„Jede Information ist zugleich Manipulation…“

„Manipulation oder Wahrheit – die Informationsflut und die Nachrichten.“ Unter diesem Titel referierte Alexander Niemetz, ehemaliger Moderator des ZDF Heute Journal, im Rahmen der 19. Wirtschaftstage der Sparkasse Bamberg über den aktuellen Zustand des Journalismus, besonders bezogen auf das Fernsehen. Dabei brachte er seine langjährigen Erfahrungswerte ein und sparte nicht mit Kollegen- und Medienschelte.

Über 1.000 Besucher füllen den Joseph-Keilberth-Saal der Bamberger Konzert- und Kongresshalle und warten gespannt auf den Vortrag von Alexander Niemetz. Der betritt selbstsicher die Bühne, so kennen ihn die Zuschauer noch aus dem Heute Journal, das er von 1991 bis 2001 moderierte. Aufgrund von Vorwürfen in Sachen Nebentätigkeiten im PR-Bereich hatten sich das ZDF und er damals getrennt.

Heute lässt Niemetz kein gutes Haar am Zustand des Journalismus. Seine Grundthese ist zunächst einmal: „Jede Information ist zugleich Manipulation.“ Schließlich kommen Nachrichten nicht ungefiltert zum Leser, Hörer oder Zuschauer, sondern erst nach einer Auswahl der zuständigen Redakteure. Diese bestimmen somit direkt, was beim Konsumenten ankommt. Der Trend gehe dabei zur Boulevardisierung, mit der sich am meisten Aufmerksamkeit erzeugen lässt, so Niemetz. Dies geschehe besonders im Privatfernsehen. „Ich war damals auch am Aufbau des Privatfernsehens beteiligt und stehe noch heute dazu. Allerdings war die Erwartungshaltung damals eine andere: Qualität sollte sich durchsetzen, neue Jobs sollten geschaffen werden.“ Erfüllt hätten sich die Hoffnungen nicht. Das Niveau tendiere immer weiter nach unten. Junge Journalisten, die den richtigen Riecher mitbrächten, würden heute nicht mehr eingestellt.


Alexander Niemetz.

Die gedruckte Zeitung hat keine Zukunft mehr

Aber nicht nur über das Fernsehen referiert Niemetz. „Der Mensch verdrängt gewaltig. Er behält nur acht Prozent der in einer Zeitung gelesenen Informationen.“ TV und Hörfunk stünden noch schlechter da. Grund dafür sei eine Überinformation, allein schon aufgrund der überall gleichen Bilder. Denn eine Exklusivität gebe es kaum noch. Hinzu komme der Mensch, der heute nur noch sektoral gebildet sei und nicht mehr über das gesamte Weltwissen verfüge. „Das war einmal anders, mittelalterliche Philosophen hatten durchaus die Möglichkeit, sich durch eine ganze Bibliothek mit dem damals vorhandenen Wissen zu lesen.“ 1.500 Bücher waren dafür nur nötig. Vor zehn Jahren hingegen lagerten in der größten Bibliothek der Welt, der „Library of Congress“ in Washington, schon fast 100 Millionen Bücher. „Im Verhältnis gesehen werden wir also immer dümmer.“

Und auch zur Zukunft der Medien hat Niemetz eine These. „Die Kommunikationsrevolution wird die gedruckte Zeitung in den Orcus der Geschichte entsorgen.“

Johannes Michel. Fotos: AlexanderNiemetz.de, © Thorben Wengert  / PIXELIO

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