MIT GROSSER BILDERGALERIE!
Montag bis Samstag, eine Arbeitswoche lang jeden Tag ein Ausflug nach Kemmern, um die Fortschritte und Entwicklung der neuen Orgel zu dokumentieren, das heißt für mich jeden Tag kleinste spannende Details entdecken und großartige neue Erkenntnisse sammeln, jeden Tag von den insgesamt drei Mitarbeitern der Orgelbaufirma Seifert etwas Neues über die Orgel, ihre Funktionsweise und Bauteile erfahren. Auf unserer Facebookseite konnten Sie bereits jeden Tag live mitverfolgen, wie rasant die Orgel wächst – im Großen wie im Kleinen. Nach einer Woche gibt es nun eine kleine Rückschau, was sich bislang alles getan hat und eine umfassende Bildergalerie.
Montag
Eigentlich sollte es am Montag, 4. August, bereits um 8.00 Uhr losgehen. Der Transporter stand auch schon vor der Kirche, leider gab es ein kleines Problem – die Heckklappe ging nicht mehr auf. Nach der Reparatur in Bamberg und einer kurzen Besprechung zu den Örtlichkeiten und der Lagerung konnten dann aber auch schon die ersten massiven Teile der Orgel in die Kirche getragen – oder besser gesagt – geschleppt werden. Das wäre nicht ohne die spontane Hilfe von Kemmernern gegangen. Der „Hilferuf“ des Pfarrers nach starken Männern, den zweiter Bürgermeister Hans-Dieter Ruß an die Sportler, die gerade noch das Weinfest abbauten, weitergab, stieß auf offene Ohren und die „Alten Herren“ des Sportclubs standen sofort zur Verfügung.
Bei dieser wertvollen und gewichtigen Ware, kamen die Herren ganz schön ins Schwitzen.
Gewichtig ist die Orgel auch noch in Einzelteilen, die in der Werkstatt in Kevelaer vormontiert wurden.
Der Innenraum der Kirche dient als Lagerraum, was entsprechend chaotisch anmutet, aber bereits am Abend war alles sorgfältig gelagert und teilweise schon verbaut.
Dienstag
Erstaunen und Bewunderung für diesen traumhaften Anblick: Auch ohne Pfeifen ist der überhängende Korpus auf der durch die neuen Handläufe filigraner wirkenden Brüstung bereits ein erhebender Anblick.
Aus dem Altarraum fügt sich das helle Eichenholz der Prospektpfeiler dezent in die weiße Empore, die auch wieder die Bilder der 14 Heiligen beherbergt. Dazu kontrastieren die schwarzen Prospektraster, in die ab nächster Woche die Prospektpfeifen eingesetzt werden. Ein optisches Element sind die edlen goldenen Blenden (Schleierbretter), sie sollen die Zinnpfeifen ein bisschen „verschleiern“.
Die Pracht der künftigen Orgel lässt sich schon am zweiten Tag erahnen. Im Inneren werkeln auf zwei Ebenen die drei Mitarbeiter der Firma Seifert mit viel Liebe zum Detail. In der unteren Ebene werden bereits mit dünnen Holzleistchen (Abstrakte) die Wellen mit den Tonventilen verbunden. Das ist nur etwas für Geduldige. Eine Etage darüber werden noch Deckenteile und Schildwände in den Korpus der Orgel eingezogen.
Mittwoch
Der Blick aus dem Altarraum auf die Orgel zeigt wenig Veränderungen, doch auf der Empore angekommen, fällt das Manual direkt ins Auge – die Schaltzentrale des Organisten:
Vorrichtung für die Fußpedale (unten), Manual (oben); in der Mitte erkennt man die Verbindungen der Pedale zu den Wellen,
die über dem Manual sichtbar sind. Die eckigen Aussparungen an den Seiten sind für die Registerzüge.
