Die Orgel gibt Kemmern eine neue Stimme

Es war ein ereignisreicher und ein wichtiger Tag für die Kirchengemeinde und für Kemmern. Die neue Orgel wurde feierlich eingeweiht, die Orgel in Führungen den Bürgern vorgestellt und mit einem imposanten Konzert auch gleich hörbar gemacht, was die Neue alles kann.

Wir beginnen direkt mit unserem kleinen Film zur Orgelweihe (Tipp: Wollen Sie das Video in HD-Qualität sehen? Dann klicken Sie im unteren Bereich des Videos einfach auf das Einstellungsrädchen und wählen dann bei Qualität 720p HD aus…).

Die Orgel und der Dialog mit Gott

Warum eigentlich eine Orgel? Domkapitular Peter Wünsche stellte diese ganz konkrete Frage in seiner Predigt beim Festgottesdienst zur Einweihung der neuen Orgel in Kemmern. „Eine Orgel kostet eine Menge Geld – das hat auch in ihrer Gemeinde zu Diskussionen geführt.“ Dennoch habe sie sich über die Jahrhunderte etabliert, verbinde sich in unserer Kultur eng mit der Kirchenmusik. Im Kern habe sie sich seit langem kaum verändert, sei somit „Hightech des Spätmittelalters“.

Und: Die Orgel stehe im Dienst des Dialogs mit Gott, den die Gläubigen mit Gott eingehen, etwa im Rahmen eines Gottesdienstes. Wünsche spannte den Bogen vom Tagesevangelium über den Pharisäer und den Zöllner, die beide zu Gott beten. Während der Pharisäer viel über sich selbst spreche, sage der Zöllner lediglich: „Gott sei mir Sünder gnädig.“ Er trete damit in Dialog mit Gott. Und dieser Dialog könne durch kein Instrument besser unterstützt werden als durch eine Orgel. „Das Orgelspiel ist der Gipfel menschlicher Tätigkeit“, sagte Wünsche.

Orgelweihe Kemmern 2013 Vormittag
Die Kemmerner Pfarrkirche St. Peter und Paul.

Werteordnung wurde auf den Kopf gestellt

Die Kemmerner waren auf jeden Fall sichtlich gespannt, ihre neue Orgel zum ersten Mal spielen zu hören. Dementsprechend war die Pfarrkirche St. Peter und Paul schnell bis auf den letzten Platz besetzt. Mit der Kirchenparade fanden sich auch zahlreiche Ortsvereine mit ihren Fahnenabordnungen ein. Domkapitular Wünsche übergab die Orgel zum Gloria dann ihrer offiziellen Bestimmung.

Nach dem Gottesdienst und der Orgelweihe standen einige Grußworte an. Orgelbauer Roman Seifert bedankte sich bei den Kemmernern für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen. „Ich bin ein wenig traurig, dass ich schon heute wieder nach Hause fahren muss“, sagte Seifert. Landrat Dr. Günther Denzler zeigte sich erfreut, dass es auch heute noch Kirchen- und Orgelweihen in unserem Landkreis gebe. Dies sei nicht mehr selbstverständlich. Vielmehr würden eher Kirchen geschlossen als neu eröffnet. Denzler sah darin einen Grund für viele der heutigen gesellschaftlichen Probleme, die Werteordnung sei in den vergangenen Jahren auf den Kopf gestellt worden. Auch der Landtagsabgeordnete Heinrich Rudrof und Kemmerns Bürgermeister Rüdiger Gerst sprachen zu den Besuchern. Rudrof betonte, dass er sich immer wieder gerne für derartige Projekte politisch einsetze, Gerst lobte die gute Zusammenarbeit zwischen politischer und kirchlicher Gemeinde.

Anschließend trafen sich viele Kemmerner noch zu einer Agape vor der Kirche, begleitet vom Musikverein Kemmern und natürlich durfte auch das Orgelbier nicht fehlen.

Orgelweihe Kemmern 2013 Vormittag
Domkapitular Wünsche beim offiziellen Segnungsakt.

Und was sagen die Kemmerner selbst?

Nach der mittäglichen Pause standen um 14.30 Uhr wieder viele Kemmerner und Umlandbewohner in der Pfarrkirche, um sich von Sebastian Kurig, der mit vielen Arbeitsstunden an dem Aufbau der Orgel maßgeblich beteiligt war, die Orgel, die Funktions- und Bauweise und so manches technische Detail erklären zu lassen. In insgesamt vier halbstündigen Führungen nutzten viele die Chance, auch einmal hinter die Kulissen des Eichenkorpus zu blicken.

