Pferde, soziale Verantwortung und „Tag der offenen Tür“ Ende April mit dem „1. St.-Georgen-Ritt“

MIT GROSSER BILDERGALERIE!

Seit April 2010 gibt es den Verein „Pferdepartner Franken e.V.“ in Baunach. Im Mittelpunkt der Arbeit steht der partnerschaftliche Umgang zwischen Mensch und Tier. Über 200 Mitglieder sind davon mittlerweile überzeugt. An einem „Tag der offenen Tür“ am 29. April können sich Interessierte über die Vereinsarbeit informieren und zu Beginn mit ihren Haustieren eine Andacht mitfeiern. Nachrichten am Ort sprach mit Michaela Hohlstein über den Verein, die Pferde, das Konzept und das Projekt „Integra MENSCH“.

„Privat hatten wir schon immer Pferde und nach unserem Umzug nach Baunach wollten immer mehr Nachbarskinder auch bei uns reiten. An einen Verein hatten wir zuvor niemals gedacht“, erzählt Michaela Hohlstein. Damals war das heutige Reitstall-Gelände noch ein riesiger Schrottplatz, also waren Umbauarbeiten für Ställe und sämtliche Anlagen notwendig. „Wir haben uns damals auch im Stadtrat vorgestellt und sind auf die Nachbarn zugegangen.“

Als immer mehr Kinder aus der Nachbarschaft kamen, stellte sich schnell die Frage des Versicherungsschutzes. „Ein unterschriebener Zettel der Eltern genügt nun einmal nicht – und für Tiere kann man nicht die Hand ins Feuer legen.“ So kam die Idee einer Vereinsgründung auf, und Michaela Hohlstein und ihr Mann Erich suchten nach Menschen aus der Region, die sich mit Pferden auskennen.

Pferde haben ihren eigenen Kopf

Dass in Baunach ein neuer Wind weht, sprach sich schnell herum. „Wir halten die Pferde nicht in Boxen, sie laufen frei herum und wir haben eine ganz eigene Art, das Reiten zu unterrichten. Außerdem sind wir nicht die Hallen- und Dressurreiter, aber auch nicht die durch die Wälder jagenden Chaoten, sondern Freizeitreiter mit hohem Anspruch. Durch unsere Lebenseinstellung pflegen wir einen gewissen Umgang untereinander und zeigen das auch den Menschen um uns herum. Und das gefällt den Kindern und Eltern – wir drücken den Kindern nicht die Gerte in die Hand, sondern vermitteln, dass die Pferde ihren eigenen Kopf haben, frei sind und man lernen muss, damit umzugehen.“


Gruppenfoto beim Ausritt.

Und hier steckt die Besonderheit. Bei Pferdepartner Franken geht es nicht darum, Kinder zu Profireitern zu machen oder sie anzuleiten, wie Michaela Hohlstein es ausdrückt, „tolle Figürchen zu reiten“. Im Vordergrund stehen die Freude am Reiten und die Übernahme von Verantwortung. Außerdem unterstützt der Verein bewusst Familien und ihre Kinder, die sich Reiten nicht leisten können oder die körperlichen und seelischen Voraussetzungen nicht mitbringen. Sie lernen, wie Pferde „funktionieren“ und mit welcher Kommunikation zum Tier sie erfolgreich sein können.

Dazu gehört auch der Umgang mit „schwierigen“ Pferden. „Wir haben durch die Bank Problempferde, die wo anders durchgefallen sind. Wir geben ihnen die Chance, sich normal verhalten zu dürfen und schenken ihnen Vertrauen. Natürlich sind sie mal frech und haben ihren eigenen Charakter, dies dürfen sie aber auch. Es gibt für uns keine Problempferde, sondern nur Problemreiter – Menschen gehen häufig nicht angstfrei auf die Pferde zu und handeln für das Tier unverständlich. So entsteht ein Kommunikationsproblem.“ Und Michaela Hohlstein fügt stirnrunzelnd hinzu: „Die professionelle Reiterszene ist eines der brutalsten Geschäfte, Pferden wird ihr Charakter abtrainiert und sie werden als Material gesehen – was immer zu Lasten der Tiere geht.“

Eine der wenigen Ausbildungsstätten für Übungsleiter in Bayern

Wichtig ist dem Verein auch, dass alle Reiter lernen, Verantwortung zu übernehmen – für die Tiere und die Natur. „Reiter machen die Natur kaputt, wenn sie die falschen Wege zur falschen Zeit gehen“, sagt Michaela Hohlstein. Zur Verantwortung gehört auch, dass der Reitunterricht nicht etwa aus Wettergründen ausfällt. „Wir haben es nicht mit Fahrrädern zu tun, Pferde wollen immer ihre Bewegung – man muss den Unterricht nur an die Bedingungen anpassen. Daher gibt es bei uns auch keine Feiertage.“

Mittlerweile ist auch der Verband der Freizeitreiter Deutschland auf „Pferdepartner Franken“ aufmerksam geworden, die Prüfer lobten die Baunacher Arbeit. In Bayern gibt es nur eine einstellige Zahl an Ausbildungsstätten, die bis zum Übungsleiter ausbilden können – der Verein gehört seit April 2011 dazu.


