Es geht um das Tun, nicht um das Siegen

Konstantin Wecker, Liedermacher und Autor, betritt die Bühne. Weinrote Hose, Sakko, Hemd über der Hose, weißes Brillengestell. Manchmal müsse auch er aufpassen, sich nicht jünger zu machen als er eigentlich sei, sagt er. 70 wird er im kommenden Jahr. Aber erst einmal ist Wecker der Abschluss des Bamberger Literaturfestivals. Und das Publikum in Baunach feiert ihn.

„Ich habe heute drei Bücher mitgebracht. Es wird also sicher 1.00 Uhr.“ Konstantin Wecker begrüßt das Publikum im Baunacher Bürgerhaus Lechner Bräu. 300 Gäste sind gekommen. Sie erwarten insbesondere Gedichte, Poesie – so stand es in der Ankündigung. Wecker aber hat auch anderes vor. Er will viel aus seiner Autobiografie „Die Kunst des Scheiterns“ lesen. „Eigentlich fühlte ich mich zu jung für eine Biografie“, erklärt er, dennoch seien die Niederlagen im Leben die entscheidenden Momente gewesen. „Immer, wenn ich selbstherrlich wurde, habe ich eine auf den Deckel bekommen.“

Und so rezitiert Wecker einige entscheidende Stellen aus dem 2007 veröffentlichten Buch. Es geht um seine Kindheit, in der er, ganz im Gegensatz zum damaligen Trend, antiautoritär erzogen wurde. Dennoch sei er oft von zu Hause ausgerissen, vielleicht auch, weil er vor der Schule flüchten wollte. „Wir hatten damals viele Alt-Nazis als Lehrer.“ Wecker sagt auch, dass aus seiner Sicht der Nationalsozialismus niemals möglich gewesen wäre, wenn die Kinder zu Anfang des 20. Jahrhunderts nicht so erzogen worden wären wie es eben üblich war. Und durch Antiautorität kam Wecker auch zur Musik. „Mein Vater war Opernsänger, leider nicht sehr erfolgreich“, erzählt er. Gezwungen wurde er zu nichts, er entdeckte die Liebe zur Musik selbst. „Jungen Menschen muss man Wissen und Interesse vermitteln ohne pädagogische Hintergedanken.“

Konstantin Wecker Bamlit Baunach 2016 (2)
Konstantin Wecker auf der Bühne im Baunacher Bürgerhaus.

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Kein Politiker, aber politisch

Vieles in Weckers Leben ist nicht nach Wunsch verlaufen. Die große Flucht von zu Hause, zusammen mit einem Freund und 30.000 gestohlenen D-Mark in der Tasche, ging schief, er landete im Gefängnis – mit 19 Jahren. Wie sein Vater einmal bemerkt habe: „Zwischen Künstler und Verbrecher liegt nur ein ganz schmaler Spalt. Scheinbar taugst du nicht zum Verbrecher.“ Von seiner Karriere und dem Durchbruch Ende der 1970er Jahre spricht Wecker wenig. Wichtig ist ihm, dem Publikum Denkanstöße mitzugeben. „Nicht von oben, sondern von unten musst du kommen“, zitiert Wecker aus seiner Autobiografie. Und: „Es geht um das Tun, nicht um das Siegen.“ Deshalb sei für ihn auch entscheidend, sich zu engagieren, ohne gleich die Ergebnisse, die Erfolge zu sehen.

Zum Schluss liest Wecker dann doch noch ein paar Gedichte und singt auch für das Baunacher Publikum, das er konsequent den ganzen Abend duzt. In seiner Zugabe schwingt erneut das „Zoon politikon“ mit, das politische Wesen Weckers. Er trägt einen Blogeintrag vor, den er im November 2015 veröffentlicht hat und in dem er sich gegen den Fremdenhass und für die Flüchtlinge einsetzt. Ja, er sei ein „Gutmensch“, und vielleicht auch ein „linksgrünversiffter Altachtundsechziger“. Aber eben auch Pazifist, Humanist, Antifaschist, radikaler Demokrat – und Mensch.

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Ein Kommentar

  1. Das 1. Bamberger Literaturfestival war eine sehr gelungene Idee, ein großer Erfolg.
    Egal ob Donna Leon in der Konzerthalle, Doris Dörrie im Kulturboden oder Konstantin Wecker im Baunacher Bürgerhaus – alles waren gelungene Veranstaltungen. Hoffentlich wird dies nächstes Jahr wiederholt.

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