Im Titelbild: Der Eingangsbereich zur Unterführung von der Westseite aus gesehen.
Bahnhof. Mit diesem Begriff verbinden viele Pendlerinnen und Pendler und Reisende allgemein oft wenig Positives. Vor allem die Zugänge sind meist wenig einladend. In Breitengüßbach ändert sich das gerade. Und die Neugestaltung der Bahnunterführung wirft auch eine Frage auf.
Warum macht man das nicht gleich so? Kunst, Farben, Licht – statt grauem Beton und dürftiger Beleuchtung? Diese Frage stellten sich viele der Besucherinnen und Besucher beim Termin „Triff den Künstler“, zu dem die Gemeinde Breitengüßbach am 2. September 2025 geladen hatte. Denn gerade ist Oliver Schwan aktiv und gestaltet die Bahnunterführung und auch den Aufgangsbereich zu den Gleisen komplett neu.
Dazu fand im Vorfeld ein Wettbewerb statt, bei dem sich die Ideen von Schwan gegen mehrere andere Einsendungen durchsetzten. Im Konzept nannte er sein Kunstwerk „Weg zur Heimat“. Es soll das Selbstverständnis von Breitengüßbach aufgreifen, als einen Ort, der Tradition und Zukunft verbindet und an dem sich Menschen geborgen fühlen. Die Leitmotive sind Lebensfreude, Kindheit und Naturverbundenheit, Gemeinschaft sowie Kultur und Genuss. Formal orientiert sich die Arbeit an einer warmen, natürlichen Farbwelt, die aus den Tönen des Gemeindewappens entwickelt und um Grün- und Blaunuancen ergänzt wurde. Große, klare Farbflächen, handschriftliche Akzente und eine reduzierte Bildsprache sorgen für gute Orientierung, eine freundliche Atmosphäre und einen robusten Auftritt, der auch im Alltag mit viel Publikumsverkehr funktioniert.
Künstler Oliver Schwan
Motive mit Wiedererkennungswert
Für ein stimmiges Gesamtbild wurde die Gestaltung über die Unterführung hinaus in die Zugangsbereiche zu den Bahnsteigen weitergeführt. Und das war nicht selbstverständlich, wie Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder erklärte. Denn für den Aufgang zu den Gleisen ist die Deutsche Bahn zuständig, für den Rest der Unterführung dagegen die Gemeinde Breitengüßbach. Die Überzeugungsarbeit von Rebecca Haas aus dem Architekturbüro Obrusnik, das die Gemeinde städtebaulich begleitet, habe sich aber gelohnt. So verbleiben keine grauen Betonbereiche mehr – und es werden, da ist sich Schwan sicher, auch weniger Anreize geboten, Schmierereien und andere Graffitis anzubringen.
Die Neugestaltung bezieht auch die Außenwände der Unterführung mit ein. Wer genau hinschaut, wird in vielen Bereichen Motive entdecken, die typisch für Breitengüßbach sind – von Gebäuden bis hin zu Verweisen auf lokale Angebote und die Vereinstradition. Hier hatte sich Schwan deutlich intensiver mit Breitengüßbach auseinandergesetzt als die anderen Teilnehmer des Wettbewerbs. Auf Schwan gestoßen war Edith Obrusnik, die ein Kunstwerk von Schwan in Nienburg (Weser) entdeckt hatte.
Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigt insbesondere, dass sich in Sachen Helligkeit einiges tun wird. Noch ist das LED-Band ein Provisorium, die alten Leuchten werden aber nicht zurückkehren.
Unterwegs mit VR-Brille
Technisch ist die Arbeit von Oliver Schwan ebenfalls interessant. Der Hintergrund wird gestrichen, dann bringt er die Grundzüge der Motive mithilfe einer VR-Brille auf – und am Ende wird mit Graffiti ausgemalt. Diese Technik spart viel Zeit, ansonsten wäre er, wie er berichtet, hier monatelang beschäftigt. Denn der Umfang des Kunstwerks ist enorm. Bewusst setzt er auf verlaufende Farben und verwendet Graffiti-Sprühdosen aus speziellen Geschäften für Künstlerbedarf. Ein ganzer blauer Sack leerer Dosen sei hier schon angefallen, so Schwan.
Noch ist das Kunstwerk nicht ganz fertig. Und auch die Beleuchtung in der Unterführung ist erst einmal nur provisorisch. Lange aber wird es nicht mehr dauern, dann dürfte Breitengüßbach, zumindest im Untergrund, den schönsten Bahnhof der Region haben. Mit einer Unterführung, die vor allem nachts nicht mehr abschreckt.
Viele Fotos von der Aktion „Triff den Künstler“ finden Sie in unserer großen Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der Ecke oben wählen).
