Den „Lesern der Zukunft“, wie er sie selbst bezeichnete, stattete der Autor Nevfel Cumart in Zapfendorf einen Besuch ab. Bei einer Lesung in der Gemeindebücherei für die dritten und vierten Klassen der Grundschule gab er einen Einblick in seine Arbeit, erzählte Geschichten aus seinem Leben und kam zwischendurch auch dazu, ein paar Gedichte vorzulesen.
Lesung? Das klingt für viele erst einmal langweilig. Nicht aber, wenn Nevfel Cumart zu Gast ist. Der 1964 geborene Schriftsteller ist schon seit 30 Jahren Bamberger, arbeitet als Journalist und Übersetzer und ist Schirmherr des Bamberger Literaturfestivals. Gerade aus seinem Leben gibt es so viele spannende Geschichten zu hören, dass da das Lesen schon zur Nebensache wird. Das durften auch die Schüler in Zapfendorf in der Gemeindebücherei erfahren. Denn zu mehr als einer Hand voll seiner Gedichte kam Cumart nicht.
Allein schon aufgrund seines Namens kann Cumart seine türkischen Wurzeln nicht verbergen. Auch wenn, wie er selbst betont, die Entwicklungsgeschichte seines Namens nicht wirklich nachvollziehbar ist. Kleine Anekdote: Selbst beim Eintrag in den Geburtsschein schlich sich ein Fehler ein. „Am liebsten würde ich Ali Öztürk heißen“, erzählt Cumart den Schülern – dann wüsste jeder, wie sich das schreibt und wo meine Eltern herkommen. Aufgewachsen ist Cumart in Stade bei Hamburg und besuchte, zusammen mit zwei anderen Jungs, ein Mädchengymnasium. „Es stand drei gegen 951“, so Cumart unter erstaunten Blicken seiner jungen Zuhörer. Nach dem Abitur lernte er Zimmermann, studierte dann in Bamberg Turkologie, Arabistik, Iranistik und Islamwissenschaft. Den Schülern legt er gleich noch etwas nahe: „Macht unbedingt einen Abschluss. In Deutschland braucht man für alles eine Lizenz, sogar zum Angeln. Erklärst du das in Istanbul den Männern, die überall wild angeln, erklären sie dich für verrückt.“
Nevfel Cumart bei seiner Lesung in der Zapfendorfer Gemeindebücherei.
Nevfel Cumart mit Bürgermeister Volker Dittrich (rechts) und dem Team der Bücherei.
Schreiben kann befreiend sein
In Schulen ist Cumart schon oft unterwegs gewesen. Er erklärt, was eine Schreibwerkstatt ist und liest auch eines der darin entstandenen Gedichte einer Schülerin vor. 18 Gedichtbände hat Cumart bisher veröffentlicht, eine Hauptrolle spielt darin seine Tochter Amelia. In einem Gedicht hat sie ihren ersten großen Auftritt – beim Aufsagen eines Gedichts. Es heißt „Das Korn“, über den Titel kommt sie aber nicht wirklich hinaus.
Seine Zuhörer in Zapfendorf beteiligen sich rege, stellen Fragen. Auch Cumart geht auf sie zu, bezieht sie ein. Wie einen Jungen, der im Barcelona-Trikot von Messi gekommen ist. „Was ist der Unterschied zwischen Dir und Messi?“, fragt Cumart. „Ganz einfach: Messi kriegt im Gegensatz zu Dir 60 Millionen Euro im Jahr, wenn er sowas trägt.“ Für die Aufmerksamkeit und teilweise wirklich sinnvollen Fragen lobt er die Schüler, nicht immer sei das so. In vielen Klassen hätte beispielsweise keiner gewusst, was ein Zimmermann so mache.
Wie er zum Schreiben von Gedichten kam? „Sicher auch, um Dinge zu verarbeiten. Ich habe mich beim Schreiben einfach wohl gefühlt“, antwortet er auf die Frage eines Schülers. Zum Schluss liest Cumart eine Erzählung über Sadik, einen kleinen Jungen, der aus seinem Dorf aufbricht, um eine Schule besuchen zu können. Denn er dichtet Lieder, kann sich die aber nie merken und vergisst sie gleich wieder. So erkennt er: Er muss schreiben lernen und dafür die Schule besuchen. Weil er stottert, gestaltet sich das aber gar nicht so einfach. Er schafft es dennoch, Lesen und Schreiben zu lernen – und wird zu einem der bekanntesten Autoren der Türkei. Eine Geschichte, die sicher jedem, der sie hört, Mut macht.