Bamberg und sein Landkreis sind keine Insel der Glückseligkeit. Ohne Frage sind die Drogenprobleme in Großstädten andere, in den vergangenen Jahren hat Bamberg aber „aufgeholt“. In Kemmern berichtete der Sucht- und Drogenpräventionsbeamte Jürgen Groß von der Polizei Bamberg über seine Arbeit und erklärte, wo er den wichtigsten Ansatzpunkt sieht, um Jugendliche zu schützen.
Sie heißen nicht mehr nur Cannabis, LSD, Heroin und Kokain. In der Statistik nehmen diese Drogen, seit vielen Jahren bekannt, nur noch einen verschwindend geringen Platz ein. In Mode gekommen ist Crystal Meth, das besonders in Diskotheken beliebt ist und seit 2006 die Bamberger Drogenfahnder beschäftigt. „Feiern, sich stark fühlen, anders empfinden“, beschreibt Jürgen Groß die Wirkung. Aber: Crystal mache sehr schnell abhängig, die Rückfallquote sei hoch.
Jürgen Groß gab Tipps, erzählte von seiner Arbeit und hatte eindringliche Appelle parat.
Groß erzählt von seiner Tätigkeit. Im Gegensatz zu klassischer Polizeiarbeit wie nach Einbrüchen oder Diebstählen müsse die Polizei hier selbst aktiv werden, denn „es melden sich keine Opfer“. Ziel sei daher, nicht die Konsumenten zu verfolgen, sondern die Dealer. Und das beginne schon an den Schulen. „Keine Schule ist mehr drogenfrei“, zeichnet Groß ein dunkles Bild. In vielen Bereichen sei die Dunkelziffer sehr hoch. „Wenn jemand nach dem Drogenkonsum, etwa bei Bewusstlosigkeit, ins Krankenhaus kommt, erfährt die Polizei und damit auch die Öffentlichkeit davon nichts.“ Daher sollten an den Schulen vermehrt Präventionsveranstaltungen stattfinden, noch immer seien es zu wenige. Wichtig: Den Jugendlichen vermitteln, dass das Jugendschutzgesetz nicht dazu da ist, etwas zu verbieten, sondern um sie zu schützen. Denn gerade im jugendlichen Alter, wo sich auch das Gehirn noch in der Entwicklung befindet, seien Drogen pures Gift.
Eltern in der Verantwortung
Klar macht Jürgen Groß aber auch: „Elternrecht geht über das Jugendschutzgesetz.“ Wenn Eltern etwa ihren 14-jährigen Sohn in einen nicht jugendfreien Film ins Kino mitnehmen wollen, sei dies möglich – auch wenn viele Kinomitarbeiter der Meinung seien, das gehe nicht. Die Eltern nehmen also eine starke Position ein, und sollten daher rechtzeitig mit ihren Kindern über Drogen sprechen. Groß hat auch ein Beispiel parat: „Wie das Internet vergisst auch das Gehirn nichts. Einmal abhängig bedeutet: immer abhängig. Bedenken sollte man immer: Kinder geben zunächst kein Feedback. Erst Jahre später merkt man, ob die Botschaft angekommen ist – zum Beispiel, wenn die dann erwachsenen Kinder die Aufklärung lobend erwähnen.“
Etwa 40 Zuhörer waren ins Pfarrheim gekommen.
Gerade das Internet ist eine Gefahr, lassen sich doch dort auf seriös gestalteten Internetseiten etwa pflanzliche Drogen bestellen. Im Hintergrund stünden Menschen, denen es schlicht ums Geld geht. „Sie verkaufen Stoffe, um Kohle zu machen. Jugendliche werden dabei zu Versuchskaninchen.“ Das gelte, neben den pflanzlichen Drogen, vor allem für synthetische Produkte, GHB (K.O.-Tropfen) und Spice (Kräutermischungen). Die Politik und damit auch die Polizei sei, so Groß, immer einen Schritt hinterher. Denn kaum sei eine chemische Zusammensetzung verboten, erlaubten minimale Änderungen an der Formel bereits die Umgehung der Verbote.
Auch zum Thema einer möglichen Cannabis-Legalisierung äußert sich Groß: Allein schon die Gefahr von Psychosen und Flashbacks, woraus sich etwa im Straßenverkehr deutlich erhöhte Gefahren ergeben können, schließe eine Legalisierung aus. „Das rote Licht wackelt“ – so beschrieb dem Polizisten eine Marihuana-Konsumentin, nachdem sie schon eine ganze Zeit „clean“ war, das Licht der Ampel, wenn sie im Auto sitze. „Was, wenn ihr ein schlingernder Radfahrer entgehen kommt?“
Am Ende seines etwa anderthalbstündigen Vortrags im Kemmerner Pfarrheim steht Groß noch für Fragen zur Verfügung. Und eine Klage will er unbedingt auch loswerden: „In Bamberg macht jeder für sich ein bisschen etwas, es fehlt die Vernetzung.“ Und die wäre wichtig, um für die Zukunft gewappnet zu sein, Jugendliche vermehrt zu beraten, Präventionsveranstaltungen anzubieten und, nicht zuletzt, Drogenabhängige auf ihrem Weg weg von den Drogen zu begleiten und sie nicht alleine zu lassen.
