Das Plus des Glaubens auch unter negativen Vorzeichen leben

Mit einem Gottesdienst gedachte die Pfarrgemeinde Ebing der kirchlichen Anerkennung ihrer Pfarrei vor 150 Jahren. Nachdem die staatliche Genehmigung zur Errichtung einer eigenen Pfarrei bereits zum 31. Januar 1871 erfolgte, stimmte am 22. Februar 1871 auch das Bistum Bamberg dieser Gründung zu. Diakon Dr. Ulrich Ortner – der selbst 14 Jahre lang Seelsorger in Ebing war – beging mit der Gemeinde am Vorabend des Gründungstages diesen Jubiläumstag.

Bei vielen der Anwesenden wurden Erinnerungen wach an das gemeinsam gestaltete und mit Erzbischof Karl Braun begangene 125-jährige Pfarrjubiläum. In seiner Predigt beleuchtete Dr. Ortner den zeitgeschichtlichen Kontext der Pfarreigründung. In zeitlicher Nähe dazu standen das unterbrochene erste vatikanische Konzil und die Auflösung des Kirchenstaates, in Deutschland die Entstehung des deutschen Kaiserreiches und der damit einhergehende Kulturkampf zwischen Staat und katholischer Kirche. Für viele Katholiken stellten diese zwei Ereignisse Wegmarken dar, die sie verunsicherten und zu einer eher düsteren und negativen Grundstimmung beitrugen.

Doch gerade in solchen herausfordernden Zeiten kann die christliche Botschaft an Strahlkraft gewinnen. Offenbar sahen das auch die damaligen Abicher so, die sich durch die Gründung einer eigenen Pfarrei eine Bereicherung für ihr eigenes Leben versprachen. Diakon Dr. Ortner wies auf viele positive Impulse hin, die durch die Pfarreigründung angestoßen wurden. Der eigene Pfarrer, der im Glauben und Leben begleitete und unterstützte, stärkte den Zusammenhalt und die Identität der Ebinger.

Gutes und bereicherndes Miteinander

Der Gründungsgeneration gab der Glaube Kraft und Mut, das Leben zu meistern und die Zukunft voll Gottvertrauen anzupacken. Hilfreich wurde der Glaube auch den Kriegsgenerationen des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Ihnen half der Glaube, mit Leid, Krankheit, Entbehrung, Verlust und Tod umzugehen. Der Zustrom vieler Flüchtlinge veränderte auch das Erscheinungsbild von Ebing. Erst langsam wurde aus den als „Störenfriede“ und „Schmarotzern“ empfundenen Neubürgern akzeptierte und geschätzte Nachbarn. Sicher spielte die Pfarrei bei diesem Zusammenfinden eine positive Rolle. So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein gutes und bereicherndes Miteinander.

Diakon Dr. Ulrich Ortner

Eigens erinnerte der Geistliche an das lange und segensreiche Wirken der Englischen Fräulein in Ebing.
In seine eigene Zeit in Ebing ab dem Jahr 1993 fiel der Lernprozess, künftig keinen eigenen Pfarrer mehr für sich zu haben. Das – so der Prediger – hätten sich unsere Vorfahren wohl nicht einmal in Alpträumen so vorgestellt.

Dr. Ortner beließ es aber nicht bei einer Rückschau auf Vergangenes, sondern lud ein, aus der Geschichte zu lernen. Welche Antworten geben wir aus dem Glauben in den Herausforderungen der heutigen Zeit? In Zeiten der Pandemie und der immer größer werdenden Seelsorgebereiche? Eine Pfarrei könne dann hilfreich sein, wenn wir sie lebendig gestalten. Wenn sie ein Ort wird, der die Zusammengehörigkeit fördert und Menschen zu einer solidarischen Gemeinschaft zusammenschweißt. Eigentlich sei es Gott selbst, der zum großen Plus in unserem Leben werden kann, wenn wir ihm erlauben, eine Rolle in unserem Leben zu spielen. Dabei wird der Glaube nicht automatisch zu einem Plus im Leben und als bereichernd erfahren werden, sondern erst dann, wenn Menschen sich von christlichen Grundhaltungen wie Rücksichtnahme, Verständnis, Solidarität, Ermutigung und Vergebungsbereitschaft prägen lassen. Ein Gewinn für alle Menschen vor Ort wird er, wenn es der Kirchengemeinde gelingt ihr christliches Menschenbild und das daraus resultierende Engagement in die Gesamtgesellschaft einzubringen.

Zum Schluss ermutigte der Diakon, ein neues Kapitel in der Geschichte der Pfarrei Ebing zu schreiben, indem wir mit Gott an der Seite selbst für andere da sind.

Wolfgang Merzbacher

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