Vergissmeinnicht und eine Lichtprojektion zum Gedenken

Am 24. Oktober wird in Reckendorf eine Lichtprojektion mit Terry Swartberg zu sehen sein. Und parallel läuft zum zweiten Mal die Ausstellung „Vergissmeinnicht“ über das Schicksal jüdischer Kinder in der Zeit des Nationalsozialismus.

Seit dem Jahr 2021 erinnert Terry Swartzberg, der in München lebt und sich unter anderem für das Stolpersteine-Projekt engagiert, im öffentlichen Raum mit der Initiative „Faces for the Names“ an NS-Opfer. Dabei werden deren Fotografien großformatig an die Außenwand prominenter Gebäude projiziert. In die Reihe dieser Gebäude wird sich am 24. Oktober die Reckendorfer Pfarrkirche einreihen. Um 18 Uhr wird der Abend in der Synagoge eröffnet, wo aktuell die Ausstellung „Vergissmeinnicht“ zu sehen ist. Die machte im Frühsommer des Jahres 2017 bereits einmal hier Station – sie erneut zu zeigen, ist aber gerade aktuell wichtig.

Daher hatte die Gemeinde Reckendorf am 15. Oktober zu einer offiziellen Ausstellungseröffnung eingeladen. „Was werde ich mal? Auch die jüdischen Kinder hatten Träume – ihr Umfeld hat aber alles vernichtet“, sagte Bürgermeister Manfred Deinlein zur Begrüßung. „Nirgends wird Geschichte deutlicher als beim Blick auf diese Kurzbiografien.“

Stolpersteine

Das Projekt „Stolpersteine“ ist eine dezentrale Gedenkinitiative, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Es handelt sich um kleine, in den Boden eingelassene Messingplatten, die vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Verfolgten verlegt werden. Jede Stolpersteine trägt den Namen, das Geburtsdatum sowie das Schicksal der betreffenden Person, zum Beispiel Deportation oder Ermordung. Im Jahr 2023 gab es über 75.000 Stolpersteine in mehr als 1.800 Städten in Europa.

Bürgermeister Manfred Deinlein bei der Begrüßung in der alten Synagoge.

Auch international unterwegs

„Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen. Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“ Dieses Zitat des italienischen Schriftstellers und Holocaust-Überlebenden Primo Levi taucht am Abend mehrfach auf. Daniel Heß vom Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern, der zusammen mit Schülerinnen und Schülern eines P-Seminars die Ausstellung vor sieben Jahren erarbeitet hat, stellte diese genauer vor. 2015 wurde er spontan von der Geschichtsforscherin Cordula Kappner aus Haßfurt gefragt, ob er sich vorstellen könnte, mit Schülerinnen und Schülern eine Ausstellung zu den Schicksalen jüdischer Kinder aus der Region zu erstellen. Die waren schnell gefunden – und von Februar 2016 bis Januar 2017 konnte das Vorhaben umgesetzt werden. Viele Kartons mit Material wurden gesichtet, zusammengefasst – und textlich sowie optisch aufbereitet.

Nach der Eröffnung der Ausstellung am 13. Januar 2017 Eberner Gymnasium war sie an vielen Orten in der Region zu sehen, auch in Reckendorf. Und schnell zog sie weitere Kreise – und wurde schließlich sogar in einer englischen, portugiesischen, italienischen und hebräischen Version gezeigt. 2018 bekamen die Macher in München den Simon-Snopkowski-Preis verliehen. „Cordula Kappner war zunächst der Meinung, dass die Schicksale niemanden außerhalb Unterfrankens interessieren würden. Das war eine Fehleinschätzung“, so Heß.

Daniel Heß stellte die Ausstellung vor.

Viel lob für die Arbeit der Schülerinnen und Schüler gab es auch schon mal vom ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck bei der Preisverleihung zum Simon-Snopkowski-Preis.

Zu Gast war auch die damalige Schülerin Johanna Demling aus Reckendorf, die es aus heutiger Sicht als eine prägende Erfahrung bezeichnete, mitgewirkt zu haben. „Mir wurde bewusst, dass das alles nicht irgendwo, sondern bei uns vor der Haustür passiert ist.“ Und Heß ist sich sicher: „Mit unserer Arbeit leisten wir einen kleinen Beitrag, sich mehr für dieses fragile Gebilde der deutschen Demokratie einzusetzen. Vieles ist für uns selbstverständlich geworden, nicht selten schauen wir mit einer gewissen Arroganz auf Entwicklungen weltweit – ohne uns bewusst zu machen, dass wir auch hier kämpfen müssen, um die Errungenschaften unserer Vorväter und -mütter zu bewahren.“

Auch die ehemalige Schülerin Johanna Demling berichtete über die Arbeit an der Ausstellung.

Bis zum 8. November gastiert die Ausstellung in Reckendorf. Bei Interesse öffnet die alte Synagoge ihre Türen zur Besichtigung – Ansprechpartner ist Bürgermeister Manfred Deinlein, der gut per E-Mail unter buergermeister@reckendorf.de zu erreichen ist. Und am Abend des 24. Oktober wird sie natürlich ebenfalls zu besichtigen sein.

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