Doch auch die hintere Windlade steht nun vor den zwei großen Blasebälgen. Ein kleines Kästchen erregt die Aufmerksamkeit von Pfarrer Tempel, das hatte die alte Orgel auch, aber wozu ist es da? Wie Anton Laurado erklärt, ist das nicht die Blackbox der Orgel, sondern ein Tremulant. Dieser sorgt später für das passende Vibrato, um beispielsweise die Hauptstimme gegenüber den Begleitstimmen hervorzuheben. Auch die Unterteile des Prospektes, die über die Empore hinaus hängen, haben inzwischen einen Deckel (Prospektstock) bekommen, damit die Pfeifen direkt eingepasst werden können.
Donnerstag
Am Donnerstag standen Arbeiten an der Traktur auf dem Arbeitsplan. Sebastian Kurig verbindet die Schleifen (in schwarz) mit den Registerzügen, damit kann der Organist später alle Register ziehen und für einen vollen Klang sorgen. Die dunkle Farbe hat in diesem Fall keine optischen Gründe. Die beweglichen Lochleisten, die durch einen Zug am passenden Register über die Windlade schleifen und entsprechend Wind in die Pfeifen leiten, sind mit Graphit überzogen, damit sie besser über das Holz und über die abdichtenden Schaumstoffringe um die Löcher schleifen können. Die Technik war bereits den alten Ägyptern bekannt.
Für die tieferen Lagen wird später auch das Fagottregister sorgen. Die Stiefel, in die die Pfeifen später kommen, stehen heute bereits auf der hinteren Windlade. Das interessante ist, dass bei sogenannten Zungenpfeifen die Tonerzeugung funktioniert, wie bei einer Klarinette, in dem eine feine Zunge zum schwingen gebracht wird. Bei den Labialpfeifen, die vor allem im Prospekt stehen werden, wird der Wind auf eine Kante geblasen, um einen Ton zu erzeugen, wie bei einer Blockflöte, wie Sebastian Kurig ausführt.
Freitag
Während Anton Laurado weiterhin an den Abstrakten und der Verbindung und Koppelung der Registerzüge mit den Schleifen und dem Manual arbeitet, kriecht Sebastian Kurig zwischen den beiden großen Blasebälgen herum, um den Motor, die Windkanäle und die Bälge zu verbinden. Eine knifflige Rollen-Fadenkonstruktion, die Winddrossel, ermöglicht einen ständig gleichbleibenden Winddruck in der Orgel, was für einen lebendigen und gleichmäßigen Klang sorgen wird. Hier hat auch der Tremulant seinen Arbeitsplatz. Durch Schläuche und Schnüre wird alles miteinander verbunden.
Für den Fall, dass der Winddruck mal plötzlich abfallen sollte, weil der Organist für sein Spiel plötzlich viel Wind braucht, gibt es an verschiedenen Stellen der Orgel kleine sogenannte Stoßbälge, die kurzzeitig den Druckverlust ausgleichen und so für einen stabilen Klang sorgen sollen.
Samstag
Die Winddrossel ist vollständig montiert, Anton Laurado feilt noch immer an den Registerzügen und Sebastian Kurig dichtet noch einen Windkanal in einem Blasebalg ab. Im Gespräch zeigt sich, dass ich eine entscheidende Baumaßnahme bislang nicht entdeckt hatte: die Kondukten unter der hinteren Windlade wurden bereits Tage vorher verlegt. Diese Windverfügung braucht man, wenn die Pfeifen nicht direkt auf der Windlade stehen, um die Luft bis zu den Pfeifen zu leiten.
Für die Prospektpfeifen gibt es für jede ein maßgeschneidertes Kondukt, mit fast bizarren Formen und Knicken.
In der kommenden Woche werden die Pfeifen geliefert, eingebaut und anschließend intoniert.
Eine Woche – sechs Arbeitstage und in Kemmern lässt sich inzwischen nicht nur erahnen, das das, was gerade entsteht, eine wirklich schöne Orgel werden wird.
Text und Fotos: Lena Thiem. Fotos vom Ausladen am Montag: Pfarrer Valentin Tempel
Viele Fotos vom Einbau der neuen Kemmerner Orgel finden Sie in unserer Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der linken Ecke oben wählen).