Ganz oben auf dem Berg, gleich neben dem Friedhof steht sie, wachsam und doch ein wenig scheu zugleich, die alte Magdalenenkapelle. Das kleine gotische Kirchlein ist eines der Wahrzeichen der Stadt Baunach, das sowohl äußerlich als auch in seinem Inneren viel Schönheit und Historie birgt. Um all jenes jedoch in seinem spätmittelalterlichen Zustand erhalten zu können, bedurfte es der Hingabe des seit nunmehr 30 Jahren bestehenden Fördervereins der Kapelle, der sich fortwährend gegen die in Vergessenheit zu geraten drohende Stadtgeschichte stellt.
Die Geschichte beginnt wohl bereits vor 1401, dem Jahr der Ersterwähnung eines Kirchleins auf dem Kapellenberg. Gestiftet vom Baunacher Stadtpatron und Jakobspilger Viktor Überkum, erlangte die Magdalenenkapelle jedoch erst im Verlauf des 15. Jahrhunderts ihre heutige Größe und begründete fortan eine bedeutende Wallfahrtskirche. Neben den urkundlich festgehaltenen Wunderheilungen, die in der Kapelle stattgefunden haben sollen, sind es im Besonderen die Schätze des Innenraums, die Pilger bis heute anlocken: Das Holzrelief „Maria Magdalena salbt Christus die Füße“ aus dem Jahr 1500, das einst die Predella des spätgotischen Flügelaltars schmückte, nun jedoch das östliche Gemäuer ziert; die aus dem selben Jahr stammenden Holzplastiken, die neben der Namenspatronin der Kapelle auch die heilige Katharina und Barbara sowie die Mutter Gottes mit Kind zeigen und an der westlichen Innenfassade installiert wurden; oder auch die Steinskulptur im Eingangsbereich, die Christus am Ölberg in Gebetshaltung darstellt und förmlich zu Andacht und Demut einlädt.
Genauso interessant – zumindest für Kunsthistoriker – sind Architektur und Außenfassade der Magdalenenkapelle, die eine Reise durch die kunstgeschichtlichen Epochen gewähren. So zeigte die Forschung der Denkmalpflegerin Dr. Annette Faber, dass die nördliche Chorwand noch einen Mauerwerksstreifen der ersten gotischen Kapelle von vor 1400 enthält. Somit birgt die Kirche den ältesten unveränderten Gebäudeteil der Stadt Baunach. Die Fassade inkludiert neben spätgotischen Rot-weiß-Fassungen auch manieristische Elemente, die typischerweise in der Spätrenaissance auftauchen und sich von den mittelalterlichen Gestaltungsprinzipien deutlich abgrenzen. Ein in grau-weiß gehaltener Anstrich kann darüber hinaus dem Klassizismus zugeschrieben werden, während unter anderem beige Ockertöne die Sehnsucht nach historischen Baustilen des späten 19. Jahrhunderts zum Ausdruck bringen. Die letzte von insgesamt elf Fassungen erhielt die Kapelle im Jahr 1921, womit eine Versiegelung des Gesteins einherging, die das historische Farbenpaket umschloss und konservierte.
Das Holzrelief „Maria Magdalena salbt Christus die Füße“
Der Verein bewahrt die Geschichte
Die Witterung und auch die Zeit haben dem Gebäude jedoch stark zugesetzt und führten aufgrund erheblicher Schäden an der Sandsteinfassade und dem Dach des Kirchenschiffes sowie am Hauptportal in den 1980er Jahren beinahe zum Verfall der Kapelle. Eine schwierige Finanzlage der Kirchengemeinde, die auch dem Neubau des Kindergartens sowie der Kirche St. Oswald – ein erneuter Umbau zu alter Größe steht der Kirche bevor – geschuldet war, gestattete allerdings keine Reparaturausgaben. Auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten gründete der damalige Bürgermeister Georg Wild im Jahr 1985 den Förderverein zur Sanierung der Magdalenenkapelle, der sich mit Hilfe von Beiträgen und Spenden der Instandhaltung des Kirchleins verschrieb. Die rasch steigenden Mitgliederzahlen sowie private Großspenden machten zusammen mit den Finanzmitteln der öffentlichen Einrichtungen, unter anderem der Diözese Würzburg, der Stadt Baunach oder auch dem Landesamt für Denkmalpflege, die dringend erforderliche Sanierung im Jahr 1988 möglich.
Mit Beendigung der Sanierungsarbeiten blieb der Verein bestehen und konnte durch die weitergeführten, jedoch gesenkten, Beiträge sowie durch Spenden einen soliden Finanzstock für künftig anfallende Restaurierungen aufbauen. Zudem setzte sich Wild auch weit über seine Amtszeit hinaus für die Magdalenenkapelle ein. Ganz in der Jakobspilgertradition des Stifters Überkum erreichte er dabei eine Umlegung des Jakobsweges, der seit 2005 über die kleine Kirche in Baunach führt. Eine „Niederlage“ mussten Wild und der Verein hingegen in der von den Bürgern erwünschten Restaurierung des Gestühls hinnehmen, dessen Gebetsablage das Sitzen in den Bänken sehr beschwerlich gestaltet, was die regelmäßigen Gäste der Kapelle beim Altbürgermeister beanstandeten. Auch eine bereits angefertigte Modellbank konnte die Kirchenverwaltung, die den Denkmalschutz des barocken Gestühls über den Sitzkomfort stellte, nicht überzeugen.
Der größte Wunsch der Besucher der Kirche sei allerdings, dass die Magdalenenkapelle auch in der Zukunft Gottesdienste beheimate, wie dem Vereinsgründer Wild versichert wurde. Derzeit scheint die Kapelle, die nahezu ausschließlich bei Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen genutzt wird, recht unausgelastet. Lediglich der Magdalenentag, der alljährlich am 22. Juli in einem Gottesdienst der Pfarrgemeinschaft St. Christophorus von der Kapelle beherbergt wird, stellt dabei eine Ausnahme dar, deren Regel die Besucher und auch Wild missmutig stimmen: „Leider möchte die Pfarrei St. Oswald die Feste lieber in der ortsnahen Kirche gestalten. Das ist angesichts der Schönheit der Kapelle äußerst bedauerlich“, erklärte er gegenüber Nachrichten am Ort.
Wild, der für sein Engagement bereits 1993 für den Bayerischen Denkmalschutzpreis vorgeschlagen wurde, ist jedoch froh und sehr stolz auf das, was der Verein in seiner 30-jährigen Geschichte erreicht hat. Er ist dankbar für die vielen treuen Unterstützer und lächelt den Widerstand, auf den er in seiner Amtszeit und darüber hinaus häufig stieß, heute einfach weg. Genau wie dem Altbürgermeister scheint dies auch der Magdalenenkapelle gelungen zu sein, die trotz vieler Widrigkeiten und nur mit der Hilfe ihrer Förderer heute wie damals ganz oben steht, auf dem Berg gleich neben dem Friedhof.
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Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch, dass die Kirchenverwaltung einen barrierefreien Zugang am Seiteneingang schaffen will. Das freut mich ganz besonders!
Ich habe in der Staatsbibliothek Bamberg gelesen, dass der Dreikönigs-altar vom ehem. Franziskanerkloster in dieser schönen Kapelle ist. Ich brauche unbedingt 1 Foto davon. Danke für Ihren Beitrag im Internet.