2010 wurde die Energiepotenzialanalyse Bamberg veröffentlicht, 2011 das Solarflächenkataster. Die Studien und Auswertungen zeigen: Stadt und Landkreis Bamberg stehen gut da und decken zusammen etwa 21 Prozent des Stromverbrauchs mit erneuerbaren Energien ab (Stadt: 5,5 Prozent, Landkreis: 35 Prozent). Im Trend liegen große Photovoltaikanlagen auf ehemaligen Ackerflächen – aber auch die Windkraft hat nach wie vor großes Potenzial. Wie sieht es in den Nachrichten-am-Ort-Gemeinden aus? Wir haben bei Robert Martin, Klimaschutzbeauftragter des Landkreises Bamberg, nachgefragt.
„Die Energieallianz zwischen Stadt und Landkreis Bamberg ist ein Alleinstellungsmerkmal in Bayern“, sagt Robert Martin. „Das heißt aber nicht, dass wir uns vom allgemeinen Stromnetz trennen wollen, wir versuchen vielmehr, die Energie, die verbraucht wird, auch in der Region zu erzeugen.“ Bis 2035 sollen Stadt und Landkreis energieautark sein, gerechnet ohne den Kfz-Strom, dessen Bedarf in den kommenden Jahren sicher ansteigen wird. „Wenn jede Gemeinde ihre Potenziale einigermaßen ausschöpft und andere, die nur wenige haben, einen Schwerpunkt auf Effizienzsteigerung legen, können wir unsere Ziele ohne Probleme erreichen“, so Martin.
Der Status Quo
Blicken wir auf die Gemeinden in der Nachrichten-am-Ort-Region. Die Stadt Baunach verbraucht pro Jahr 11.900 MWh Strom und erzeugt zugleich zehn Prozent davon wiederum aus regenerativen Energien. Dazu zählen Kraft-Wärme-Kopplung, Biomasse, Wasser- und Windkraft sowie die Solarenergie. Breitengüßbach steht etwas schlechter da (Verbrauch: 17.450 MWh, davon werden 9,5 Prozent erzeugt), wird aber durch den Ende 2010 eröffneten Solarpark Leimershof einen ordentlichen Sprung nach vorne machen (siehe auch nachfolgende Grafiken).
Zapfendorf erzeugt viel Energie, ist aber auch Großverbraucher (zum Vergrößern anklicken).
Kemmern ist in Sachen regenerativer Energie noch ein Stiefkind. Dem Verbrauch (6.450 MWh) stehen nur 3,8 Prozent an erzeugter Energie gegenüber. Deutlich besser sieht es in Rattelsdorf aus (Verbrauch: 14.150 MWh, Erzeugung: 18 Prozent), Zapfendorf ist unter den hier vorgestellten Gemeinden vorbildlich mit einem Anteil erneuerbarer Energien von 85,4 Prozent vertreten, weist aber auch den höchsten Verbrauch von 53.700 MWh (!) auf. Verantwortlich dafür sind die Industriebetriebe in der Gemeinde – unter anderem die Bayerischen Milchwerke. Gewonnen wird Energie in Zapfendorf zum größten Teil durch Biomasse.
Welche Gemeinden können energieautark werden?
Ohne den Kfz-Strom werden es nach Berechnungen des Frauenhofer-Instituts die Gemeinden Baunach, Breitengüßbach, Rattelsdorf und Zapfendorf schaffen, bei der Stromerzeugung energieautark zu werden. Wichtig ist neben dem Strom aber auch die Wärmeerzeugung. Hier sieht es etwas anders aus, nur Zapfendorf könnte dies gelingen. Die Daten basieren auf einer Potenzialanalyse, die unter anderem freie Flächen zur Stromerzeugung und zum Anbau von Biomasse mit einberechnet hat.
Prozentualer Anteil an erneuerbarer Energie:
Breitengüßbach macht durch den neuen Solarpark einen kräftigen Sprung
(zum Vergrößern anklicken).
Für die Autarkie im Strombereich wird allerdings auch der Bau von weiteren Solar- und Windkraftwerken nötig sein. Mit weniger als 16 Windkraftanlagen der Zwei-Megawatt-Klasse je Gemeinde ließe sich der größte Teil des Strombedarfs, sogar inklusive Kraftstoffstrom, in Stadt und Landkreis decken. Dies ist allerdings nur realisierbar, wenn künftig auch Windkraftanlagen in Landschaftsschutzgebieten errichtet werden dürfen. Ohne diese Bedingungen sind zukünftig etwa 262 Windkraftanlagen in Stadt und Landkreis denkbar (aktuell: sieben). Für Solarkraftwerke sind besonders die Gemeinden Buttenheim, Heiligenstadt, Königsfeld, Stadelhofen und Wattendorf im Osten des Landkreises gut geeignet, da dort relativ hohe, über dem Landkreisdurchschnitt liegende Globalstrahlungswerte vorherrschen.
Windrad bei Sassendorf (Zapfendorf).
Vor allem die energetische Sanierung von Altbauten wird eine wichtige Aufgabe für die Zukunft sein
Allein durch den Ausbau der erneuerbaren Energien lässt sich die Energiewende in Deutschland und die Energieautarkie im Landkreis Bamberg allerdings nicht schaffen. „In der Bevölkerung muss noch ein Umdenken stattfinden“, meint Robert Martin. „Wer erneuerbare Energien nutzt, muss sich auch auf sie einlassen. Das bedeutet zum Beispiel, stromhungrige Geräte wie eine Waschmaschine dann einzuschalten, wenn die Sonne scheint. Früher haben viele das mit Nachtstrom so gemacht, in Zukunft muss dieses Verhalten den Energieträgern angepasst werden. Von alter Technik sollte man sich zudem schnellstmöglich verabschieden, also nicht die alte Kühltruhe in den Keller stellen und weiterbetreiben – nur, weil sie noch funktioniert.“
Die Sanierung von Bestandsgebäuden spielt für das Gelingen der Energiewende eine entscheidende Rolle. Für Martin steht aber nicht der Prozentwert der Gebäudedämmung im Vordergrund. „Viel sinnvoller ist es, zum Beispiel nur eine 70-prozentige Dämmung durchzuführen und stattdessen bei der Wärmeerzeugung auf einen regenerativen Energieträger anstatt Öl oder Gas zu setzen. Das spart zum einen die ab einem gewissen Punkt sehr teure Dämmung und erhöht zum anderen auch den Wert eines Gebäudes.“ Ein Problem sieht Martin aber: „Mancher ältere Hausbesitzer fragt sich, ob sich eine Energiesanierung noch lohnt. Demgegenüber stehen viele junge Menschen, die gerne sanieren würden, denen aber aufgrund von Zeitverträgen und der allgemeinen beruflichen Situation die finanziellen Mittel fehlen. Förderprogramme sind und bleiben daher elementar.“
Der IBC-Solarpark auf Gut Leimershof (Breitengüßbach).
Johannes Michel; Daten: Landratsamt Bamberg, Frauenhofer Institut. Fotos: Johannes Michel, IBC Solar
Um mit erneuerbaren Energien unseren Energieverbrauch zu bestreiten, ist zunächst eine drastische Reduzierung des Verbrauchs notwendig. 70% Wärmedämmung reichen da nicht aus. Später ist eine Aufstockung des Dämmstandards nicht mehr realistisch. Vorschlag: mehr als 100% Dämmen und dadurch erhöhte Zuschüsse erhalten, die die Mehrkosten von Heizzentralen mit Erneuerbarer Energie decken. Eine Mehrdämmung ist in der regel durch einen Brucheil von Mehrkosten errreichbar.