Es klingt ein wenig wie aus einem Groschenroman: Da wandert ein französischer Bürgermeister den Main entlang und übernachtet in einem Zapfendorfer Gasthaus. Der dortige Wirt ist ein leutseliger Mann, früher selbst lange Zeit Gemeinderat, und so kommt man darauf, dass Zapfendorf und der elsässische Ort Kilstett nicht nur annähernd gleich groß sind, sondern auch sonst viele Gemeinsamkeiten haben. Eine davon ist das tragische Schicksal in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges, in denen beide Ortschaften nahezu vollständig zerstört wurden. Monate später, im Jahr 2011, begründen beide Ortschaften eine Gemeindepartnerschaft, die sich seither Stück für Stück mit Leben füllt.
Dementsprechend Anklang fand eine Einladung in das Elsass, mit den Krieger- und Soldatenkameradschaften an den jährlichen Gedenkfeiern zur Schlacht um Kilstett am dortigen Ehrenmal teilzunehmen. Kilstett liegt zwischen Straßburg und dem Rhein etwa auf Höhe der Maginot-Linie, also sehr nahe der deutschen Grenze. Als Hitler im Januar 1945 die Operation „Nordwind“ befahl, mit der die verloren gegangenen Gebiete und insbesondere die symbolträchtige Stadt Straßburg zurückerobert werden sollte, kam Kilstett zwischen die Fronten.
Die Schlacht um Kilstett
In der Woche nach dem 19. Januar 1945 kamen in der näheren Umgebung fast 2.000 Soldaten, davon nahezu 1.200 Deutsche, ums Leben. In Kilstett blieb kein Stein auf dem anderen. Aus diesem Grunde wird dort der Gedenktag jährlich mit großem militärischem Zeremoniell begangen. Neben den zahlreichen französischen Veteranenvereinigungen nehmen unter der Leitung eines französischen Oberst auch Heeres- und Marinesoldaten der damals beteiligten Nationen Frankreich, Algerien und USA teil. Erstmals wurden mit einer Delegation des Eurocorps auch deutsche Soldaten und durch die Städtepartnerschaft auch deutsche Kriegervereine eingeladen.
Bürgermeister Muller (Kilstett) und die Gemeinderäte Söhnlein und Schuhmann bei der Niederlegung einer Blumenschale des Marktes Zapfendorf.
So entsendete der Gemeinderat unter Führung von Georg Söhnlein Fahnenabordnungen aus Zapfendorf, Kirchschletten, Ober- und Unterleiterbach. Nicht nur das militärische Zeremoniell, bei dem auch die deutsche Hymne erklang (Bürgermeister Muller aus Kilstett: „Wir dürfen nie vergessen, dass auch sehr viele deutsche Soldaten hier ihr Leben lassen mussten“) gestaltete sich sehr emotional und herzlich. Selbst ehemalige Kriegsteilnehmer, die viele ihrer Freunde in der Schlacht hatten fallen sehen, suchten das Gespräch und den Austausch mit den deutschen Gästen.
Der Elsass war schon immer besonders
Das wurde besonders deutlich aus den Worten eines Kilstetters, Jahrgang 1936. „In meinen ersten drei Jahren wuchs ich französischsprachig auf. Ich konnte noch nicht richtig reden, da musste ich sechs Jahre lang deutsch sprechen. Auch das konnte ich noch nicht richtig, da musste ich wieder französisch reden. Heute rede ich privat meistens elsässisch.“
Nachdem es schon am Vorabend viele private Gespräche gegeben hatte, gab es Mittags noch einmal einen Empfang im Kulturzentrum. Anschließend fuhr man mit ortskundigen Führern aus Kilstett nach Straßburg, um sich die Stadt zeigen zu lassen. Im Gegenzug existiert bereits eine Einladung an Kilstett für den 1. April, wenn in Zapfendorf das Mahnmal zur Erinnerung an den verheerenden Bombenangriff vom 1. April 1945 eingeweiht werden soll.
Teilnehmer der Zapfendorfer Delegation bei der Stadtbesichtigung in Straßburg.
Armin Morgenroth
Mehr über die Partnerschaft zwischen Zapfendorf und Kilstett finden Sie in unseren weiteren Artikeln…