Waren Sie mal Messdiener? – Ja. – Okay, Sie haben den Job!

Da kommt ein junger Journalist nach Rom, eigentlich, um Italienisch zu lernen. Bislang hatte er eher über Sport geschrieben – und nur kurz darauf ist er mittendrin im Vatikan und wird zu einem der wichtigsten Korrespondenten, die über den Papst berichten. Und das alles nach der Frage: „Waren Sie mal Messdiener? – Ja. – Okay, Sie haben den Job!“ Über Andreas Englisch und seinen Vortrag in Baunach …

Es sind vor allem die Anekdoten aus fast 30 Jahren Arbeit in Rom, die Andreas Englisch dem Publikum im Baunacher Bürgerhaus Lechner Bräu mitgebracht hat. Natürlich könnte Englisch einfach aus einem seiner Bücher, etwa aus dem aktuellen Werk „Der Kämpfer im Vatikan – Papst Franziskus und sein mutiger Weg“ vorlesen, schließlich wurde er im Rahmen des Bamberger Literaturfestivals eingeladen. Aber gerade das macht er nicht. Vielmehr gibt er Geschichten zum Besten, die sich seit 1987, als er nach Rom kam, zugetragen haben. Mit dabei sind ernste Themen, aber auch belustigende Geschichten, die zeigen, dass selbst Päpste eigentlich ganz normale Menschen sind.

„Hätte ich doch gewusst, dass die untereinander reden“, sagt Englisch und erzählt eine Geschichte, die in bis heute verfolgt. Da musste er in Rio de Janeiro an der Copacabana auf die Abholung warten und sollte gleich wieder in die Papstmaschine steigen. Es bleib aber etwas Zeit – und Englisch stürzte sich in die Fluten. Währenddessen stahl man ihm die am Stand abgelegte Kleidung, die Erkennungskarte fürs Flugzeug, einfach alles. Der Dieb aber kam wieder zurück, als er auf der Erkennungskarte die Worte „Päpstliche Delegation“ las, meinte: „Für den Diebstahl komme ich bestimmt in die Hölle“ und wollte von Englisch gesegnet werden. Das tat Englisch dann einfach mal. Die Geschichte erzählte er zehn Jahre später Papst Johannes Paul II. bei einem Abendessen – und Jahre später wurde er zunächst von Papst Benedikt XVI. und auch von Franziskus I. darauf angesprochen. So kann es eben gehen …

Bamlit Andreas Englisch Baunach 2016
Andreas Englisch auf der Bühne im Baunacher Bürgerhaus.

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Dienstpersonal? Brauche ich nicht!

Aber auch die heiklen Themen vermeidet Englisch nicht, etwa den Rücktritt von Papst Benedikt XVI., dem spätestens nach der Rehabilitation von Holocaustleugner Richard Williamson die Macht entglitten war. Hinzu kam die Affäre um die Vatikanbank. „Ratzinger wollte eigentlich gar nicht Papst werden“, sagt Englisch – und bei der Wahl eines neuen Papstes setzten sich schließlich die Reformer durch, die erkannt hatten, dass „der Laden gegen die Wand gefahren wurde“, wie es Englisch nennt. Und so wurde Jorge Mario Bergoglio zu Papst Franziskus I., und seitdem steht der Vatikan Kopf.

Englisch berichtet über die ersten Stunden und Tage nach der Wahl. Wie Bergoglio wenige Minuten nach dem Ende des Konklaves nicht mit der Dienstlimousine fährt, sondern mit dem Bus. Wie er sich weigert, in die große Wohnung im Apostolischen Palast einzuziehen und weiterhin im Gästehaus wohnt. Wie er auf seine Kammerdiener, seine Sekretäre, seinen Präfekten verzichtet. Wie er am Ostersonntag nicht die festlichen Papstgewänder anzieht, sondern in einer ganz gewöhnlichen Priesterrobe erscheint. Und wie er im Gästehaus ganz normal in der Mensa isst und sogar selbst eine Wäsche in der Wäscherei vorbeibringt. „Der Vatikan, den es einmal gab, gibt es nicht mehr!“

Kennengelernt hat Englisch den damaligen Erzbischof Bergoglio 1991 in Brasilien. Und schon damals sprach er darüber, dass sich in Rom etwas verändern müsse. Beispiel: Rund 25.000 Nonnen kümmern sich um die Haushalte der führenden Kirchenmänner. „Sind die nicht eigentlich Nonnen geworden, um Gottes Botschaft zu verkünden?“ Bergoglios Ansichten seien auch damals bereits teilweise auf Unverständnis gestoßen, etwa seine Art, die besten Priester in die Slums zu schicken und nicht in die Gemeinden in den Städten oder besseren Vierteln.

Am Ende des Vortrags in Baunach sind Fragen zugelassen. Englisch beantwortet sie bereitwillig. Man merkt ihm an, dass er zu einem Franziskus-Fan geworden ist, dass er überzeugt ist, dass dieser Papst die Kirche nachhaltig verändern wird. Dass Franziskus auch für eine weitere Annäherung von katholischen und evangelischen Christen steht. Und dass er die Religionen der Welt respektiert. „Gott steht über allen Religionen“, zitiert Englisch Papst Franziskus I.

 

Weitere Fotos vom Vortrag von Andreas Englisch in Baunach finden Sie in unserer Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der linken Ecke oben wählen).

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