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Seit 2008 engagiert sich in Breitengüßbach die Bürgerinitiative „Lebensader“ für eine Veränderung in Sachen Verkehr im Ortskern. Die Bundesstraße 4, die durch die Gemeinde führt, soll in absehbarer Zeit abgewertet werden – zur Staats- oder zur Ortsstraße. Welche Konzepte die Bürgermeister-Kandidaten verfolgen, die sich am 3. März 2013 zur Wahl stellen, erfuhren etwa einhundert interessierte Bürger bei einer Diskussionsrunde im Pfarrzentrum.
Christine Raab, Sprecherin der Bürgerinitiative, stellte zunächst noch einmal deren Ideen und Konzepte vor. Erarbeitet werden soll, in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, ein Gesamtkonzept, das sowohl verkehrstechnisch eine Entlastung bringt als auch optisch die Ortsdurchfahrt verschönert. „Dies bringt auch eine Wertsteigerung der Immobilien mit sich“, so Raab. Bisher hätten Treffen mit der Gemeinde und dem Straßenbauamt stattgefunden, außerdem habe die Bürgerinitiative ein Schreiben an das Bundesverkehrsministerium verfasst. Durch ein Planungsbüro wurde ein Verkehrsgutachten erarbeitet – gezählt wurden dabei etwa 1.000 LKWs pro Tag. 70 Prozent des Durchgangsverkehrs wären laut Gutachten vermeidbar. „Positiv wäre etwa ein Tag- und Nachtfahrverbot für LKWs. Wir wollen einen belebten Ort, aber die LKWs und auch die Coburger und Lichtenfelser, die durch unseren Ort fahren, sollen draußen bleiben.“
Christine Raab bei der Vorstellung der Bürgerinitiative.
Niemand profitiert vom Verkehr – keine Einzelmaßnahme
Anschließend hatten die Kandidaten für das Bürgermeisteramt die Gelegenheit, ihre Ideen zu präsentieren. Alois Ludwig (CSU) dankte der Bürgerinitiative, sich des Themas angenommen zu haben. Es sei klar, dass kein Unternehmen am Ort vom Durchgangsverkehr profitiere, sondern zumeist die Autobahn ignoriert werde. „Ich hätte mir eine solche Veranstaltung wie heute schon länger von der Gemeinde gewünscht“, sagte Ludwig. Wenn es eine Veränderung in der Bamberger, Lichtenfelser und Baunacher Straße gebe, müsse dies auch optisch einhergehen, etwa durch das Anlegen von Parksteifen oder dem Pflanzen von Bäumen. Wichtig sei aber auch, die Kosten im Auge zu behalten. Durch die Straßenausbaubeitragssatzung müssten die Bürger mit Kosten rechnen, deren Höhe sich noch nicht beziffern lässt.
Alois Ludwig (links) und Sigrid Reinfelder bei ihren Statements.
Sigrid Reinfelder (Unabhängiger Bürger Block, UBB) stellte insbesondere die Anwohnerbeteiligung heraus. Außerdem dürfe die Maßnahme nicht als einzelnes Projekt gesehen, sondern immer bezogen auf die gesamte Gemeinde werden – zum Beispiel im Rahmen einer Ortskernsanierung. Aus dem Ort verbannt werden müsse in jedem Fall der Schwerlastverkehr, egal, ob die Bundesstraße zur Staats- oder zur Ortsstraße werde. Zur Akquirierung von Fördergeldern müsse die Gemeinde, zusammen mit den Anwohnern, ein überzeugendes Konzept erarbeiten, das alle Verkehrsteilnehmer, also auch Fußgänger und Radfahrer, ausreichend berücksichtige. Außerdem sah sie positive Perspektiven für die Unternehmen entlang der Straße, wenn mehr Parkmöglichkeiten vorhanden wären.
Verkehrs- und Entwicklungskonzept – Uneinigkeit innerhalb der Bürgerinitiative?
Für ein Verkehrs- und Entwicklungskonzept machte sich auch Bernhard Pfister (SPD) stark. Dafür müssten zunächst die schon vorhandenen Unterlagen zusammengeführt werden. Wichtig sei auch, die künftige Bevölkerungsentwicklung im Auge zu haben. Er verglich die heutige Situation im Ortskern mit der von 1976 – damals wurden ähnliche Zahlen wie bei der Verkehrszählung 2010 ermittelt – 18.000 Fahrzeuge pro Tag. Nach Aufbereitung der Unterlagen seien Treffen mit den Bürgern wichtig, um zu entscheiden: „Was wollen wir eigentlich? Wie soll sich die Gemeinde in den nächsten 30 Jahren entwickeln?“ Einen Kompromiss müsse man zudem in Sachen „Straßendorf“ und „Wohngemeinde“ finden – Breitengüßbach sei nun einmal beides.
Auch Bernhard Pfister (Mitte) und Franz Schumm äußerten ihre Ansichten.
Franz Schumm, der vierte im Bunde, dessen Kandidatur erst im letzten Moment bekannt wurde, sah die Probleme an ganz anderer Stelle: „Seit fünf Jahren wird diskutiert. Die Bürgerinitiative ist sich selbst nicht einig, was passieren soll.“ Er stellte eine persönliche Kostenschätzung vor, nach der ein Komplettausbau der Straße im Falle der Abwertung zur Ortsstraße, inklusive Kanal und aller sonstigen Arbeiten, der Gemeinde etwa 20 Millionen Euro kosten würde. Für jeden Bürger sah er, bei einer angenommenen Grundstücksgröße von 750 Quadratmetern, mögliche Kosten von 30.000 Euro. „Jeder jammert herum, dass nichts vorwärts geht. Deshalb habe ich mich als Bürgermeisterkandidat aufstellen lassen. Ich bin gegen einen Vollausbau mit Parkbuchten, Bäumen und so weiter.“
Danach konnten die Bürger ihren Fragen stellen. Thema war zum Beispiel die Frage nach den Unterhaltungskosten für eine solche Straße. Angesprochen wurde auch, dass die Gemeinde durch die Übernahme der Straße eine Ablöse vom Bund erhalte und erst einmal gar nichts investieren müsse – außer vielleicht dem Einziehen von Parkstreifen.
Der Pfarrsaal war bis auf den letzten Platz besetzt.
Johannes Michel
Weitere Statements der Bürgermeister-Kandidaten finden Sie unserem Nachrichten-am-Ort-Video… (Tipp: Wollen Sie das Video in HD-Qualität sehen? Dann klicken Sie im unteren Bereich des Videos einfach auf das Einstellungsrädchen und wählen 720p HD aus…).