„Was die EU im Großen versucht, setzen wir hier im Kleinen um“

Mit dem Lied „Nimm Dir Zeit zu leben“ stimmte der Gesangverein Sängerlust die geladenen Gäste auf den Neujahrsempfang der Gemeinde im Haus der Kultur – ehemalige Synagoge ein. „Wie ein Chorleiter die Sänger harmonisch klingen lässt, so ist es die Aufgabe des Dirigenten einer Gemeinde, im Ort ein harmonisches Miteinander hervorzurufen.“ So begrüßte Bürgermeister Manfred Deinlein die Anwesenden.

Daraufhin gab er symbolisch den Dirigentenstab an den Leiter des Landkreises weiter, damit Landrat Hans Kalb die aktuelle „Stimmung“ darstellen sollte. 2019 wird die Bundesrepublik Deutschland 70 Jahre und die erste Bayerische Verfassung, auch Bamberger Verfassung genannt, 100 Jahre. Finanziell gehe es den Menschen gut, im Landkreis, in Bayern und in Deutschland, fügte der Redner hinzu, „allerdings herrscht in der Gesellschaft eine so große Unzufriedenheit wie noch nie“. Erarbeiteter Wohlstand schürt die Angst, wieder in Armut zu verfallen, so lauten die Umfragen. „Die große Anzahl der Asylbewerber verursachen eine ungute Situation“, beschrieb der Landrat die derzeitige Lage. Dabei stünden viele Änderungen bevor: „Wir waren stolz auf ein vereintes Europa, und plötzlich drohen Teile wegzubrechen“. Es handele sich nicht nur um den Brexit, auch die Demokratie in Polen, wo der Landkreis eine Partnerschaft besitzt, gerät ins Wanken.

Daher lobte der Politiker, dass die Gemeinde Reckendorf mit der VG Baunach landkreisübergreifend in die Baunach-Allianz eingetreten ist, um Synergieeffekte nutzen zu können. Gleichheit, Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, Freiheit und Anstand, das seien die Werte unserer Gesellschaft. Die Menschenwürde ist unantastbar, so ist es auch im Grundgesetz verankert. Mit dem Hinweis auf die ehemalige Synagoge, in welcher der Neujahresempfang stattfand, und auf die zahlreichen ehemaligen jüdischen Mitbewohner, welche Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund der Ausübung einer anderen Religion vertrieben, verfolgt und ermordet wurden, ist es die Aufgabe der jetzigen Generation, den Frieden in die Gemeinschaft hineinzutragen, so schloss der „Chorleiter“ des Landkreises und übergab symbolisch den Dirigentenstab zurück an Ersten Bürgermeister Deinlein.


Kaplan P. David Susai, 2. Bürgermeister Erwin Wahl, Landrat Hans Kalb, Vorsitzender der Baunach-Allianz und Bürgermeister Jürgen Hennemann (Ebern), Philipp Zahner, Hannelore Zajonz, MdB Andreas Schwarz, Rudolf Ellner, Walter Hawly und 1. Bürgermeister Manfred Deinlein

Dieser begrüßte seinen versammelten Chor: die beiden Bürgermeister mit den Gemeinderäten, die Leitung der Johanniter Kindertagesstätte Kinderinsel, Angela Eckschmidt, den Leiter des AWO-Schülerhortes St. Nikolaus, Alexander Lichy mit Geschäftsführer der AWO Bamberg, Werner Dippold, sowie MdB Andreas Schwarz, dann den Dirigenten der SPD-Kreistagsfraktion, Bürgermeister Jonas Merzbacher (Gundelsheim) und die Vereinsvorstände „in mehreren Stimmlagen“, die Altersgruppe der Volljährigen und Rentner. Vor allem letztere ermunterte er, sich bei den kommenden Kommunalwahlen 2020 mit einzubringen, sei es mit neuen Ideen, Kraft oder jahrelanger Erfahrung und Sachverstand. Nur so könnten gute Ergebnisse für das gemeinsame Wohl erzielt werden, forderte das Gemeindeoberhaupt auf.

Mit der Befreiung von Leningrad vor 75 Jahren und von Ausschwitz vor 74 Jahren erinnerte Deinlein an die furchtbaren Ereignisse, die während des Zweiten Weltkrieges von Deutschland ausgingen. Von dem Terrorregime, das damals regierte, konnte sich das Volk nicht aus eigener Kraft befreien.

