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Was ist denn da in Kemmern los?

Nach der Sitzung des Gemeinderats von Ende Februar sind Flugblätter in Kemmern unterwegs, bei Facebook finden heftige Diskussionen statt. Hintergrund ist eine Entscheidung in Sachen vorweihnachtliches Dorfplatzfest, das die Wählergruppe „Zukunft für Kemmern“ (ZfK) seit 2014 ausrichtet. Und nicht zum ersten Mal kocht die Stimmung nach einem Beschluss des Gemeinderats hoch.

Wer schon einmal eine Sitzung des Bundestags verfolgt hat, kennt die Extreme. In vielen Fällen geht es gemäßigt zu, viele Entscheidungen sind keine Überraschung. Dann das andere Extrem: Hitzige Diskussionen, die sich nicht nur auf das Plenum beschränken, sondern tage-, ja wochenlang nachwirken können. Eine solche Situation gibt es momentan auch in Kemmern – manchmal ist die kleine der großen Politik eben doch sehr ähnlich. Dabei war das in Kemmern nicht immer so. Im Gemeinderat ging es bis zur Kommunalwahl 2014 oft sehr ruhig zu, die Entscheidungen fielen in den allermeisten Fällen einstimmig. Kein Gremium in der Region arbeitete derart unauffällig, man könnte aber genauso sagen: effektiv.

Was war passiert? Am 25. Februar 2016 tagte der Gemeinderat. Die Tagesordnung war an sich unspektakulär: Anträge der Feuerwehr zur Beschaffung neuer Ausrüstungsgegenstände, ein Bericht über die Planungen zum 1000-jährigen Jubiläum Kemmerns im Jahr 2017 und die erneute Genehmigung der „Nutzung des Rathaushofs zur Durchführung eines vorweihnachtlichen Dorfplatzfestes 2016“ durch die Wählergruppe „Zukunft für Kemmern“ (ZfK). Die Genehmigung stellte aus Sicht der Gemeindeverwaltung kein Problem dar, vorgeschlagen wurde die Zustimmung. Durch eine Wortmeldung von Volker Pflaum (UBB) kam aber Bewegung in die Sache. Er stellte sinngemäß die Frage, warum es in Kemmern zwei Weihnachtsmärkte gebe. Sein Vorschlag: Eine Besprechung darüber im Gesamtvorstand der Kemmerner Vereine und die Zurückstellung des Antrags der ZfK.

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ZfK will an ihrem Dorfplatzfest unbedingt festhalten

Schon 2014, als das vorweihnachtliche Dorfplatzfest der ZfK seine Premiere feierte, schrieb Nachrichten-am-Ort-Redakteurin Lena Thiem dazu einen Kommentar [6]. „Etwas ins Nachdenken kommt der Außenstehende schon, was zur Adventszeit in Kemmern denn wohl los ist. Ein Weihnachtsmarkt mit den Vereinen und am nächsten Wochenende ein vorweihnachtliches Dorffest. Der Markt am Ortsrand auf einem Parkplatz, das Dorffest im historischen Ortskern im Umfeld der Kirche und des Rathauses mit viel Atmosphäre und Charme. Der Markt mit Verkaufsständen der Ortsvereine, das Fest mit umfangreichem Programm aufgezogen von einer Gruppierung. – Aber warum nicht gemeinsam? Und warum an einem Tag, an dem seit Jahren auch Adventskonzert und Weihnachtsfeier eines Ortsvereines stattfinden? Ein gemeinsames Konzept für ganz Kemmern an einem Wochenende? Vielleicht schaffen es die Verantwortlichen nächstes Jahr, gemeinsam zu planen und zu feiern – vorausgesetzt, sie würden das wirklich wollen. Aber wäre das nicht einen (vor-)weihnachtlichen Gedanken wert?“

