In Hallstadt wurde „zünftig“ gefeiert

Gemäß dem Leitspruch „Gott schütze das ehrbare Handwerk“ begannen die Jubiläumsfeierlichkeiten der Maurer- und Bauhandwerker-Zunft zum 150-jährigen Jubiläum in der St.-Kilians-Kirche mit einer ökumenischen Andacht, gehalten von der evangelischen Pfarrerin Susanne Wittmann-Schlechtweg und Pfarrvikar Dieter Lankes.

Dieser erinnerte sich in der Predigt an den Berufswunsch eines Kindes: „Wenn er erwachsen ist, dann werde er Gott! Er werde zwei Werkstätten haben, eine Autowerkstätte und eine Holzwerkstatt; denn wer alles reparieren kann, der kann alles. Der ist wie Gott.“ Doch was habe ein Kinderwunsch mit dem realen Leben zu tun? Das Kind hat intuitiv begriffen, dass Worte allein hilflos machen, so der Seelsorger, wenn man niemanden hat, der es umsetzt. Denn die Welt besteht aus Materie, und wer etwas schaffen könne, ist wie Gott!

Nach dem Blick in die Vereinschronik, so Pfarrvikar Lankes, werde es für ihn deutlich: „Handwerk und Kirche – wir brauchen einander, und zwar auf eine gute Weise. Die Manifestation des Glaubens, unsere Kirchengebäude, bestehen aus Stein, Holz oder Beton“. Der Sonntagsgottesdienst bilde nicht mehr den Kern des Glaubens, aber was wären die Orte ohne Kirchen?

Der Seelsorger kam auf das Bild des Kindes zurück und fasst zusammen: „Gott der Handwerker, der in seinen Werkstätten alles heil machen kann, was kaputt ist. ER baut sich seine Schöpfung, überlegt, was er braucht: Licht und Wasser, Erde und Pflanzen und Tiere, damit schafft er den Lebensraum, in dem Mensch und Tier gut leben können. Nach getanem Werk stellt er fest, dass es sehr gut gelungen sei. Doch es braucht Menschen, die das Werk instand halten, pflegen und warten. Jesus, der Zimmermann, übermittelt die Botschaft: Sorgt füreinander! Gott ist da! – Die Aufforderung zu einem neuen Lebensstil.“

Daher erinnerte Pater Dieter daran, dass man sich für die Schöpfung einsetzen solle. Die Geschichten über Gott und Jesus, den Zimmermann, sollen Mut machen, weiterzumachen, sich für die Schöpfung einzusetzen. Kirche und Handwerk brauchen einander. Eine Herausforderung sei es, zwischen Tradition und aktuellen Anforderungen zu vermitteln. Wie könne man Freizeit, Familie und Beruf vereinbaren? Wie können junge Leute ermutigt werden, in die Zukunft zu blicken und Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen? Die heutige Begegnung „Kirche und Handwerk“ müsse miteinander und füreinander fortgesetzt werden, appellierte Pater Dieter an die anwesenden Jubilare und Zuhörer.

Festkommers im Kulturboden

Nach der Weihe der Ehrennadeln und dem Fahnenband, welches Schirmherrin Melanie Huml, Staatsministerin a.D./MdL gestiftet hatte, sowie dem ökumenischem Segen begab sich die Fahnenparade, Stadträte und Stadträtinnen, die geladenen Vereinsvorstände und Abordnungen der Patenvereine in den Kulturboden der Marktscheune zum Festkommers.

Nach einem Imbiss wurde der Festakt durch das Balken-Klopfen von Georg Dotterweich, Stephan Schmuck und Günther Schmuck eingeleitet. Im Anschluss begrüßte der Erste Vorsitzende Josef Diller die Ehrengäste, insbesondere Schirmherrin Melanie Huml (MdL und Staatsministerin a.D.), welche aus tiefer Verbundenheit zu der Zunft ihres Vaters nicht gezögert hatte, das Amt zu übernehmen. Diller freute sich auch über die anwesenden Abordnungen der Zunft aus Gaustadt und Stegaurach. Von der Öffentlichkeit werde die Gemeinschaft durch ihre Aufführung des „schwebenden Dachstuhls“ zu besonderen Gelegenheiten, wie Kerwasumzügen, wahrgenommen. Nach dem Umbau der Zunftstube in der Fischergasse und der Einrichtung ihres Museums bildeten die Abhaltung der Michaeli-Feier und des Weinfests die Höhepunkte des Vereinsjahrs.

In kurz gehaltenen Grußworten wurden die aktuellen Herausforderungen erwähnt, welche neue Techniken hervorrufen. Erster Bürgermeister Thomas Söder wünschte sich ein Aufblühen des Handwerks. Mit Hinweis auf die hohe Qualität des Pfarrkirchenbaus, der schon über 700 Jahre im Ortsmittelpunkt stünde, resümierte er: „Jedes Mitglied sei wichtig!“ Als Dank und zum Stemmen der Kosten wurde von Seiten der Stadt ein Geschenk überreicht.