Umso wichtiger ist die Tatsache, dass mittlerweile mit den Nachbarn – u.a. Frankreich und Polen –, welche damals geholfen hatten, die Unterdrückung aufzuheben, eine Freundschaft geschlossen werden konnte. Deutschland wurde in die EU aufgenommen, und wird dort geschätzt. Daher erfolgte der Aufruf des Politikers, bei der kommenden Europawahl im Mai, die Stimme für ein Vereintes Europa abzugeben. „Was die EU im Großen versucht, setzen wir hier im Kleinen um“, und damit begrüßte das Gemeindeoberhaupt den Ersten Vorsitzenden der Baunach-Allianz, Bürgermeister Jürgen Hennemann aus Ebern. Mit den letzten Gemeinderatsbeschlüssen einigte man sich auf die Errichtung eines einheitlichen Leerstandsmanagements zur Wiederbelebung des Altortbereichs sowie die Anlegung eines Kernwegenetzes über das gesamte Allianzgebiet.

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Die Ereignisse des vergangenen Jahres wurden vom Ersten Bürgermeister kurz zusammengefasst: Die Sanierung des Kirchturms erfolgte mittels sechsstelliger Summe, da die politische Gemeinde die Unterhaltslast dafür trüge. Für die Feuerwehr wurde ein neuer Mannschaftstransportwagen angeschafft, um den Brandschutz im Ort zu gewährleisten. Die Einrichtung der Kindertagesstätte im Alten Kindergarten, Investitionen in die Kläranlage, ein Nachbarschaftstag im Ort zum besseren gegenseitigen Kennenlernen sowie die Entscheidung für ein integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept erfolgte im Jahr 2018. „Denn man müsse wissen, wohin wir gehen, und die Vergangenheit kennen, um neue Wege gehen zu können“, so erinnerte der Bürgermeister die Gäste: „Alle Stimmen müssen zusammenstimmen, damit ein guter Chor entsteht.“

Die Vorhaben für 2019 würden sich, nach seinen Worten, auf eine Erweiterung des Leichenhauses belaufen, damit bei schlechter Witterung die Trauernden geschützt werden. Zwei städtebauliche Maßnahmen, nämlich die Errichtung einer Querungshilfe am südlichen Ortseingang (Bergweg) und die Renovierung der Bahnhofstraße jenseits der Gleise, stünden bevor. Hervorgehoben wurde die Neugestaltung des Kinderspielplatzes bei der Kindestagesstätte (Alte Kindergarten), für den sich der Caritas-Förderverein für Kinder- und Jugendarbeit e.V. hauptsächlich verantwortlich zeigte. Nötig waren zahlreiche Helferstunden und finanzielle Mittel in Höhe von 60.000 Euro.


Der gemischte Chor des Gesangvereins Sängerlust umrahmte den Neujahrsempfang im „Haus der Kultur – ehemalige Synagoge“ in Reckendorf.

Der Wunsch für die Zukunft, so der Bürgermeister, sei in der Etablierung Pflegebedürftiger, welche hier vor Ort eine Betreuung finden sollten. Die vor einem Jahr angekündigte Ansiedlung einer Arztpraxis habe sich leider zerschlagen, bedauerte der Redner, um schließlich zu den bevorstehenden Ehrungen zu schreiten.

Mit Urkunden wurden gewürdigt: Walter Hawly für 60 Jahre und Rudolf Ellner für mehr als 50 Jahre Mitgliedschaft und aktivem Dienst bei der BRK-Bereitschaft Sanitätskolonne Baunachtal. Philipp Zahner für einen hervorragenden Realschulabschluss mit der besten Leistung in Betriebswirtschaft sowie Hannelore Zajonz für 28 Jahre Tätigkeit beim Wasserzweckverband der Reckendorfer Gruppe.

Nach dem Gospellied „O happy Day“ begrüßte Deinlein, den Vertreter der Pfarreiengemeinschaft St. Christophorus, Kaplan P. David Susai, mit den Worten: „Das Beste kommt zum Schluss“ und erbat von ihm für die Versammelten Gottes Segen im kommenden Jahr.

Vor Beginn des gemütlichen Teils übergab Physiotherapeut Alexander Sachnov zur Neugestaltung des Spielplatzes eine Geldspende in Höhe von 500 Euro. Diese war anlässlich der Einweihungsfeier seiner Praxis für Physiotherapie nach Umzug in neue Räumlichkeiten im Gewerbegebiet zusammengekommen. „Gerade der Bewegungsmangel bei Kindern ist erschreckend“, so stellte der Physiotherapeut fest, „so dass er ihnen eine Freude bereiten wollte“. Es sei zwar nicht viel, so meinte Alexander Sachnov, aber vielleicht würden noch andere seinem Beispiel folgen.


Spendenübergabe: Erster Bürgermeister Manfred Deinlein, Physiotherapeut Alexander Sachnov sowie Zweiter Bürgermeister Erwin Wahl

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