Im Verein gibt es immer was zu tun.

„Integra MENSCH“ ein voller Erfolg

Ebenfalls im April 2011 startete das Projekt „Integra MENSCH“ und Michaela Hohlstein informiert die Baunacher regelmäßig über das Mitteilungsblatt und die Internetseite des Vereins über die Aktivitäten. Zum Start liest sich das so: Seit Montag, 18. April, ist Tobias bei uns im Praktikum. Herr Schmidt, sein Betreuer und wir starten die Möglichkeit, Tobias, der das Down Syndrom hat, in alltägliche Stallaufgaben einzuarbeiten. Im bestmöglichsten Fall erlernt er diese und kann, nach einer nicht festzusetzenden Zeit, selbständig zu seinem Arbeitsplatz kommen und ihm erlernte Aufgaben übernehmen. Unsere soziale Verantwortung als gemeinnütziger Verein stellen wir hier gerne unter Beweis. In Zusammenarbeit mit den großen Reitermädchen, unserer hilfsbereiten Nachbarin Silvia und den Mitgliedern des Vereins werden alle uns zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen, Tobias einen wertschöpfenden und ihn ausfüllenden Arbeitsplatz zu ermöglichen.

Aus dem Praktikum ist mittlerweile eine Festanstellung geworden und Tobias lernt selbst reiten. „Mit Tobias haben wir einen tollen Griff gemacht“, freut sich Michaela Hohlstein. „Er kommt selbst zur Arbeit und war noch nie krank. Dafür erhält er von uns viel Wertschätzung und kümmert sich um die Grundaufgaben, die in einem Reitstall anfallen.“

So lesen sich die Erfahrungsberichte immer positiver. Unser lieber Tobias hat eine große Hürde überschritten. Am Donnerstag ist er bei dem Gedanken, ein Führpferd zu nehmen, noch in Tränen ausgebrochen und hat nach seinem Betreuer gefragt. Es war eine extreme Situation, ihn da beruhigend zu Hause zu lassen. Diese Reaktion war tief und unerwartet. Am Freitag allerdings kam ich in den Stall und wer hüpfte mir glückselig in die Arme? Ein freudestrahlender stolzer Tobias, der eigenhändig unsere Püppi mit einem Kind eine Runde mit geführt hat. Und es hat alles soooo prima geklappt! Wir lagen uns natürlich alle in den Armen und haben uns irre gefreut. Wieder eine Etappe geschafft. Klar gibt es immer wieder Rückschläge und verschiedene Aufgaben, die mal mehr oder weniger gut gehen. Doch wir erwarten auch einiges von ihm, gerade Sachen, mit denen er sich nicht so gut anfreunden kann sind die Herausforderung, Schritt für Schritt diesen Weg zu beschreiten. Als unser Schützling muss er das nicht zwingend, doch wir sehen auch, dass er mit viel Unterstützung zu diesen Dingen fähig ist und daran wachsen kann. Die Gradwanderung wann es mal zu viel oder zu wenig ist, zeigt er uns zum Glück durch sein grundehrliches und offenes Wesen. (November 2011)

Herzliche Einladung zum „Tag der offenen Tür“

Am Samstag, 29. April 2012, lädt „Pferdepartner Franken“ zum „Tag der offenen Tür“ und zum „St.-Georgen-Ritt“ ein. Los geht es mit einer Wallfahrt zum „Glorreichen Kreuz“ am Kutscherweg mit Andacht, Segnung und Musik. Aufstellung ist ab 9.30 Uhr am Vereinsgelände gegenüber Örtleinsweg 39 in Baunach. Um 10.00 Uhr beginnt dann der „St.-Georgen-Ritt“. Reiter müssen sich anmelden. Im Anschluss startet am Vereinsgelände der Frühschoppen mit umfangreichem Rahmenprogramm mit Musik, Speisen, Kuchen- und Tortenbuffet. Vorführungen für Groß und Klein, Ponyführen für Kinder und eine Tombola runden das Programm ab. Mehr Informationen finden Sie auch auf www.pferdepartner-franken.de.

Michaela Hohlstein sprach mit Nachrichten am Ort über den Verein und seine Arbeit.

Johannes Michel. Fotos: Pferdepartner Franken

 

Viele Eindrücke vom Vereinsleben und den Pferden bekommen Sie auch in unserer Bildergalerie (zum Öffnen der Galerie einfach auf ein beliebiges Foto klicken, zum Beenden der Anzeige genügt ein Klick auf das geöffnete Bild)…

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