Schirmherrin Melanie Huml erinnerte an die essenzielle Existenz der Bauhandwerker, ohne die es keine Gebäude geben würde, in denen man leben könne. Von Kindesbeinen an sei sie mit der Zunft über ihren Vater, Mitglied und ehemaligem Berufsschullehrer, fest verbunden. Handwerker gebe es länger als 150 Jahren, doch das besondere an der Zunft ist die Wertegemeinschaft, mit der sie sich umgibt. Sie fußt auf Ausbildung und Wissen, entscheidet „das passt – das passt nicht“, und es werde in Gemeinschaft gelebt, solidarisch. Als Politikerin fragt sie: „Wo können wir helfen?“ Mit dem „Meisterbonus“ und Verbesserungen bei der Meisterprüfung sei ein Anfang gemacht worden. Der „Tag des Handwerks“ an allen weiterführenden Schulen, soll junge Leute für diese Arbeit begeistern.

Zusammenschluss im Jahr 1875

Das Jubiläumsjahr werde in Hallstadt in mehreren Etappen gefeiert. Angefangen hat es mit dem „Stärk-Antrinken“ am Dreikönigstag. Melanie Huml freue sich sehr auf das, was noch komme.

Als Obermeister der Bau-Innung Bamberg beteuerte Hubert Reinfelder, dass man die Handwerkstradition lebendig bewahren wolle. Hierzu bedarf man treue Mitglieder und den Schutz Gottes.

Sodann gab der erste Vorsitzende, Josef Diller, einen Überblick über die Gründung der Zunft im Jahre 1875. Deutschland habe sich bis dahin zu einer Industriegesellschaft entwickelt. Da man nicht wusste, wie es mit dem Handwerk weitergehe, erfolgte der Zusammenschluss. Mittlerweile habe man sich auch für andere Handwerksrichtungen, wie Elektro- oder Kfz-Handwerk, geöffnet, und aufgrund von familiärer Verbundenheit auch Personen aus dem Finanzwesen, Chemiker oder Verwaltungsangestellte aufgenommen. Doch der Nachwuchs fehle überall. Die Geschichte der vergangenen Jahre war in einer aktuellen Chronik zusammengetragen worden. Neben den Verdiensten von Ehrenvorstand Erwin Schlauch, wurde auch an die bereits verstorbenen Alois Zirkel und Adolf Ratschker gedacht.

Zünftiges Stammtischgespräch

Als eigentlicher Höhepunkt des Festkommers lud Diller neben Schirmherrin Huml und Innungsobermeister Reinfelder auch den Vertreter des Zunft-Patenvereins Stegaurach, Michael Lengenfelder (2. Vorsitzender), und den langjährigen Kassier Günther Schmuck zu einem zünftigen Stammtischgespräch dazu ein, auf der Bühne Platz zu nehmen. Die kurzweilige Moderation übernahm Zunftbruder Markus Zirkel.

Auf die erste Frage an Stammtisch-Schwester Huml, was sie mit der Zunft verbinde, testierte sie, dass es nicht nur die Bratwürste an der Michaeli-Feier waren. Beeindruckt hätte vielmehr der gemeinsame Auftritt in Tracht, die einheitliche Kleidung, Hüte und rote Halstücher.

Für Hubert Reinfelder sei es der Begriff „Schlitzohr“. Die Zunftmitglieder hatten einen Hänger im Ohr, und wenn man sich ungebührend verhalten hat, wurde der Hänger herausgezogen. Mittlerweile ist die 1901 in Gaustadt gegründete Zunft ein fester Bestandteil der Sandkerwa. Neben Aufführung des Zimmerer-Klatsches, sei man, nachdem das EVO keine Mannschaft mehr stellen konnte, nachgerückt, um den Baum aufzustellen.

Lengfelder erwähnte, dass es in Stegaurach zwei Zünfte gebe – noch. Neben dem Patron St. Michael der Maurer und Bauhandwerker haben die Zimmerer und Schreiner den hl. Joseph gewählt. Eine mögliche Fusion stehe im Raum, wenn zukünftig keine Mitglieder mehr gefunden werden. Bei den Kerwas-Umzügen unterstütze man sich gegenseitig.

Günther Schmuck erinnerte sich daran, als er in jungen Jahren den Mitgliedsbeitrag – viermal im Jahr eine Mark – in Hallstadt einkassieren musste, bis er den Antrag stellte, einmalig vier Mark einholen zu dürfen.

Vorstand Diller erklärte, dass der frühere Zunft-Frühschoppen mittlerweile mit dem Erntedankfest der Bauern und dem Fröhlichen Landmann zusammengelegt worden sei.

Die Bau-Innung, so Reinfelder auf Zirkels Frage zu den Aufgaben, stelle neue DIN-Vorschriften vor und halte regelmäßige Wirtschaftstreffen mit Verantwortlichen aus der Politik, den Bürgermeistern, und Tochtergesellschaften der Stadt Bamberg und des Landkreises ab. Der Kreishandwerksmeister (Manfred Amon) vertrete alle zwölf Innungen.

