Drogen sprechen. Groß hat auch ein Beispiel parat: „Wie das Internet vergisst auch das Gehirn nichts. Einmal abhängig bedeutet: immer abhängig. Bedenken sollte man immer: Kinder geben zunächst kein Feedback. Erst Jahre später merkt man, ob die Botschaft angekommen ist – zum Beispiel, wenn die dann erwachsenen Kinder die Aufklärung lobend erwähnen.“

Vortrag Drogenprävention Kemmern 2015 (1) [7]
Etwa 40 Zuhörer waren ins Pfarrheim gekommen.

Gerade das Internet ist eine Gefahr, lassen sich doch dort auf seriös gestalteten Internetseiten etwa pflanzliche Drogen bestellen. Im Hintergrund stünden Menschen, denen es schlicht ums Geld geht. „Sie verkaufen Stoffe, um Kohle zu machen. Jugendliche werden dabei zu Versuchskaninchen.“ Das gelte, neben den pflanzlichen Drogen, vor allem für synthetische Produkte, GHB (K.O.-Tropfen) und Spice (Kräutermischungen). Die Politik und damit auch die Polizei sei, so Groß, immer einen Schritt hinterher. Denn kaum sei eine chemische Zusammensetzung verboten, erlaubten minimale Änderungen an der Formel bereits die Umgehung der Verbote.

Auch zum Thema einer möglichen Cannabis-Legalisierung äußert sich Groß: Allein schon die Gefahr von Psychosen und Flashbacks, woraus sich etwa im Straßenverkehr deutlich erhöhte Gefahren ergeben können, schließe eine Legalisierung aus. „Das rote Licht wackelt“ – so beschrieb dem Polizisten eine Marihuana-Konsumentin, nachdem sie schon eine ganze Zeit „clean“ war, das Licht der Ampel, wenn sie im Auto sitze. „Was, wenn ihr ein schlingernder Radfahrer entgehen kommt?“

Am Ende seines etwa anderthalbstündigen Vortrags im Kemmerner Pfarrheim steht Groß noch für Fragen zur Verfügung. Und eine Klage will er unbedingt auch loswerden: „In Bamberg macht jeder für sich ein bisschen etwas, es fehlt die Vernetzung.“ Und die wäre wichtig, um für die Zukunft gewappnet zu sein, Jugendliche vermehrt zu beraten, Präventionsveranstaltungen anzubieten und, nicht zuletzt, Drogenabhängige auf ihrem Weg weg von den Drogen zu begleiten und sie nicht alleine zu lassen.