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Gastbeitrag: Ökologisch wertvolle Grünfläche erhalten

Gegenüber der Abtenberghalle in Rattelsdorf gibt es (noch) eine Grünfläche. Die wird bald allerdings verschwinden, der Gemeinderat hat Planungen schon auf den Weg gebracht. Mit dieser Lösung sind nicht alle zufrieden, wie ein Gastbeitrag zeigt, der unsere Redaktion erreicht hat und den wir gerne veröffentlichen. Eine Unterschriftenliste gibt es auch – und einen Termin mit Gemeindevertretern.

Ein Zukunftskonzept für Rattelsdorf. Das war schon das Thema unserer Gemeinderäte und des amtierten Bürgermeisters Ende 2012 / Anfang 2013. Um ein Konzept zu entwickeln, wollte sich das Gremium damals zur Klausur ins Kloster Langheim zurückziehen. Ob diese Klausursitzung stattgefunden hat, welches Ergebnis sie brachte, ist mir nicht bekannt. Die Fragestellung von damals: „Wir müssen klären, ob Rattelsdorf eine Gewerbe- oder eine Wohngemeinde sein soll, was gefördert werden soll, ob Tourismus in Frage kommt.“ Wohnen? Gewerbe? Tourismus?

Wer ist die Marktgemeinde?

Die Marktgemeinde, reicht von Poppendorf über Rattelsdorf bis Ebing. Jeder Ort anders, jeder Ort besonders, jeder Ort mit Geschichte und Tradition. Hier haben Menschen ihren Lebensmittelpunkt und auch ihren geschützten Rückzugsbereich. Egal, ob sie seit Generationen ansässig sind, oder hinzugezogen. Alle haben sich entschlossen hier zu leben und können hier hoffentlich auch in Würde alt werden.

Das Schöne an unserer Muttersprache ist, dass sie klar zum Ausdruck bringt, was Worte bedeuten. Denken wir an das Wort „Lebensmittel“, darunter verstehen wir Substanzen, die konsumiert werden, um den menschlichen Körper zu ernähren. Jedoch ist vielen nicht bewusst: Lebensmittel sind nicht nur die Dinge die wir essen und trinken können. Lebens-Mittel sind auch Sonne, Regen, Luft, Landschaft, Gemeinschaft, Zusammenhalt. „Substanzen“ – und Erfahrungen – die körperlich und geistig gesund halten. Das als Gesamtpaket auf den Punkt gebracht, verstehe ich als meinen Lebens-mittel-punkt. Ich wünsche mir, dass wir alle einen wertvollen Lebens-mittel-punkt haben.

Die Marktgemeinde, das sind also in erster Linie wir Menschen. Ich bin der Auffassung, die Fragestellung sollte sein:

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Leben:

Was „Leben“ bedeutet, das kann man sich nur selbst beantworten und jeder wird darauf auch eine andere Antwort geben. Leben in der Marktgemeinde Rattelsdorf kann jedoch – wie überall auf der Welt – nur funktionieren, wenn man „Zusammen-Lebt“. Zusammenleben bedeutet, Rücksicht nehmen auf die Bedürfnisse des jeweils anderen, denn meine Freiheit endet da, wo die Freiheit meines Nachbarn beginnt. Wir haben die gleichen Rechte, aber auch die gleichen Pflichten.

Lebensraum:

Lebensraum ist „Raum zum Leben“, den brauchen wir alle und den sollten wir uns auch erhalten.

Das gehört zur Tradition dieses Ortes, ist Heimat, zuhause sein! Wollen wir dieses Stück Lebensqualität wirklich opfern? Die Linden fällen, die Wiese pflastern?

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Das Foto zeigt die betroffene Grünfläche.

Glauben wir wirklich, dass sich durch die geplanten Maßnahmen und den Bau weiterer Parkplätze gegenüber der Abtenberghalle die Verkehrssituation entspannt?

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Lageplan: Hier soll das neue Gebiet entstehen.

Ebinger Bürger haben durch den ICE-Ausbau die Wahl, ihren Ort Richtung Zapfendorf oder über die Ebinger Hauptstraße zu verlassen. Welchen Weg sie wählen werden, kann ich nicht sagen. Die meisten werden über Rattelsdorf fahren, wenn sie in Richtung Bamberg wollen.

Was haben wir also gewonnen? Wie hat sich unser Lebensraum verändert? Ist er durch das Gewerbegebiet gewachsen? Haben wir mehr, gar besseren Raum zum Leben gewonnen? Ich meine nein. Was haben wir für ein Zukunftskonzept? Wir, die Bürger dieser Gemeinde, wir, die hier leben? Wohnen? Gewerbe? Tourismus?

Vielleicht ein wenig von allem.

Lassen wir sie entlang radeln an unserem alten Bahngelände und sich am Anblick freuen. Vielleicht stellt man ein paar Schilder auf, mit Fotos, wie es früher hier mal ausgesehen hat. Ein paar Bänke unter den Linden kosten nicht die Welt. Radler müssten ihre Vesperpause nicht mehr auf dem Parkplatz vorm Einkaufsmarkt oder der Metzgerei verbringen, sondern könnten im Schatten der Bäume entspannen. Führen wir sie weiter zum Marktplatz und zum Torhaus.

Im Torhaus könnte man einen Raum mit alten Dokumenten, Bildern, Texten und Gegenständen aus der traditionsreichen Zeit unseres Ortes einrichten. Menschen einladen und teilhaben lassen an unserer wertvollen Region.

Ich habe dieser Tage in „Rattelsdorf in alten Tagen“ gelesen und herzlich gelacht. Einen Text zum Bild der Ortsbrücke über die B 4 will ich Ihnen nicht vorenthalten: „Es wird berichtet, dass auf der Brücke oft „böse Buben“ standen … und der Lokführer eine schwarze Rauchwolke hochblies, so dass die Buben ausschauten, wie weiland die zwei, die aus dem Schornstein kamen (s. Wilhelm Busch).“

Wir könnten aus dem Torhaus ein kleines feines „Heimatkunde-Museum“ machen. In meiner Schulzeit gab es dieses Unterrichtsfach noch. Vom Kindergarten angefangen über die Schule wäre dies ein Ort der Freude macht, Verbundenheit mit der Region schafft und sicher auch ein Lächeln auf manches Gesicht zaubert. Bei Alten wie bei Jungen, „Rattelsdorfer Urgesteinen“ und Neubürgern, die sich hier ihren Lebensmittelpunkt und Lebensraum geschaffen haben.

Das beplante Gebiet ist keine nutzlose Grüne Fläche, sie ist das, was wir daraus machen. Ein Stück Rattelsdorfer Geschichte.

Irgendwann, wenn die Bäume richtig groß sind, heißt dieser Ort vielleicht „Unter den Linden“ im Markt Rattelsdorf. Und im Schatten unter den Bäumen sitzt man auf einer Bank und erzählt, wie es früher hier mal war.

[8]Lebensqualität: Die Autorin ist für den Erhalt der Grünfläche.

Dieses Zukunftskonzept bringt uns vielleicht keinen großen finanziellen Gewinn, einen Gewinn an Lebensqualität aber allemal.

Silvia Niesen

 

Information: Am Donnerstag, 13. Juli 2017, um 18.30 Uhr treffen sich Anwohner, interessierte Bürger, die Marktgemeinderäte und der Bürgermeister zu einem Gesprächstermin in der Alten Schulturnhalle in Rattelsdorf.

Fotos: A. Ehnis. Plan: Interaktive Karte Landkreis Bamberg