Alice Schwarzer gehört zu denjenigen Personen, die in Deutschland einen äußerst hohen Bekanntheitsgrad genießen. Nichtsdestotrotz zählt sie auch zu den umstrittensten Persönlichkeiten. Mit ihrem Buch „Meine algerische Familie“, aus dem sie bei der Eröffnung des Bamberger Literaturfestivals 2019 in Hallstadt las, eröffnet sie neue Blickwinkel – und bezieht dennoch weiterhin klar Position.
Ohne Frage ist sie Deutschlands bekannteste Frauenrechtlerin. Und obwohl sie ledig ist und keine Kinder hat, ist sie dennoch in eine Großfamilie eingebettet. Und das schon seit über 25 Jahren. Ende der 1980er Jahre lernte sie die algerische Journalistin Djamila bei einem Seminar kennen, das sie für afrikanische Journalistinnen abhielt. Die beiden Frauen blieben in Kontakt, und als in Algerien der Bürgerkrieg tobte und ganz besonders Journalisten um ihr Leben fürchten mussten, ermöglichte Schwarzer ihrer Freundin für mehrere Jahre ein Leben in Köln. Klar, dass es da auch zu vielen Treffen mit Djamilas Familie kam. Ein Familienleben, das in vielen Bereichen ganz anders abläuft als bei uns.
Schwarzer liest die Eröffnungsszene ihres Buches vor. Sie ist zu einer Hochzeit in Algier eingeladen – und hat nur ein Abendkleid mit dabei. An sich nicht ungewöhnlich, würden nicht die anderen weiblichen Gäste und die Braut auf der Hochzeit die Abendkleider fünf oder gar sieben Mal wechseln. Solche persönlichen Erlebnisse spielen in Schwarzers Buch eine große Rolle.
Alice Schwarzer auf der Bühne im Kulturboden Hallstadt.
Islamismus bleibt ein großes Thema
Sie will mit ihrem Buch unterhalten, genauso aber aufklären. Daher sei es ein Mix aus „Familienroman“ und „politischem Buch“. Denn Algerien werde noch immer von zwei großen Themen bestimmt: vom Postkolonialismus – Algerien sagte sich in den 1960er Jahren von Frankreich los – und vom Islamismus. „Die Religion Islam interessiert mich nicht, ich spreche vom Missbrauch des Islam“, stellt Schwarzer klar. In den Abschnitten, die sie vorliest, genauso aber im gesamten Buch zeigen sich immer wieder Spannungsfelder zwischen Tradition und Moderne. Und zahlreiche Probleme bleiben, wie die hohe Analphabetenquote.
Das Bamberger Literaturfestival, das bereits zum vierten Mal stattfindet, lebt aber nicht nur von Großveranstaltungen wie jenet Lesung von Alice Schwarzer. Im Rahmen der Eröffnung, die Klaus Stieringer moderierte, wurde das erneut klar. Denn es finden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Kinderlesungen statt – jede Landkreisgemeinde wird dabei abgedeckt, wie Melanie Dirauf vom St.-Michaelsbund erklärte. Ziel sei, den Kindern Bücher und Literatur näher zu bringen. Um dieses einmalige Projekt finanzieren zu können (die Kinderlesungen können immer kostenfrei besucht werden), beteiligen sich erneut viele Sponsoren am Literaturfestival.
Die Wichtigkeit der Kultur als weichen Standortfaktor betonte Landrat Johann Kalb. Er freute sich über einen fast ganzseitigen Artikel in der Süddeutschen Zeitung über das Literaturfestival und den Kurator Thomas Kraft – was den Status der Veranstaltung unterstreiche, die sich fest im Jahres-Veranstaltungskalender etabliert habe. Viele Veranstaltungen des Festivals sind mittlerweile ausverkauft, Literatur kommt gut an. Woran das liegen mag? Was fasziniert uns an Büchern so? Klaus Stieringer hatte eine Antwort parat: „Autoren können überraschend die Geschichte ändern – wie das Schicksal unser Leben auch.“
Weitere Fotos von der BamLit-Eröffnung finden Sie in unserer Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der Ecke oben wählen).
Die Veranstaltungen des Bamberger Literaturfestivals 2019
(fett markiert sind Veranstaltungen in der Nachrichten-am-Ort-Region, Tickets gibt es beim Kartenkiosk Bamberg)
Fr, 08. Feb. | Volker Kutscher – Marlow, Kulturboden in Hallstadt
Fr, 08. Feb. | Gaby Hauptmann – Plötzlich Millionärin – nichts wie weg!, ERTL-Zentrum in Hallstadt
Sa, 09. Feb. | Monika Maron – Munin oder Chaos im Kopf
So, 10. Feb. | Krimi im Bus Friederike Schmöe – Kreidekreis — AUSVERKAUFT
Mo, 11. Feb. | Gregor Gysi – Ein Leben ist zu wenig — AUSVERKAUFT
Di, 12. Feb. | Timur Vermes – Die Hungrigen und die Satten, Kulturboden in Hallstadt
Mi, 13. Feb. | Harald Lesch – Wenn nicht jetzt, wann dann?, Bürgerhaus Lechner-Bräu Baunach — ABGESAGT
Mi, 13. Feb. | Martin Korte – Wir sind Gedächtnis, Dr. Pfleger in Hallstadt
Do, 14. Feb. | Karen Duve – Fräulein Nettes kurzer Sommer
Fr, 15. Feb. | Amelie Fried – Paradies, ERTL-Zentrum in Hallstadt — AUSVERKAUFT
Sa, 16. Feb. | Junge Literatur – Pfabe, Dittloff, Lauenstein, Rieks
So, 17. Feb. | Krimi im Bus Helmut Vorndran – Die Kamuelsfeder — AUSVERKAUFT
So, 17. Feb. | Wie Winnetou nach Bamberg kam – Karl May Lesung mit Tanja Kinkel, Nevfel Cumart und Paul Maar
Mo, 18. Feb. | Désirée Nick – Nein ist das neue Ja, Kulturboden in Hallstadt
Di, 19. Feb. | Axel Hacke – liest… — AUSVERKAUFT
Mi, 20. Feb. | Stefan Weiller – Letzte Lieder solo — AUSVERKAUFT
Mi, 20. Feb. | Takis Würger – Stella
Do, 21. Feb. | Jenny Erpenbeck – Kein Roman
Fr, 22. Feb. | Anselm Bilgri – Bei aller Liebe
Sa, 23. Feb. | Gretchen Dutschke – 1968. Worauf wir stolz sein dürfen, Bürgerhaus Lechner-Bräu in Baunach
Sa, 23. Feb. | Best of Poetry Slam – u.a. mit Yannik Sellmann, Birdy, Friedrich Herrmann
So, 24. Feb. | Krimi im Bus Thomas Kastura als Gordon Tyrie – Todesströmung — AUSVERKAUFT
So, 24. Feb. | Klaus-Peter Wolf – Ostfriesennacht, Kulturboden in Hallstadt