Mitten in der Baustelle, zwischen Bauarbeitern und Baggern, sind auch die Archäologen unterwegs. Denn rund um die Pfarrkirche St. Kilian in Hallstadt befand sich einst der Friedhof, viele Gräber liegen nur knapp unter der Erde. Aktuelle Funde lassen sich bis ins siebte Jahrhundert zurückdatieren. „So etwas“, erklärt Archäologe Dr. Magnus Wintergerst, „können Sie in Oberfranken an einer Hand abzählen.“
Schon seit die Bauarbeiten in Hallstadts Stadtmitte begonnen haben, sind auch Archäologen omnipräsent. Dr. Andreas Büttner vom Landesamt für Denkmalpflege erläuterte bei der Präsentation der jüngsten Funde, warum archäologische Untersuchungen gerade in Hallstadt so wichtig sind. Hallstadt war schon im Frankenreich ein bedeutender Ort an einer wichtigen Handelsroute zwischen Franken und Slaven. „Und Ein Friedhof rund um die Kirche wurde schon bei anderen Baumaßnahmen, etwa am Rathaus, nachgewiesen. Nun gilt es für uns, möglichst viel davon zu erhalten.“ Die Grabungen sollen zudem auf ein Mindestmaß beschränkt werden. An mancher Stelle sind sie aber unvermeidlich, so Dr. Magnus Wintergerst, der die Arbeiten federführend begleitet, schließlich Pflanzlöcher für Bäume und Wasserspiele ausgehoben, der Kirchweihbaum braucht ebenfalls sein Fundament.
Schon seit 2017 gab es immer wieder spannende Funde – angefangen bei einem Pflasterweg unter der Straße über Gräber direkt an der Kirchenmauer bis hin zur Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissenen Friedhofsmauer. Eine einmalige Möglichkeit sei der Kanalbau gewesen, sagte Wintergerst. Auf einer Strecke von 200 Metern konnte der Aufbau der unter der Straße liegenden Schichten dokumentiert werden. Immer wieder zeigte sich hier eine Brandschicht – Hallstadt muss wohl im Bauernkrieg im 15. Jahrhundert massiv zerstört und anschließend wieder aufgebaut worden sein. Mit der Zeit wuchs somit das Bodenniveau – zerstörte und abgebrannte Gebäude wurden planiert, darüber wurden neue Häuser und Wege errichtet.
Dr. Magnus Wintergerst vor einem der aktuellen Grabungsbereiche.
Gegraben wird nur dort, wo es notwendig ist
Interessant ist der Aufbau des ehemaligen Friedhofes rund um die Kirche. „Sie dürfen sich diesen Friedhof nicht so vorstellen, wie wir das heute kennen. Es gab damals noch keine geordneten Gräberreihen mit ordentlich gesetzten Grabsteinen“, erklärte Wintergerst. Auf fünf Gräberschichten ist er bisher gestoßen, die ältesten reichen bis ins siebte Jahrhundert zurück. Viele Gräber enthalten Grabbeigaben, eine Praxis, die auf Bestattungen vor der Zeit von Karl des Großen (Regierungszeit 768 bis 814) hinweise. Denn unter seiner Herrschaft seien Grabbeigaben abgeschafft worden.
Mit Sicherheit lässt sich nun sagen, dass der Friedhof rund um die Pfarrkirche St. Kilian deutlich größer ist als zunächst angenommen. Teilweise erstreckt er sich auch über die teilweise freigelegte Friedhofsmauer hinaus. Durch einen speziellen Unterbau, der weniger tief sein muss als beim Standardverfahren, soll das Pflaster, das in Kürze auf dem Marktplatz verlegt wird, möglichst wenig in den historischen Friedhofsbereich eingreifen. Die bis Ende vergangenen Jahres dokumentierten Funde wird Wintergerst in Kürze im „Das archäologische Jahr in Bayern“ veröffentlichen. Somit kann dann jeder Interessierte nachlesen, was so alles unter Hallstadts Erde gefunden wurde. Dazu gehören auch alte Hölzer in einem ehemaligen Bachbett des Mühlbachs, Hufeisen und Ringe, die wohl einmal an einem Kopftuch befestigt waren und sich ebenfalls ins achte oder neunte Jahrhundert datieren lassen.
In den farblich markierten Bereichen finden detailliertere Untersuchungen statt.
Mag auch so mancher die Arbeit der Archäologen kritisch beäugen: Nachdenklich macht schon, dass tagtäglich Autos über einem Friedhof geparkt und gefahren sind und Fußgänger diesen Bereich passiert haben. Und dass das auch in Zukunft wieder so sein wird – und jeder der Geschichte Hallstadts somit näher ist als gedacht.
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