Vielen Dank für den Artikel und Danke an alle, die sich über dieses wichtige Thema haben informieren lassen. Ergänzend möchte ich erwähnen, dass der KDFB Kemmern die Initiative zu dieser Veranstaltung ergriffen hat und Gemeinde und Schule angesprochen wurden, damit es zu einer Kooperationsveranstaltung wurde.
Monika Engelmann
Das war eine sehr gelungene Veranstaltung, die mehr Besucher verdient hätte.
Schade, daß nicht mehr Eltern teilgenommen haben.
Aber ein sehr guter Ansatz vom Frauenbund, der von der Schule und dem Jugendbeauftragten unterstützt wurde. Mehr davon für unsere Kinder in Kemmern.
Vielen Dank.
Ich finde es sehr gut das über die Gefahren der sogenannten Kräutermischungen aufgeklärt wurde, das sind reine Chemiebomben die damit werben wie illegale Drogen wirken zu können, es aber dann meist nur im ansatz tun und um ein vielfaches schädlicher sind, hier sollte der Staat endlich was sinnvolles unternehmen.
ABER: Cannabis wegen der Flashbackgefahr, die nichtmals wissenschaftlich erwiesen ist und nichtmal einen logische Ursache hat, zu verteufeln und zu sagen „das muss verboten bleiben“ ist meiner Ansicht nach großer quatsch! Ich denke sowieso das die Konsumenten einfach nur Kreislaufprobleme hatten und diese mit einem Negativen Cannabisrausch verwechseln und deshalb sich einbilden es rühre daher…
Eine Legalisierung würde unsere Jugend mehr schützen als es das Verbot je tun würde, wie die Überschrift schon sagt, man kommt da immer dran wenn man es wirklich will.
Und den Dealer interessiert nicht wie alt sein Kunde ist.
Legale Abgabestellen ab 21 würde den Zugang für Jugendliche blockieren oder zumindest stark erschweren, mit Regelungen wie beim Alkohol würde das alles mehr bringen als das Verbot es jetzt tut. Wer zuwiederhandelt und Jugendlichen etwas kauft (wie beim alkohol auch) soll bestraft werden.
Eine Verteufelung bringt garnichts, die Jugend muss wahrheitlich aufgeklärt werden über wirkung (positive sowie negative), nebenwirkung und risiken, denn wenn ein Jugendlicher einmal checkt „oh die haben mich belogen und das stimmt nicht was die gesagt haben“, dann wars das mit der glaubwürdigkeit, wenn das dann von einem Jugendlichen automatisch verallgemeinert und auf andere härtere drogen angewandt wird, wars das dann.
Deshalb: Wer für ein Verbot von Cannabis steht, steht auch, egal ob gewollt oder nicht, indirekt für einen unregulierten schwarzmarkt der jugendlichen den zugang zu (vorallem unreinen) Drogen erleichtert. Nur eine legalisierung kann den Schwarzmarkt austrocknen lassen und sonst nichts.
Ich respektiere die Bemühungen des Drogenpräventionsbeamter. Ich fürchte nur, dass die Perspektive von Jugendlichen, oder gar bereits Konsumierenden auf das Themenfeld eine deutlich andere ist. Die Schauermärchen vom sofortigem und sicherem sozialen Abstieg und totaler Abhängigkeit sind ja schon lange durch zahlreiche Beispiele von Prominenten, oder auch im Freundeskreis widerlegt, oder stark relativiert worden. Ich denke, dass ein Polizeibeamter die Prozesse, die bei Jugendlichen zu Drogenkonsum führen, emotional kaum nachvollziehen kann, geschweige denn, selber entsprechende Erfahrungen gemacht hat. In der Aufklärung würde ich mir mehr Wahrhaftigkeit und Erfahrungswissen, vielleicht auch durch „geläuterte“ Konsumenten wünschen, die einfach perspektivisch anders am Thema sind. Ansonsten würde ich auch den Beitrag von Thomas Gerhard vollständig unterstützen. Zu keiner Zeit und an keinem Ort der bekannten Welt hat die Prohibition positive Effekte auf irgendeinen Aspekt der Drogenproblematik gezeigt. Ich jedenfalls würde meine Kinder bei ernsthaften Drogenproblemen lieber in einer guten Therapie, als mit einer dauerhaft, durch Kriminalisierung zerstörten Biographie im Gefängnis sehen, wo Drogen ebenfalls allgegenwärtig sind.
Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Gibt es denn Statistiken, die einen geringeren Medikamentenmissbrauch mit Einbruchszahlen vergleichen kann? Ich denke die Gesellschaft wird mit dem Einbruchsschutz bei Fenster und Türen allein gelassen.