Großes Interesse an der Kemmerner Mohnbiene

Im Titelbild: Ein Mohnbiene in Kemmern beim Nestbau. Die Sandkörner werden weggetragen, der Rand des Nestes mit Blütenblättern der Mohnbiene ausgekleidet. Dann kommen Pollen und Nektar und ein Ei in die Brutröhre und am Schluss wird alles so verschlossen, dass von dem Nest nichts mehr zu sehen ist. Im nächsten Jahr macht sich dann eine neue Generation Mohnbienen an die Arbeit. Foto: Thomas Ochs.

Aus Kemmern, Bamberg und sogar aus Freising nahmen fast 50 Interessierte am Mohnbienen-Spaziergang (23.06.24) des Wander- und Heimatvereins Kemmern 1975 e. V. im Rahmen der BayernTour Natur teil. Das Wetter war perfekt und so ging die Gruppe am Fuße des Hochwasserdamms entlang auf Entdeckungssuche.

Nicht lange und an einer blau blühenden Wegwarte war die erste Wildbiene gefunden. Eine aus Freising angereiste Teilnehmerin outete sich als Wildbienenexpertin und identifizierte die Wildbiene als Furchenbiene. Anne Schmitt, welche die Exkursion leitete, führte dann zum erst vor kurzem naturnah umgestalteten Mainufer. An der lehmigen Abbruchkante waren bei genauem Hinschauen die Einfluglöcher einer bodennistenden Wildbienenart zu sehen.

Unglaubliche Vielfalt

In Bayern sind weit über 500 Wildbienenarten heimisch und die Vielfalt ist unglaublich. Manche Arten sind nur ein paar Millimeter groß. Andere, wie die blau schillernde Holzbiene sind echte Brummer. Manche legen ihr Ei in Holz oder Pflanzenstängel oder sogar in Schneckenhäuser. Einige Wildbienen sind auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. So ist eine Landschaft, in der viele verschiedene Wildblumen blühen dürfen, eine wichtige Voraussetzung für die Artenvielfalt z.B. auch bei Schmetterlingen. Ein großer Teil der Wildbienenarten gräbt für ihre Nachkommen Löcher in die Erde. So auch die Mohnbiene, das eigentliche Ziel der Exkursion.

Die Mohnbiene

Eine Mohnbiene zu sehen ist gar nicht so einfach. Denn sie verbringt nur einen kurzen Teil ihres Lebens als Insekt über der Erde. In unbefestigte Sandwege gräbt sie Körnchen für Körnchen ein Loch und kleidet es mit Blütenblättern von Mohnblüten aus. Der Aufmerksamkeit von Martin Wölker aus Kemmern ist es zu verdanken, dass 2005 seine Beobachtung eines mit roten Blüten ausgekleideten kleinen Loches im Boden zu einer Sensation führte: es konnten damals über 500 Nester gezählt werden. Eines der mit Abstand größten nachgewiesenen Brutvorkommen. Bei einer Folge-Kartierung 2023 waren es sogar über 600 Nester. Sophia Hochrein, welche die Kartierung 2023 für den Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bamberg durchführte, ist begeistert: „Es sind die unbefestigten, aber genutzten Sandwege zusammen mit den Mohn- und Kornblumen in der Kemmerner Flur, welche die Mohnbiene zum Überleben braucht.“ In diesem Jahr ist die Zählung gerade in vollem Gang. An einem einzigen Tag haben Studierende der Universität Bamberg unter der Leitung von Dr. Yelva Larsen, Maurice Kalweit und Sophia Hochrein (Uni Bamberg, Didaktik der Naturwissenschaften) über 350 Nester gezählt. Das ist ein klarer Tagesrekord und deutet darauf hin, dass die Mohnbienenpopulation weiterhin wächst.

Auf solchen ungeschotterten Sandwegen lassen sich in in Kemmern die Nester der Mohnbiene finden. Foto: Thomas Ochs

Die Exkursion

So standen bald Gruppen von Menschen um kleine Löcher im Boden und staunten. Spannend war, dass einige Nester statt mit roten Mohnblüten mit gelben Blütenblättern, vermutlich Johanniskraut, ausgekleidet waren. Martin Wölker erzählte vor Ort noch einiges zum Leben der Mohnbiene. Einen guten Überblick gibt eine beim Landschaftspflegeverband Bamberg erhältliche Broschüre.

Im Anschluss gab es an der Wanderhalle Kaffee und Kuchen und viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzen die Möglichkeit, sich mit den anderen auszutauschen. Eine Frage war auch, welche Funktion die Mohnbiene für die Natur und den Menschen hat. Viele Wildbienenarten übernehmen beispielsweise die Bestäubung von Nutzpflanzen. Bei Erdbeeren weiß man, dass dann die Erträge höher sind und die Früchte eine bessere Qualität haben. Die Mohnbiene bestäubt zwar keine Tomaten oder Erdbeeren, aber sie fliegt viele verschiedene Wildpflanzen an und trägt so zu der beeindruckenden Blütenvielfalt und einem stabilen Ökosystem in Kemmern bei. Und für uns Menschen ist sie eine wichtige Art, weil sie mit ihrer unverkennbaren Lebensweise neugierig auf die Welt der Wildbienen macht. Sie zeigt eindrucksvoll, dass ungeschotterte Wege, blühende Wegränder und Hochwasserdämme als Naturschatz gesehen werden müssen, den es zu bewahren gilt.

Dr. Anne Schmitt

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