Die Verantwortlichen haben es nicht geschafft. Die ZfK betrachtet, das zeigte die Gemeinderatssitzung vom 25. Februar und in der „Nachbereitung“ sehr deutlich, das vorweihnachtliche Dorfplatzfest als „ihr Baby“ und möchte daran festhalten. Auf der anderen Seite hat der Gesamtvorstand der Vereine längst erkannt, dass der Kemmerner Weihnachtsmarkt, der zuletzt am Parkplatz des Einkaufsmarktes stattfand, dringend ein Update brauchen könnte. Und die ZfK, deren Dorfplatzfest sich über viele Besucher freuen konnte, möchte diese eigene Erfolgsveranstaltung nun einmal nicht aufgeben. Beides nachvollziehbar.

2014-12-14 weihnachtliches Dorffest ZfK Kemmern [7]
Ein Endruck von der Premiere des Dorfplatzfestes in 2014.

Bürgermeister Rüdiger Gerst (CSU) sagte gegenüber Nachrichten am Ort, dass sein Ziel nicht das Scheitern des ZfK-Antrags gewesen sei. Vielmehr wollte er über die Kenntnisnahme des Antrags abstimmen lassen und dann im Rahmen des Gesamtvorstands prüfen, ob ein gemeinsamer Markt, auch mit Hinblick auf das 1000-jährige Jubiläum der Gemeinde, abgehalten werden könne. Der Ursprungsantrag der ZfK sei aber der weiterführende Antrag gewesen, und daher wurde letztendlich über ihn abgestimmt. Er fand bei 4:10 Stimmen keine Mehrheit.

Die Metapher mit dem Wald und dem Hineinrufen …

Nochmal die Frage: Was ist denn da in Kemmern los? 2014 war die ZfK unter anderem mit den Zielen angetreten [8], den Bürgern mehr Transparenz und Informationen über die Arbeit des Gemeinderates und der Verwaltung zu geben, Baugebiete auszuweisen und damit dem demografischen Wandel mit dem Zuzug junger Familien entgegenzuwirken. Bei der anschließenden Kommunalwahl schafften es dann vier Kandidaten der ZfK in den Gemeinderat, die Bürgermeisterkandidaten Heike Bräuer kam auf rund 33 Prozent der Stimmen. Viele Ziele der ZfK sind unterstützenswert und werden auch von den anderen Parteien und Gruppierungen nicht verleugnet, aber der Eindruck drängt sich auf, dass im Gemeinderat so manches Thema ohne wirklichen Grund abblockt wurde. Stellvertretend sei die Diskussion zu „Smartphones und Tablets in Gemeinderatssitzungen“ [9] genannt, die schon zweimal das Gremium beschäftigte. Was in anderen Gemeinden selbstverständlich ist, kommt in Kemmern scheinbar nicht in die Tüte.

Die Medaille hat aber natürlich ebenso eine andere Seite. „Der Ton macht die Musik“, oder „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, könnte man sagen. Die ZfK spricht in ihrem aktuellen Flugblatt, das als Reaktion auf den Beschluss in Sachen Dorfplatzfest gefällt wurde, gar davon, der Gesamtvorstand solle als „Instrument der Gleichschaltung“ missbraucht werden. Gleichschaltung wohlgemerkt ohne Anführungszeichen. Dem Steller des Gegenantrags in der Sitzung, Volker Pflaum, wird vorgeworfen, der ZfK als Verein absichtlich schaden zu wollen.

Politik für die Kemmerner Bürger, nicht gegeneinander. Auch das ist im Flugblatt nachzulesen. Fakt ist: Kemmern geht es nicht schlecht, Verbesserungspotenzial besteht aber. Vor allem in Sachen Kommunikation. Vielleicht sollten die Gemeinderäte einfach für ein Wochenende in Klausur gehen. Denn Meinungsverschiedenheiten darf und muss es geben, aber: „Der Ton macht die Musik.“ Und das gilt für alle Seiten.

Foto: Lena Thiem