Äbtissin erhält Friedenspreis

Die Äbtissin M. Mechthild Thürmer, die Bewegung Seebrücke mit ihrer Kampagne „Sichere Häfen“ und der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies erhalten zu gleichen Teilen den Göttinger Friedenspreis 2021. Der Preis wird bereits zum 23. Mal vergeben und ist mit insgesamt 5.000 Euro dotiert. Das Preisgeld geht zu gleichen Teilen an Mechthild Thürmer und die Bewegung Seebrücke, da Thomas Spies als Amtsträger kein Preisgeld entgegennehmen darf.

Die Preisträger*innen werden ausgezeichnet für ihr Engagement für sichere Fluchtwege und eine gesicherte Aufnahme von Menschen, die versuchen, aus lebensbedrohlichen Gewaltsituationen (Kriege und Bürgerkriege, Vertreibung, Folter, Verfolgung aus politischen, ethnischen, religiösen und anderen Gründen, existentielle wirtschaftliche Not) über das Mittelmeer und andere Routen nach Deutschland und in andere europäische Staaten zu gelangen und dort Aufnahme und Schutz zu finden.

Äbtissin M. Mechthild Thürmer ist angeklagt vor dem Amtsgericht Bamberg, weil sie in mehreren Fällen Flüchtigen in ihrer Abtei illegal Kirchenasyl gewährt haben soll, beispielsweise im Jahr 2018 einer Eritreerin, die nach Italien abgeschoben werden sollte. Die Staatsanwaltschaft wirft Thürmer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt vor, das Amtsgericht droht der Äbtissin mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe. „Als Christin stehe ich in der Pflicht, Menschen in der Not beizustehen“, begründet Thürmer das von ihr gewährte Kirchenasyl. „Ich habe mir vorgestellt, dass Jesus das auch so gemacht hätte, um Menschen zu helfen, die Schutz suchen.“

Äbtissin Mechthild Thürmer. Foto: Marion Krüger-Hundrup

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Die Bewegung Seebrücke gründete sich Ende Juni 2018, als das Schiff „Lifeline“ mit 234 Menschen an Bord tagelang im Mittelmeer auf hoher See ausharren musste und in keinem europäischen Hafen anlegen konnte. Die Seebrücke mit ihren zahlreichen Lokalgruppen in deutschen, schweizer und österreichischen Städten engagiert sich gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung und dagegen, dass das „Sterben vieler tausender Menschen von Politiker*innen in Europa billigend in Kauf genommen wird“. Der Kampagne „Sichere Häfen“ der Seebrücke haben sich bislang 169 deutsche Städte angeschlossen und die Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge angeboten. In Göttingen führte die Lokalgruppe der Seebrücke einen entsprechenden Beschluss des Rates der Stadt herbei.

Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ist einer der ersten führenden Kommunalpolitiker*innen, der sich für die Ziele der Seebrücke und die Kampagne „Sichere Häfen“ engagierte, unter anderem mit zwei offenen Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer, in denen er im September 2018 die Abschottungspolitik der EU gegenüber Geflüchteten kritisierte und die Aufnahme von mehr Geflüchteten in Marburg anbot. Bislang hat der Bundesinnenminister sämtliche Aufnahmeangebote deutscher Städte abgelehnt und inzwischen auch den zur Aufnahme bereiten Bundesländern Berlin, Thüringen und Saarland eine Absage erteilt.

Die öffentliche Verleihung ist für Sonnabend, 6. März 2021, im Deutschen Theater Göttingen geplant. Stifter des Göttinger Friedenspreises ist der 1997 verstorbene Göttinger Wissenschaftsjournalist Dr. Roland Röhl. Röhl hatte sich als Journalist vor allem mit Fragen der Sicherheitspolitik sowie der Konflikt- und Friedensforschung beschäftigt und in seinem Testament verfügt, dass sein Nachlass zur Bildung eines Stiftungsvermögens verwendet wird. Stadt und Universität Göttingen sind Mitglied im Kuratorium der Stiftung. Die Entscheidung über die Preisträger fällt eine unabhängige dreiköpfige Jury.

Pressemitteilung Göttinger Friedenspreis. Titelfoto: Marion Krüger-Hundrup

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