2013-10-Kemmern-OrgelweiheWer nah ran geht, sieht, was genau zusammenhängt und sich bewegt, wenn Sebastian Kurig ein Register zieht.

Alle Anwesenden äußerten sich positiv, ja zufrieden über die neue Orgel. Simon Sennefelder, ein Organist aus Breitengüßbach, durfte sich auch gleich an das Manual setzen, um Sebastian Kurigs Ausführungen an der Orgel zu demonstrieren. Auch er war sichtlich angetan: „Spielen lässt sie sich wirklich gut.“ Ein waschechter Kemmerner, der nach dem Krieg selbst noch den Blasebalg treten musste, zog direkt den Vergleich zur letzten Orgel: „Da liegen Welten zu der vorherigen Orgel. Und dass das Geld gut angelegt ist, sieht und hört man gleich.“ Auch Josef Schwab freut sich, dass die Orgel realisiert wurde: „Die neue Orgel ist kein Luxus.“

Klein aber mächtig

Thomas Bittner, Organist in Kemmern und Mitglied des Orgelausschusses, findet das Spielgefühl auf der neuen Orgel „überwältigend – besser trifft es: mächtig. Der Organist hat nun die Macht, Klangfarben und Ausdruck in sein Spiel zu bringen“, vor allem durch die verschiedenen Stimmen, welche bei der neuen Orgel ausgeprägter oder erstmals überhaupt vorhanden sind. Professor Markus Willinger äußerte sich ebenfalls hoch zufrieden, über das gute Miteinander bei der Konzeption und der Ausführung, aber auch über das Endergebnis: „Alles an Akustik ist ausgeschöpft, das war nicht leicht, ist aber sehr gut gelungen.“

Genauso sahen das auch die zahlreichen Besucher des Konzertes, die sich in der voll besetzten Pfarrkirche teilweise schon eine Stunde vorher den besten Platz sicherten. Domorganist Willinger schöpfte bei seinem einstündigen Konzert alle Klang-, Artikulations-, und Dynamikmöglichkeiten der Orgel aus. Er improvisierte frei und verspielt über Choräle und Kirchenlieder, die sich die Zuhörer im Vorfeld wünschen konnten, und zeigte in Werken von Nikolaus Bruhns, Georg Muffat und Johann Sebastian Bach die Harmonie und Klangvielfalt der Orgel. So erlebte das Publikum gleich drei Dinge, die es so selten hören kann: Ein anspruchsvolles Programm, dargeboten von einem Konzertorganisten, dazu ein dezidiertes Aufzeigen der Stimmen- und Klangvielfalt und das Ausspielen der neuen Orgel durch Vollregistrierung an manchen Stellen. Auch Eckhard Isenberg, Orgelsachverständiger der Erzdiözese Köln, zeigte sich beeindruckt. Einerseits von der Virtuosität des Domorganisten Willinger, aber auch von der Disposition und Ausführung der Orgel. Auch die Idee des Orgelbieres gefällt ihm, als Liebhaber von fränkischen Bier, sehr gut.

2013-10-Kemmern-OrgelweiheDomorganist Markus Willinger nimmt nach dem Konzert seinen Applaus entgegen.

Alles in allem war es nicht nur ein musikalisch gelungenes Konzert, sondern auch eine überzeugende Vor- und Einführung der neuen Stimme der Gemeinde. Ein Beweis, dass die Orgel genau richtig dimensioniert ist für die Architektur und Größe der Kirche, und auch die Klangbalance einfach stimmig ist. Wie Roman Seifert das Ziel und das Endergebnis beschreibt: „Die Intonation ist immer singend.“

Singen kann nun auch die Gemeinde wieder, nach langer Pause mit einer mächtigen Stimme mehr, die die Gebete und Gesänge erhebt zum Lob Gottes und für den Dialog mit ihm.

 

Eindrücke vom Nachmittag mit Orgelführungen und dem Konzert finden Sie in unserem zweiten Video (Tipp: Wollen Sie das Video in HD-Qualität sehen? Dann klicken Sie im unteren Bereich des Videos einfach auf das Einstellungsrädchen und wählen dann bei Qualität 720p HD aus…).

 

Viele Fotos gibt’s auch in unserer großen Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der linken Ecke oben wählen).

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