Bundesweiter Vorlesetag: Warum viele diesen Artikel gar nicht lesen können …

„Mit Prominenz können nicht aufwarten“, sagte Erzieherin Jutta Zink zur Begrüßung im Rattelsdorfer Kindergarten am bundesweiten Vorlesetag. Denn Unterstützer wie Finanzminister Wolfgang Schäuble oder Motsi Mabuse waren andernorts unterwegs. Aber das muss ja noch nichts heißen. Spannend ist auf jeden Fall die Geschichte von Claudia Merklein – nicht nur die, welche sie vorliest, sondern auch der Hintergrund, wie es überhaupt zum Vorlesetag kam.

Bereits zum zwölften Mal fand der bundesweite Vorlesetag nun schon statt. Er ist eine gemeinsame Initiative der Wochenzeitung DIE ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutsche Bahn Stiftung. Im vergangenen Jahr beteiligten sich nahezu 83.000 Vorleserinnen und Vorleser und erreichten so rund zwei Millionen Zuhörerinnen und Zuhörer. Vorgelesen wird dabei dort, wo es Spaß macht, ob draußen, in Schulen, Kindergärten oder Büchereien. Apropos Büchereien: Im vergangenen Jahr waren wir von Nachrichten am Ort bei einer Veranstaltung zum Vorlesetag in Baunach zu Gast. Klar wurde auch dort: Vorlesen ist äußerst wichtig: Es ist der erste Schritt für Kinder in die Welt der Bücher und Geschichten – und damit auch zur Lesefähigkeit. Lesekompetenz als Verständnis von und sicherer Umgang mit Texten bestimmen die Bildungs- und Berufschancen der Kinder maßgeblich mit.

Zurück nach Rattelsdorf – beziehungsweise zunächst einmal weit weg, in die Türkei. Dort wohnte bis vor Kurzem die Rattelsdorferin Claudia Merklein, zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern. In der Schule mit einer deutschen Klasse hatte sie die erste Begegnung mit dem Vorlesetag. Jedes Jahr fand er dort statt – Mamas, Papas und die Kinder lasen sich gegenseitig Geschichten vor. Das sorgte immer wieder für Begeisterung. Nun zurück in Rattelsdorf begann Merklein zu recherchieren: Ist das eine wohl etablierte bundesweite Veranstaltung? Kann da jeder mitmachen?

Vorlesetag Rattelsdorf 2015 (1)
Claudia Merklein liest den Kindern in Rattelsdorf eine Geschichte vor.

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Einmal pro Woche kommt die „Leseoma“

Und so trug sie ihre Idee an den Kindergarten in Rattelsdorf heran. Jutta Zink war dafür sofort zu haben, und per Aushang konnten weitere Mütter (leider keine Väter) zum Vorlesetag gewonnen werden. Alle halbe Stunde wechselte so am 20. November 2015 Vorleserin und Zuhörerschaft, aus allen Kindergartengruppen kamen Kinder hinzu. Vorgelesen wurden allerhand spannende Geschichten, zum Beispiel „Die Eiskönigin“. Und natürlich durften sich die Kinder auch anhand der Bilder in den Büchern ein „Bild“ von dem machen, um das es geht.

Auch im Kindergartenalltag gilt es, so Zink, das Vorlesen in den Mittelpunkt zu stellen. „Die Fröschegruppe bei uns verfügt über eine Lese- und Schreibwerkstatt. Die Kinder lernen hier die ersten Buchstaben, wir führen sie zu einem ersten Interesse an Bücher heran.“ Wer nicht in der Fröschegruppe ist, wird nicht ausgeschlossen, denn die Kinder können zu festen Zeiten jederzeit die Gruppen wechseln und somit die verschiedenen Aktivitäten im Kindergarten mitmachen. Vorgelesen wird natürlich auch, ob von den Erzieherinnen oder einmal pro Woche von einer „Leseoma“.

Deutschland soll, so das Ziel der Stiftung Lesen, zum Leseland werden. Eine Aktion, die es absolut zu unterstützen gilt. Wer nicht richtig lesen kann, hat schlechte Chancen in unserer Gesellschaft, denn Lesen ist ein wichtiger Schlüssel zur Bildung. Eine umfassende Lesekompetenz ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die persönliche Entwicklung, Erfolg im Berufsleben und gesellschaftliche Teilhabe. Allerdings zeigen PISA-Studien und OECD-Berichte für die Lesekompetenz deutscher Kinder seit Jahren große Defizite auf: 14,5 Prozent der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler verfügen nur über eine (sehr) schwache Lesekompetenz (PISA 2012). Rund 7,5 Millionen Erwachsene sind hierzulande laut LEO-Studie 2011 funktionale Analphabeten und nur jeder Fünfte in Deutschland liest regelmäßig ein Buch. Kaum zu glauben, dass es so viele Menschen in unserem Land gibt, die diesen Artike also gar nicht lesen können. Das gilt es zu ändern – und dem gilt es „vorzubeugen“ …

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