Etwas länger als die versprochenen sechs Wochen hat es gedauert, bis der Planungsstab der DB-Projektbau – nicht ganz ohne politischen Einsatz – nicht nur belastbare Kostenansätze, sondern sogar eine weitere Planungsvariante für eine Ersatzmaßnahme in Kemmern dem Gemeinderat präsentierte. Etwas mehr Bürger als bislang verfolgten im voll besetzten Sitzungssaal die Ausführungen von Martin Eckert (Schüßler-Plan) und Hans Högg (Schallschutzexperte, DB-Projektbau). Dabei lag der Schwerpunkt der Ausführungen natürlich auf den Planungen für den Bereich Kemmern und der Ersatzmaßnahme für den schienengleichen Bahnübergang.
Etwas mehr als die bereits bekannten Ausführungen zu der von der Bahn favorisierten Lösung einer Überführung bei Breitengüßbach interessierte die neu geplante Variante, die eine Überführung bei Kemmern wieder als Möglichkeit ins Auge fasst und auch nur geringfügig teurer wäre.
Zu Beginn der Sondersitzung mit den Vertretern der Bahn begrüßte Bürgermeister Rüdiger Gerst auch seine Amtskollegin Sigrid Reinfelder und den Leiter der Finanzverwaltung Breitengüßbach, Christoph Hetzel, sowie Stefan Kabitz von der Bürgerinitiative „Das bessere Bahnkonzept“. Wie sehr das Thema „Bahn“ auch die anwesenden Bürger berührt, wurde spätestens in der anschließenden kritischen Diskussion durch eigentlich in Sitzungen unübliche Unruhe und sogar Zwischenrufe deutlich.
Martin Eckert (Schüßler-Plan) gab unter anderem einen kurzen Überblick, der nur verdeutlichte, dass die einzelnen Planungsvarianten immer weniger die Belange der Kemmerner berücksichtigt haben. Die ursprünglich geplante Wirtschaftswegunterführung (Kosten ca. 4,4 Millionen Euro), die auch die Zufahrt von Schwerlastverkehr zum Muna-Gelände und den östlichen Gemeindeteilen ermöglicht hätte und 1998 in die Planfeststellung gegangen war, wurde nach der Auflassung der Muna zugunsten einer abgespeckten Variante mit geringeren Maßen (Kosten ca. 3,8 Millionen) fallen gelassen. Eine Wirtschaftswegüberführung in Höhe der Hallstadter Straße (ca. 2,2 Millionen Euro) wurde nie richtig verfolgt. Die anschließend ins Gespräch gebrachte Geh- und Radwegunterführung (Kosten ca. 1,3 Millionen Euro) in der Nähe des ursprünglichen Bahnüberganges ist für den Kemmerner Gemeinderat keine adäquate Ersatzmaßnahme, wie auch die nun in der Planfeststellung befindlich Variante einer Wirtschaftswegüberführung in Fortsetzung an den Kreisel in Breitengüßbach (ca. 2,8 Millionen Euro), die in der Sitzung vom 16. Mai 2013 erstmals vorgestellt wurde. Wie Rüdiger Gerst anmerkte, seien auch die Breitengüßbacher mit dieser Planung nicht ganz einverstanden, da die Fahrbahnbreite mit 4,50 Metern zu schmal geplant sei. Eine gänzlich neue Variante wurde auf die Einwendungen der letzten Gespräche hin nun von der DB-Projektbau grob geplant und auf Realisierbarkeit und Kosten geprüft: Eine Wirtschaftswegüberführung auf Höhe des jetzigen Bahnüberganges bei Kemmern (Kosten 2,9 Millionen Euro).
Dieter Thormann und Hartmut Müller (DB-Projektbau) stellten sich den kritischen Fragen des Kemmerner Gemeinderates.
Mit regem Interesse verfolgten ungewöhnlich viele Kemmerner die Diskussion.
Situation nach dem Bahnausbau darf nicht schlechter sein als heute
Wie sich in der nachfolgenden Diskussion ergab, wäre dies für den Gemeinderat ebenfalls eine Lösung, allerdings nur mit einer Breite, die dem momentanen Übergang entspräche. Die Mitarbeiter des Planungsstabes zeigten sich von dieser Forderung überrascht. Ihre Planungen beruhten auf den Vorgaben für Wirtschaftswege, für die lediglich eine Fahrbahnbreite von 4,50 Metern vorgeschrieben und kein landwirtschaftlicher Begegnungsverkehr zu berücksichtigen sei. Hier pocht der Gemeinderat auf den bestehenden Anspruch auf eine adäquate Ersatzmaßnahme, die keine Verschlechterung zum ursprünglichen Bestand sein dürfe. Ist-Zustand sei zwar ein Wirtschaftsweg, aber einer, der die Gleise auf einer Breite von sechs Metern kreuzt. Hartmut Müller von der DB-Projektbau bestätigte die Forderung der Kemmerner: „Eine Ersatzmaßnahme darf den Bestand nicht verschlechtern.“ Gemeinderat und Publikum äußerten sich erstaunt, dass den Planern die bestehende Breite nicht bekannt zu sein schien und erst aufgrund der Nachfrage die Bestandssituation geprüft und die Breite des jetzigen Überganges nachgemessen werden soll. Wie sich auf dezidierte Nachfrage verschiedener Gemeinderatsmitglieder zeigte, scheint es auch tatsächlich so, dass die ursprüngliche Lösung einer Unterführung nie eine Frage der Machbarkeit gewesen sei, sondern eine Frage der Kosten und wer dafür zu welchem Teil aufkommen muss. Sollte sich herausstellen, dass die ursprüngliche Unterführungslösung doch eine wirtschaftlich darstellbare Ersatzmaßnahme ist, wäre auch diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen, wie Dieter Thormann auf direkte Nachfrage von Bürgermeister Rüdiger Gerst einräumte.
Einmal mehr geht die DB-Projektbau GmbH mit Hausaufgaben aus einer Sitzung mit den Kemmernern nach Hause. Dieses Mal haben sie etwas weniger Zeit, den Ist-Bestand nachzumessen, die Pläne gegebenenfalls nachzubessern und die Kosten dafür bis spätestens zur nächsten Gemeinderatssitzung im September 2013 vorzulegen. Der Gemeinderat machte gegenüber der DB-Projektbau deutlich, dass er gegen die Pläne für die Ersatzmaßnahme, wie sie im Planfeststellungsverfahren (16. September bis 16. Oktober 2013) liegen, Einwände erheben werde. Für grundsätzliche Entscheidungen für oder gegen eine bestimmte Ersatzmaßnahme fehlen den Räten aber – einmal mehr – die nötigen Informationen von der DB-Projektbau GmbH.
Lena Thiem