Was die Schirmherrin von KI und ChatGPT halte, komme bald der Befehl: „Bau uns ein Haus?“, wollte der Moderator von Huml wissen. Sie sei überzeugt, dass es Menschen braucht, die Hand anlegen, KI soll unterstützen. Die Menschen müssen das Wissen hierzu geben, wertebasiert und solidarisch bleiben.

Und Lengenfelder ergänzte nach 30 Jahre Erfahrung im Brauhandwerk: es gibt neue Techniken, aber im Handwerk wird sich nichts ändern, so lange wir Leute haben, die es mittragen, er sei zuversichtlich.

Die Zuhörer zum Schmunzeln brachte Ehrenvorstand Erwin Schlauch, als er von der 100-Jahr-Feier beim Vereinswirt „Rascher“ erzählte. Schirmherr zum Jubiläum im Jahr 1975 war Bürgermeister Karl Popp. Als Alois Zirkel mit dem Richtspruch geendet hatte, stellte sich heraus, dass der Herbergswirt Jäger den Wein mit Essig vertauscht hatte.

Blick in die Zukunft

Nach diesem Ausflug in die Vergangenheit wurde der Fokus auf die Zukunft gelegt. Die Herausforderung liege darin, so Vorstand Diller, die Zunft für Jüngere attraktiv zu machen. Reinfelder betonte, dass die Arbeitswelt immer hektischer werde, weil Fachkräfte fehlen. Termindruck entstehe, weil mehr Arbeit von weniger Handwerkern geleistet werden muss.

Und Huml erinnerte daran, dass das Projekt „Ausbildungszentrum für Handwerker“ in Bamberg komme, und von den 25 Millionen Kosten 20 Millionen bezuschusst werden. Bauhandwerker und Architekten sollen sich austauschen und wertschätzen. Um die Jungen zu begeistern, müssen wir es interessant und wertvoll machen.

Die letzte Frage ging an den 1. Vorsitzenden, wie das Amt mit Familie und Beruf vereinbar sei. Er beteuerte, dass Ehrenamt und Familie nur funktioniere, weil die Ehefrau dahinter steht. Die Arbeit sei aber auch auf vielen Schultern verteilt: „Ohne gute Organisation – Vorstand und Beirat – funktioniert es nicht!“

Als krönender Abschluss des Gesprächs übergab Brauer Michael Lengenfelder der Stammtischschwester und den -brüdern je einen Siphon mit extra für das Jubiläumsjahr eingebrauten Bier. Darauf folgten die Ehrungen langjähriger und verdienter Mitglieder und der Dank an den Vorsitzenden und den Festausschuss.

Zum Abschluss der Festprogrammes veranstalteten die Gastgeber und Mitglieder der Patenvereine den von allen Anwesenden erwarteten, traditionellen Zimmerer-Klatsch, begleitet von den Musikern Robert Wagner und Gerhard Hittinger.

Zünftig umrahmt wurde der Festabend von der Formation „Rostfrei“ des Hallstadter Musikvereins.

Auflistung der geehrten Zunftmitglieder:

15 Jahre – grüne Zunftnadel und Urkunde

Ulrike Neppig und Thomas Oehler

25 Jahre – silberne Zunftnadel und Urkunde

Matthias Diller, Martin Gasseter, Manfred Koch, Hans Nehr und Pankraz Schmitt

40 Jahre – goldene Zunftnadel und gravierter Zunftkrug

Josef Leicht, Johann Lenglein, Michael Lenglein und Andreas Trunk,

50 Jahre – Zunftnadel „50“ und Präsentkorb

Hans Lorenz, Karlheinz Lieb, Norbert Nehr, Reinhold Nehr und Adelbert Sauer

Weitere Ehrungen

Ehrenpressewart – Erwin Pager für jahrzehntelange Öffentlichkeitsarbeit

Ehrenmitgliedschaftaufgrund jahrzehntelanger Zugehörigkeit

Josef Leicht (seit 05.01.1984) – Unterstützer und Förderer

Johann Lenglein, Baunach (30.09.1984) – Teil der Fahnenabordnung und Heiligenträger

Andreas Trunk (29.09.1985) – zuständig für Bild- und Tonaufnahmen

Sebastian Diller (01.01.1978) – 2. Vorstand 1993, danach im Ausschuss

Die Chronik mit Beiträgen von Waldemar Seeg (Überblick der ersten 125 Jahre), Erwin Pager (Geschichte von 2000–2025) sowie Josef Diller (u.a. Layout)/Fotos aus dem Zunft-Archiv und von Leopold Zoeke kann für eine Schutzgebühr in Höhe von 10 Euro erworben werden. Kontakt: Josef Diller, E-Mail-Adresse: zunft-hallstadt@freenet.de

Der „schwebende Dachstuhl“ wird am 9. August 2025 bei der Kerwa in Dörfleins aufgeführt.

Text: Adelheid Waschka. Fotos: Leopold Zoeke

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