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Bamberg – eine Brauerei- und Bierkellerkultur der Superlative

Im Zeitraum von Juni 2015 bis März 2016 führte das Institut für Geographie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises im Rahmen eines studentischen Forschungsseminars eine Studie zur regionalen und kulturellen Bedeutung des Brauereiwesens in Stadt und Landkreis Bamberg durch. Am Montag präsentierten die Vertreterinnen und Vertreter des Instituts im Bauernmuseum Bamberger Land in Frensdorf die Ergebnisse.

Bei der Vorstellung ging Landrat Johann Kalb in seiner Begrüßung auf die besondere Bedeutung der Brautradition und Bierkultur [6]in Stadt und Landkreis ein. Nicht umsonst hat die Region mit rund 70 Brauereien die höchste Brauereidichte weltweit. Zum Erhalt dieser einzigartigen Brauereilandschaft sind vielfältige Anstrengungen erforderlich, die neben den rein betriebswirtschaftlichen Abläufen auch engere Kooperationen der Brauer untereinander berücksichtigen sollten. „Beim Projekt ‚36 Kreisla – Landkreisbier‘ ist dies eindrucksvoll gelungen“, so Kalb in seiner Begrüßung. Er dankte der Universität Bamberg und allen an der Studie beteiligten Akteuren für die gute Zusammenarbeit und wünscht sich für die Zukunft weitere derartige Projekte.

Brauereiwesen und Bierkellerkultur

Prof. Marc Redepenning und Sebastian Scholl vom Lehrstuhl Geographie I erläuterten die Ziele der Studie und den wissenschaftliche Ansatz: Schwerpunkte der Studie waren einerseits Untersuchungen über die soziokulturelle, ortsbezogene Bedeutung der traditionellen Bierkeller für Einheimische und Touristen. Andererseits sind die Strukturen der in Stadt und Landkreis Bamberg ansässigen Brauereien analysiert worden. Hier standen vor allem Fragen zur Regionalität in der Produktion und Wertschöpfung, zur Relevanz von Netzwerk-strukturen unter den Brauereien sowie zur jeweiligen Unternehmensphilosophie im Mittelpunkt.

Ein zentrales Anliegen der Studie war die Gewinnung von aktuellen empirischen Daten zum Brauereiwesen und der Bierkellerkultur in der Region. Die Ergebnisse liefern damit wichtige und bisher fehlende Erkenntnisse zur gesellschaftlichen Bewertung, Anerkennung und Ökonomie eines Produktes, das bereits seit dem frühen Mittelalter eine besondere Rolle für die örtliche Bevölkerung und in der regionalen Entwicklung eingenommen hat und einnimmt. Die Studie trägt dazu bei, das bereits bestehende Wissen zur Entwicklung des Brauereiwesens in Stadt und Landkreis Bamberg mit aktuellen Daten aus einer kulturgeographischen Perspektive zu ergänzen.

Die Studienergebnisse im Detail stellten Tina Höller, Dennis Flach, David Konietzny und Lorenz Lütke, Studierende aus dem Masterstudiengang Sozial- und Bevölkerungsgeographie, vor.

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v. l. n. r. : Prof. Dr. Marc Redepenning, Tina Höller, Sebastian Scholl, Landrat Johann Kalb, Lorenz Lütke, Dennis Flach, David Konietzny (Quelle: Rudolf Mader).

Brauereien als Familienbetriebe

Die Untersuchung setzt sich aus zwei inhaltlichen Schwerpunkten zusammen: Erstens wurde die soziokulturelle Dimension des regionalen Bieres aus Sicht der Konsumenten und die ortsbezogene Bedeutung der Bierkeller in den Sommermonaten erforscht. Die Befragungen mit über 700 Teilnehmern fanden im Juni und Juli 2015 auf insgesamt 12 Bierkellern in Stadt (zwei Bierkeller) und Landkreis Bamberg (zehn Bierkeller) statt. Die räumliche Lage, die sich oftmals durch eine idyllische, landschaftlich reizvolle Umgebung mit kurzen Anfahrtswegen für lokale Bewohner auszeichnet, ist ein bedeutsames Erkennungsmerkmal und ein wichtiger Besuchsgrund. Zusammen mit einer gemütlichen Atmosphäre wird der Bierkeller für seine Nutzer zu einem besonderen Treffpunkt, der sozial integrativ ist und seinen Besuchern die Möglichkeit des Verzehrs oft lokaler und regionaler Produkte bietet. Die Besonderheiten der Bierkeller zeigen sich auch an den Einschätzungen der naherholungssuchenden Gäste, die sie als einen Bestandteil lokaler Identität und regionalspezifischer Lebensqualität bewerten. Die Mehrheit der Naherholer sucht Bierkeller mehrmals pro Monat auf.

Auf Seiten der Brauereien selbst sind insbesondere die lokalen Beschäftigungseffekte und die Familientradition der Betriebe hervorzuheben. Eine Entscheidung für die Ausübung des Brauerberufes, trotz erheblichen ökonomischen Drucks, wird größtenteils aufgrund der Leidenschaft für das Brauhandwerk und aus Familientradition getroffen. Teils auftretende Probleme in der Rekrutierung von geeignetem Personal werden häufig über die Mitarbeit von Familienmitgliedern kompensiert. Die Betriebe beschäftigen in Stadt und Landkreis nicht nur über 1.000 Menschen, sondern sie zeichnen sich als ausgesprochen wohnortnahe Arbeitgeber aus. Zudem hat knapp die Hälfte der befragten Unternehmen bereits über die Nachfolge entschieden und diese auch geregelt. Einen wichtigen Beitrag zum Bestehen der Kleinteiligkeit leistet die Vernetzung der Brauereien untereinander. Dabei ermöglichen Organisationen gezielte Hilfestellungen, etwa im Bereich des fachlichen Austauschs oder bei der überregionalen Vermarktung und der Repräsentation der oberfränkischen Brauereien nach außen.

Zusammenspiels von Konsumenten, Produzenten und Organisationen

Insgesamt gibt das Projekt Einsichten in die kulturelle Bedeutsamkeit des Bieres sowie soziale und ökonomische Aspekte des Brauereiwesens in Stadt und Landkreis Bamberg. Es wird deutlich, dass die ausgeprägte und charakterisierende Kleinteiligkeit der Brauereien, die mehrheitlich einen Ausstoß von weniger als 3.000 hl aufweisen und im Durchschnitt 17 Mitarbeiter beschäftigen, ein Ergebnis des gegenseitigen Zusammenspiels von Konsumenten, Produzenten und Organisationen ist. Bei einem abschließenden gemütlichen Ausklang wurden die Studienergebnisse im Detail diskutiert.

Die Studie steht hier [8] zum Download bereit. Unterstützt wurde die Erstellung der Studie vom Bierland Oberfranken, dem Verband der Privaten Brauereien in Bayern und dem Universitätsbund Bamberg.

Landratsamt Bamberg