Und alles kam ganz anders …

Am 1. April 1945, einem Ostersonntag, war auch in Zapfendorf die Freue über das Osterfest und die Auferstehung groß – trotz der Sorgen, die in Kriegszeiten die Menschen plagten. Aber dann kam alles ganz anders, eine Katastrophe brach herein, die den Ort und seine Entwicklung über viele Jahre und bis heute prägen sollte.

70 Jahre ist es nun her: Tiefflieger bombardieren einen Munitionszug, der schon länger im Bahnhofsbereich von Zapfendorf abgestellt war – und die Explosionen zerstören fast das gesamte Dorf. 30 Menschen kommen ums Leben, die Existenzen vieler Zapfendorfer werden vernichtet. Schwer trifft es auch viele, die schon Ehemänner, Söhne und Väter im Krieg verloren haben, und denen nun auch das Dach über dem Kopf genommen wird.

Pfarrer Georg Lohneiß, der am 1. April 2015 den Gedenkgottesdienst zur Erinnerung an die Katastrophe vor 70 Jahren hielt, hat diese selbst miterlebt, auch wenn er sich nicht mehr daran erinnern kann – denn er war erst anderthalb Jahre alt. Seine Familie wohnte am Ort der heutigen VR Bank Bamberg in der Bahnhofstraße. Mehrere Stunden lang wartete er verschüttet unter Trümmern auf Hilfe, kam ins Krankenhaus nach Bamberg, galt für seine Mutter schon als tot. Erst drei Tage später konnte sie ihren Sohn wieder im Arm halten, sein Zwillingsbruder hingegen überlebte den 1. April 1945 nicht. „Blinder Befehlsgehorsam verhinderte damals, dass der Zug aufs freie Feld gefahren wurde“, erläuterte Lohneiß in seiner Predigt.

Gedenkgottesdienst Zapfendorf 2015 1
Gunda Schaller (rechts vorne) verlas die Namen aller Toten.

Gedenkgottesdienst Zapfendorf 2015 2
In diesem Moment strahlte die Sonne durch die Kirchenfenster …

Eine Kerze für jeden Toten

Also mussten die Zapfendorfer zum großen Teil vollkommen neu beginnen. Aus den Trümmern bauten sie provisorische Wohnstätten, „gemeinsam“ war das Schlagwort. Auch heute sei es daher wichtiger denn je, Gemeinschaft und christliche Werte hochzuhalten und anderen Menschen nicht aus dem Weg zu gehen, so Lohneiß. Ergreifend war der Moment, als Gunda Schaller, damals zwölf Jahre alt, die Namen der Toten verlas. Für jede und jeden wurde eine Kerze vor dem Altar angezündet.

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Die Gemeinschaftsleistung, die von den Zapfendorfern nach 1945 vollbracht wurde, ist beeindruckend. Historiker Dr. Thomas Gunzelmann erklärte bei einer Dorfführung vor drei Jahren: „Obwohl die Zeit furchtbar, kaum Baumaterial vorhanden und die Behördenkompetenzen unklar waren, ging der Wiederaufbau schnell und auch geregelt vonstatten. Vielleicht sogar etwas zu schnell.“ Denn eine eigentlich vorgesehene Dorfmitte mit viel Freiraum wurde nicht verwirklicht – etwas, dass Zapfendorf heute dringend notwendig hätte. Somit ist in Zapfendorf die Zerstörung auch heute noch präsent, wenn auch indirekt.

 

Weitere Fotos vom Gedenkgottesdienst finden Sie in unserer Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der linken Ecke oben wählen).

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