Am Dienstag, 5. Februar 2013, ereignete sich ein folgenschwerer Unfall. Ich ritt mit meiner Cheyenne und der kleinen Darakhshan als Handpferd, wie so oft, aus. Auf dem Rückweg bemerkte ich, dass der Hufschuh verrutscht war. Ich stieg ab und richtete ihn wieder. Auf einmal lief Cheyenne los und einfach weg… Ich sah fassungslos hinterher und rief sofort meine Nachbarin an, denn ich wusste, wenn sie in den Stall läuft, dann muss sie über die Staatsstraße und die Kurve ist uneinsehbar. Doch jede Hilfe kam zu spät.
Als ich zum Unfallort kam, die Kleine im Schlepptau, lag mein Pferd bereits in der Leitplanke – schwerst verletzt. Mein erster Satz war „gibt es Verletzte?“ Nach dem Nein konnte ich nur noch neben meinem Pferd sitzen. Es war unbeschreiblich – sie starb vor Ort an ihren schweren inneren Verletzungen. Gott lob ist dem Ehepaar im Auto nichts passiert. Der Wagen hat Totalschaden und dass da jemand überlebt hat sowieso ein Wunder. Glück im Unglück. Schuldige gibt es keine – auch ein Trost.
Was ist nun? Gerade war doch alles noch in Ordnung und jetzt ist alles anders. Ich habe Cheyenne, seit sie Klein war. Noch vor meinem Mann oder den Kindern. Alles, was es hier gibt, ob mein Mann und meine Kinder reiten, oder andere Kinder und Erwachsene, der Verein, die ganze Jugendarbeit… Alles fundiert auf Cheyenne und mir. Sie war die Leitstute. Alles orientierte sich an ihr und mir. Wir waren immer ein Gespann – gehörten zusammen – sind durch dick und dünn. Haben viele Prüfungen gemeinsam absolviert. Vielen Reitschülern und ihren Ponys sichere Ausritte bescheren können durch unsere Präsenz. Viele junge Pferde erzogen und ihnen die Sicherheit gegeben, selber zuverlässige Partner zu werden. Sie war ein schwieriges Charakterpferd – dadurch konnte ich viel lernen. Sie war meine Weggefährtin, meine Vertraute und meine Lehrmeisterin.
Michaela Hohlstein mit Cheyenne.
Was wird nur jetzt? Warum mein Pferd? Der ganze Stall ist voll von Pferden – warum meines? Wo ich doch jeden fördere und jedem die Chance gebe sich weiter zu entwickeln. Das kann nicht sein. Momentan ist eine tiefe Leere in mir und alle meine „Mädels“ trauern mit mir. Der tiefe Verlust hängt über dem Verein. Jeder bringt sich ein und tut sein Möglichstes, um mir Halt zu geben. Ein schönes Gefühl.
Selbstlose Hilfe und Unterstützung
Am Unfallort waren viele liebe Menschen. Das arme Ehepaar, das sicher fürchterlich unter Schock steht und trotzdem nur Traurigkeit für Cheyenne und mich hatte. Birka Trebes vom Reitstall Godeldorf, die sofort mit Decken, Helfern und tatkräftiger Unterstützung zur Stelle war und nicht mehr von unserer Seite gewichen ist. Die sogar mein Pferd in den Armen hielt, als ich in der letzten Minute von ihr weg gezogen wurde, um den Tod nicht erleben zu müssen. Die Hans Georg Klauer gerufen hat, um mein Pferd nach Hause zu bringen, damit sie nicht an der Straße liegen musste. Die Polizisten unglaublich betroffen. Passanten, die die ganze Zeit dabei blieben und moralische Unterstützung waren. Meine Nachbarn Silvia und Philipp Kolb und Steffi Geiling, die alles für mich regelten und aufräumten, das Pferd heim brachten und alles weitere von mir fern hielten. Danke Herr Klauer, dass Sie mein Pferd nach Hause brachten.
So konnte ich in Ruhe Abschied nehmen, bis sie geholt wurde. Allen ganz lieben Dank für die wunderbaren Nachrichten und stummen Grüße. Die selbstlose Hilfe und Unterstützung, so dass ich mich um nichts kümmern brauchte. Joachim, danke, dass Du Dir extra Urlaub genommen hast, dass ich den Abtransport nicht miterleben musste usw. Die Kinder (eigentlich die Großen – aber es sind ja alles meine Kinder und Mädchen) haben Kerzen aufgestellt und Blumen niedergelegt, zu einem Zeitpunkt, an dem ich es noch nicht konnte.
Das Schöne an so einer Situation ist, dass mir bewusst wurde, wie viele liebe Menschen es gibt, die wirklich für einen da sind und denen der Schmerz durchaus bewusst ist, den ich empfinde. Das ist nicht selbstverständlich. Könnte man doch meinen, dass es „nur so ein Gaul“ war. Doch Pferde sind nicht umsonst Therapietiere, ebenso wie Delphine. Man sagt, sie sind der Spiegel der Seele.
Die Herde leidet sehr. Allen voran Gina und Scully. Samarkand ist mit seinem neuen Job (er war bisher zweites Rangtier) völlig überfordert und jagt die Herde hin und her. Ihm fehlt die oberste Instanz, um seinen Macho rauskehren zu können. Darakhshan will nur schmusen und der Rest steht völlig auf verlorenem Posten. Wir werden alles dafür tun, dass der Alltag einkehrt und wir alle unsere neue Position finden und festigen können.
Das Leben ist kein Ponyhof…
Michaela Hohlstein
Mehr Informationen zum Unfall finden Sie auch im Polizeibericht vom 6. Februar 2013. Außerdem haben wir bereits mehrfach über den Verein Pferdepartner Franken e.V. aus Baunach berichtet…