Sich gemeinsam erinnern …

Zwei ländliche Gemeinden in Frankreich und Deutschland, die friedlich in ihrer beschaulichen Ruhe weitergelebt hätten, wären da nicht der Zweite Weltkrieg und die Jahrhunderte alte Feindschaft zweier Völker gewesen. Zapfendorf wurde am 1. April 1945 beim Explodieren eines Munitionszuges völlig zerstört, ein traumatisierendes Ereignis, das bis heute nachwirkt. Und Kilstett im Elsass?

Genau vor siebzig Jahren rückte das kleine Dorf, wenige Kilometer von Straßburg entfernt, plötzlich in den Mittelpunkt des Kriegsgeschehens, als im Januar 1945 hier eine Schlacht zwischen den vorrückenden Armeen der Alliierten und den sich heftig verteidigenden deutschen Truppen tobte (mehr dazu auch im Online-Lexikon Wikipedia unter dem Eintrag Unternehmen Nordwind). Als die teilweise in die Gegend von Haute Vienne bei Limoges in Zentralfrankreich geflüchteten Einwohner nach dem Krieg in ihr Dorf zurückkehrten, standen sie ebenso vor den Trümmern ihrer Existenz wie die Zapfendorfer.

Aus Deutschen und Franzosen – den Erbfeinden von einst – sind inzwischen enge Freunde geworden. Kilstett und Zapfendorf wurden auf die Initiative von Bürgermeister Gabriel Muller hin am 14. Mai 2011 Partnergemeinden, die sehr intensive Kontakte miteinander pflegen. „Nie wieder Krieg“, das ist die Parole der Gegenwart. So lag es nahe, zum Gedenken an den 70. Jahrestag der Schlacht von Kilstett eine Abordnung der Gemeinde in den etwa 400 km entfernten Ort zu schicken. Mit dem Zweiten Bürgermeister Siegfried Bauer und den Gemeinderäten Klara Ott, Thomas Porzner, Dr. Christopher Rosenbusch und Harald Hümmer an der Spitze machten sich am 17. Januar rund 40 Bürger Zapfendorfs schon sehr früh am Morgen mit einem Bus und PKWs auf den Weg. Drei Fahnenabordnungen der Soldatenkameradschaften aus Kirchschletten, Oberleiterbach und Unterleiterbach begleiteten die Delegation. Am Denkmal für die Schlacht (Monument de la bataille) fand um 10.00 Uhr bei strömendem Regen die Feierstunde statt, an der neben unserer Delegation verschiedene französische Armeevertreter, Veteranenverbände und die Konsulin von Algerien und Tschad für die 1945 beteiligten französischen Kolonialtruppen teilnahmen. Bei der stimmungsvollen Feier mit örtlichem Gesangsverein, Musikkapellen und Schülern des Ortes Kilstett hatte auch unsere Delegation die Gelegenheit, die Verbundenheit mit der Partnergemeinde mit einem Gebinde zu dokumentieren.

Kilsett Januar 2015 (1)
Nach der Gedenkfeier …

Kilsett Januar 2015 (3)
… blieb noch genügend Zeit für die Pflege von Freundschaften und das Kennenlernen.

Stadtbesichtigung in Straßburg

Im Anschluss daran wurden die Zapfendorfer im Gemeindesaal mit Choucroute Alsacienne – einem typischen elsässischen Gericht mit Sauerkraut sowie Wurst- und Fleischspezialitäten – und im Anschluss daran mit wunderbarer Tarte de pommes – einem speziellen Apfelkuchen – freundlich bewirtet. Der feine elsässische Weißwein trug dazu bei, dass die Sprachbarriere bald überwunden werden konnte  und viele neue Kontakte geknüpft wurden. Der Abend klang aus mit einem kalten Buffet und einem gemütlichen Beisammensein der Zapfendorfer und der örtlichen Gemeindevertreter, und nach einem langen Tag freuten sich die meisten dann doch auf ihre Ruhequartiere in Hotels und Privatunterkünften.

Am darauffolgenden Sonntag wurde unter fachkundiger Leitung aus Kilstett Straßburg besichtigt, dessen weltberühmtes Münster (höchstes im Mittelalter vollendetes Gebäude Europas, wundervolle Glasfenster) eine der bedeutendsten gotischen Kathedralen Europas ist. Heute ist die schöne Hauptstadt des Elsass, deren malerisches Viertel um das Münster viele Touristen anzieht, ein Schmelzpunkt beider Völker. Nach ca. drei Stunden in Straßburg wurde die Heimfahrt angetreten, und am frühen Abend ging mit der Rückkehr nach Zapfendorf eine ereignisreiche Fahrt zu Ende, die sicherlich im Gedächtnis vieler Beteiligten noch lange nachwirken wird.

Anzeige
Karin Eminger Frisöre

Maire (franz. Bürgermeister) Gabriel Muller sprach eine weitere Einladung an die Zapfendorfer aus. Vom 14. bis 17. Mai 2015 (Christi Himmelfahrt) besteht die Möglichkeit, die Kilstetter nach Haute Vienne bei Limoges in Zentralfrankreich zu begleiten. Auch dort soll eine Gedenkfeier stattfinden. Angedacht ist, eine Delegation aus Zapfendorf mit dem Gemeindebus nach Kilstett zu entsenden, von wo aus man zusammen nach Haute Vienne fahren würde.

Interessierte Bürger werden gebeten, sich in der Gemeinde zu melden.

Rolf Bayer
Artikel drucken Artikel drucken

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.