Ein Wagen mehr – und schon sähe es anders aus…

„Es steht alles voll.“ – „Schon oft ist unser Sohn gerade an Tagen zu spät zur Schule gekommen, wenn Schulaufgaben anstanden.“ – „Unser Kind ist das einzige in seiner Klasse aus Zapfendorf, und den Lehrern fällt es schwer zu glauben, dass immer der Zug am Zuspätkommen schuld sein soll.“ Das waren nur einige Stimmen, die am Zapfendorfer Bahnhof am frühen Morgen des 4. Februar 2013 einzufangen waren, kurz bevor der Stein des Anstoßes auf den Gleisen einfuhr.

Sogar der Landtagsabgeordnete Heinrich Rudrof hatte sich um 7 Uhr in Zapfendorf eingefunden, um zusammen mit Bürgermeister, Gemeinderäten und Eltern die Situation im „Schülerzug“ zu begutachten, der um 7.10 Uhr abfährt. Eigentlich, so könnte man meinen, ist die Ausgangslage gut. Um 6.13, 6.53, 7.10, 7.35 und 7.50 Uhr fahren frühmorgens Züge in Richtung Bamberg. Aufgrund der in der Stadt selbst zurückzulegenden Strecken zu den Schulen sind die Züge um 6.53 und 7.10 Uhr bei den Schülern allerdings die beliebtesten.

Als um Viertel nach sieben, mit fünf Minuten Verspätung, der Zug endlich kommt, wird schnell klar, wo das Problem liegt. Schon bei der Einfahrt in Zapfendorf ist kein Sitzplatz mehr zu ergattern (sehen wir einmal von den wenigen Plätzen in der 1. Klasse ab). Aus gerade einmal zwei Wägen besteht der „Franken-Thüringen-Express“ heute. Über drei Minuten stehen diese am Zapfendorfer Bahnhof – so lange dauert es, bis schließlich alle Schüler eingestiegen sind. Rudrof will das genauer wissen, und fährt eine Station bis Ebing mit, wo es noch enger wird. Die Kapazitätsgrenze ist erreicht.

Bahn: Volle Züge in Zapfendorf, Januar 2013
Bürgermeister, Gemeinderäte und Eltern begutachteten am 4. Februar die Situation.

Zu wenig Kapazität bestellt?

Dr. Christopher Rosenbusch, Gemeinderat und Vater schulpflichtiger Kinder, erzählt von einer Anfrage beim Landratsamt. Und Bürgermeister Josef Martin berichtet von Gesprächen mit einem Vertreter der Bahn. Wo genau das Problem liegt und wer daran Schuld hat, ist nicht klar, aber: Es existiert verstärkt seit der Fahrplanumstellung im Dezember 2012. Die DB Regio schiebt den Schwarzen Peter der Bayerischen Eisenbahngesellschaft zu – sie habe schlicht zu wenige Kapazitäten bestellt. Und die Eisenbahngesellschaft meint, die Bahn habe ohnehin nicht die nötigen Kapazitäten. Seit Dezember verschärft sich die Lage nun, und als an winterlichen Tagen mehrmals ein Wagen wegen technischer Probleme nicht zur Verfügung stand, war es noch schlimmer: Schüler blieben am Bahnhof zurück und mussten auf den nächsten Zug warten.

Bürgermeister Martin meint: „Abhilfe würde schon ein Wagen mehr im Zug um 7.10 Uhr schaffen, die Situation sähe gleich anders aus.“ Einig sind sich offizielle Vertreter und Eltern vor Ort auch, dass sich anhand der bestellten Fahrkarten eigentlich ein sehr genauer Bedarf ablesen lässt. Rudrof versprach, nach dem Ortstermin der Sache nachzugehen und selbst eine Anfrage zu starten. Denn schließlich beauftragt und finanziert die Bayerische Eisenbahngesellschaft, ein zu einhundert Prozent im Besitz des Freistaates Bayern befindliches Unternehmen, in diesem Fall DB Regio mit der Bereitstellung von Zügen.

Bahn: Volle Züge in Zapfendorf, Januar 2013
Dicht gedrängt: Über drei Minuten musste der Zug halten, bis sich alle Türen wieder schließen konnten.

Auch in die andere Richtung sieht es kaum anders aus

Allerdings betrifft dieses Problem nicht nur DB Regio. Auch in Lichtenfels kommen Schüler des Merianier-Gymnasiums verspätet an, die mit agilis aus Bad Staffelstein einfahren. Nachdem der Zug der Deutschen Bahn um 7.10 Uhr gestrichen wurde, bietet agilis die einzige Verbindung in dieser Zeit an (7.21 Uhr ab Bad Staffelstein) – und neben den Schülern fahren auch zahlreiche Pendler und manchmal Berufsschüler mit. Stefan Völker, Rektor des Meranier-Gymnasiums, blickt kritisch auf die Fahrplanumstellung. „Ein Zug ist weggefallen, agilis setzt scheinbar andere Zuggespanne ein als vorher. Zugleich hat sich die Kapazität verringert. Wir haben eine Situation, die gegenläufig zur der ist, die der Staat eigentlich will: Schüler müssen auf den nächsten Zug warten und erreichen oft nicht pünktlich den Unterricht – und die Eltern müssen teilweise einspringen, obwohl der Staat für die Beförderung zuständig ist und dafür auch zahlt.“

Johannes Michel

 

Linktipp: Über die technischen Probleme des Franken-Thüringen-Express berichtete auch schon der Bayerische Rundfunk (Text und Audio-Beitrag).

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