Eine Chronik hatte Kemmern schon. In den 1980er Jahren hatte sich Konrad Schrott ausführlich mit der Geschichte Kemmerns beschäftigt. Sein Ansatz war nicht chronologisch, er suchte sich bestimmte „Highlights“ heraus. Pünktlich zum 1000-jährigen Jubiläum Kemmerns gibt es nun eine ergänzende neue Chronik – mit vielen (historischen) Fotos, Zeitzeugenberichten und Fachbeiträgen.
Heute ist Kemmern ordentlich herausgeputzt, zur 1000-Jahrfeier finden vielfältige Aktionen statt, eine Streuobstwiese wurde neu gepflanzt, Hopfen wächst. Und der Ortskern ist zu großen Teilen schon schick saniert. Das war aber wohl nicht immer so: „Obwohl Kemmern den Kies so nah hat, kann sich die Ortschaft rühmen zu den schmutzigsten Ortschaften zu zählen; in sämtlichen übrigen Gemeinden sieht man ein, daß die Versäumnisse der letzten 10 Jahre nachgeholt werden müssen, nur nicht in Kemmern. Ich kann diesen Zustand nun nicht mehr länger mit ansehen.“
Diese Situationsbeschreibung stammt aus dem Jahr 1925, niedergeschrieben wurde sie vom damaligen Bezirksamtmann, heute wäre das in etwa der Landrat, nach einer Gemeindebesichtigung. Erst nach mehrfacher Aufforderung brachten die Kemmerner damals ihre Straßen in Ordnung, wie gefordert. Und Kemmern war nicht nur bei dieser Gelegenheit wenig Obrigkeits-hörig, wie Barbara Spies, die Autorin der neuen Chronik, bei der Präsentation des 300-seitigen Werkes im Pfarrheim feststellte. Die in den 1970er Jahren aufgezwungene Verwaltungsgemeinschaft mit Breitengüßbach etwa passte den Bürgern gar nicht – und nur wenige Jahre später hatte sich Kemmern durchgesetzt und es fand ein „Befreiungsfest“ statt.
Viele Bilder geben spannende Einblicke
Es sind Geschichten wie diese, die die neue Chronik lesenswert machen. Sie umfasst die Geschichte Kemmerns ab dem Jahr 1017, der Ersterwähnung. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt aber auf dem 20. Jahrhundert, inklusive der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Zu dieser, so Bürgermeister Rüdiger Gerst, sei heute ein unbefangenerer Zugang möglich. Ersetzen soll das neue Werk die Chronik von Konrad Schrott („Ortsgeschichte eines ehemaligen bambergisch-domkapitelischen Obleidorfes“) von 1986 nicht, sondern vielmehr ergänzen. Dies gelingt insbesondere durch viele Fotos – rund 2.500 Bilder hat Barbara Spies gesichtet, 422 haben es ins Buch geschafft. Durch die heute deutlich besseren Bearbeitungsmöglichkeiten erstrahlen selbst sehr alte Bilder in neuem Glanz.
Viel Wert legte Spies auf die sogenannte „oral history“ – dafür führte sie mit Zeitzeugen Interviews, 55 Stunden Mitschnitte sind hier zusammengekommen. Insgesamt investierte Spies etwa 500 Stunden Arbeit. In der Chronik enthalten sind außerdem Gastbeiträge von Günter Dippold, Thomas Gunzelmann, Joachim Andraschke, Britta Ziegler, Lothar Braun und Harald Nehr. Sie kann bei der Gemeinde Kemmern, bei Hans-Dieter Ruß und, eine echte Besonderheit, auch über den Buchhandel erworben werden. Damit, so Bürgermeister Gerst, sei die Chronik international verfügbar.