Eine Woche nach Amtsantritt durfte die neue Breitengüßbacher Bürgermeisterin Sigrid Reinfelder ihre erste Gemeinderatssitzung leiten. Eröffnet wurde sie jedoch von Alois Ludwig, bis dahin noch Zweiter Bürgermeister der Gemeinde. Anschließend wurde Reinfelder vereidigt, die Wahl von Ludwigs Nachfolger stand an und es gab einen Rücktritt vom Rücktritt.
Als ältestes Gemeinderatsmitglied hatte Ottmar Geuß (CSU) die Ehre, Sigrid Reinfelder den Amtseid abzunehmen. Im überfüllten Sitzungssaal, der bereits 20 Minuten vor Beginn der Sitzung bis auf den letzten Platz besetzt war, stellte sich Reinfelder danach dem Gemeinderat und den Zuhörern vor. „Ich sehe das Amt als große Ehre, aber auch als große Verpflichtung“, sagte sie. Außerdem forderte sie die Zuhörer auf, immer aktiv auf sie zuzukommen – allein die Vielzahl der Erschienenen bestärke sie. „Ich möchte das Amt mit Respekt und voller Kraft ausüben und über Parteigrenzen hinweg eine gute Zusammenarbeit zum Wohle der Gemeinde erreichen.“
Deutliche Mehrheit: Ottmar Geuß wird Zweiter Bürgermeister
Nach Reinfelders Vereidigung stand auch die Wahl eines neuen Zweiten Bürgermeisters auf der Tagesordnung. Alois Ludwig hatte nach seiner Niederlage bei der Bürgermeister-Stichwahl vom 17. März 2013 verkündet, das Amt aus familiären und beruflichen Gründen, und um einem Neuanfang nicht im Wege zu stehen, niederzulegen. Zur Wahl vorgeschlagen wurden Ottmar Geuß (CSU) und Gerhard Fleischmann (Freie Wählergemeinschaft Unteroberndorf, FWU). Bei der geheimen Wahl erhielt Geuß 13 der 17 Stimmen und ist damit neuer Zweiter Bürgermeister der Gemeinde Breitengüßbach.
Sigrid Reinfelder wurde als Bürgermeisterin vereidigt. Zur Seite steht ihr…
…Ottmar Geuß (2. von rechts) als Zweiter Bürgermeister.
Anschließend wurden, als Nachfolger des ehemaligen Bürgermeisters Reiner Hoffmann, Dr. Harald Schuberth (SPD) als Aufsichtsrat und Paul Förner (Wählergemeinschaft Hohengüßbach, WGH) als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Entwicklungsgesellschaft Breitengüßbach (EGB) gewählt. Einem Antrag des Bauunternehmens Pfister auf Errichtung und Betrieb einer DK 0-Inertabfalldeponie auf Grundstücken in der Gemarkung Zückshut stimmte der Gemeinderat ebenfalls zu. Eine solche Deponie existiert an gleicher Stelle bereits, muss aber vergrößert werden, da es im Landkreis Bamberg keine anderen Ablagerungsmöglichkeiten gibt. Die Deponie wird nur von der Firma Pfister genutzt, pro Tag fahren zwei bis drei LKWs.
Alois Ludwig (links) wurde aus dem Amt als Zweiter Bürgermeister verabschiedet.
Rücktritt vom Rücktritt und Klage über Medienbericht
Interessant wurde es unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“. Die Gunst der Stunde beziehungsweise der vielen anwesenden Zuhörer nutzten viele Gemeinderäte für Anfragen. Hierbei ging es insbesondere um Straßensanierungen und die Ampelsituation am Gewerbepark. Geprüft werden solle, so Geschäftsstellenleiter Stefan Neubauer, der Anbau einer Rechtsabbiegerspur an der Ausfahrt des Gewerbeparks.
Ottmar Geuß verlas eine persönliche Stellungnahme in Bezugnahme auf die Sitzung vom 19. März 2013. Nach heftiger Diskussion, ausgelöst von einer Rücktrittsforderung durch den Gemeinderat Bernhard Milsch (Freie Wählergemeinschaft Zückshut, FWZ), hatte Geuß sein Amt als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses niedergelegt. In den Tagen danach seien er und seine Familie vielen Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Insbesondere wies er auf einen Zeitungsbericht der Lokalzeitung Fränkischer Tag hin. Entgegen der Behauptungen läge kein schuldhaftes Verzögern der Prüfung der Jahresrechnungen 2010 und 2011 vor. Vielmehr sei dies auf die langwierige Prüfung der Rechnungen aus 2009 zurückzuführen, besonders aufgrund der Beteiligungen an der Entwicklungsgesellschaft und der Bioenergie. Die Prüfung der Jahresrechnungen 2012 sei erst ab Mitte 2013 möglich, eine Verabschiedung des Haushalts 2013 hänge nicht von dieser Prüfung ab. Seinen Rücktritt vom Amt des Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses nahm Geuß zurück. Jeder Bürger der Gemeinde habe zudem die Möglichkeit, Einblick in die Haushaltssatzung und die Jahresrechnungen der Vorjahre zu nehmen.
Bernhard Milsch gab sich mit dieser Stellungnahme nicht vollständig zufrieden, entschuldigte sich aber, falls seine Anschuldigungen zu persönlich aufgefasst worden seien. Geuß nahm diese Entschuldigung an.
So voll war der Sitzungssaal in Breitengüßbach wohl noch nie.
Johannes Michel
Zeigt der Rücktritt vom Rücktritt Charakterstärke oder Schwäche? Wenn der langjährige Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses auf eine persönliche Frage „überfordert“ wirkt und deshalb spontan öffentlich zurück tritt, so zeigt er doch Unsicherheit/Verlegenheit? Fragt sich deshalb, ob er nunmehr daneben besonders gut für das Amt des 2. Bürgermeisters geeignet zu sein scheint? Darf er deshalb den Rechnungsprüfungsvorsitz auch weiterhin wahrnehmen und prüft er ggf. im Vertretungsfall seine eigenen Anordnungen? Details einer Amtsführung können wohl nur aus der Sichtung der Belege gewonnen werden. Die Zahlenwerke der Haushaltssatzung und die der Jahresrechnung ergeben keine prüfungsrelevanten Aufschlüsse. Insofern sind die Aussagen des bisherigen Vorsitzenden („Rücktritt vom Rücktritt“) und weiterhin amtierenden Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses und neu gewählten 2. Bürgermeister nicht ganz zutreffend.
Es stellt sich für die unbeteiligten Zuschauer/innen aus deren Erkenntnissen die Frage, auch ohne eine mathematische Begabung, ob hier zu beiden Wahlvorgängen eine „klassische Wahlabsprache“ der beiden „Volksparteien statt fand?
Bedauerlicher Weise wurde dabei die neue 1. Bürgermeisterin, von einem Sitz im Aufsichtsrat der Entwicklungsgesellschaft Breitengüßbach (stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, bei 49% Beteiligung der Gemeinde), ausgeschlossen. So schaut in Breitengüßbach eben ein Neubeginn aus. So haben wenigsten die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde, als auch die des Landkreises zu Bamberg, entsprechenden weiteren Gesprächsstoff. Man darf dabei gespannt auf die Ergebnisse der Kommunalwahl 2014 hoffen.