Infoveranstaltung zur Containeranlage mit vielen Fragen

Im Gegensatz zu einer Gemeinderatssitzung sind bei Infoveranstaltungen Fragen erlaubt. Die gab es in Sachen Wohncontaineranlage für Flüchtlinge massig – einige Besucherinnen und Besucher waren aber eher gekommen, um ihre Ablehnung zu zeigen.

Diesmal fiel kein Mikrofon aus. Es gab eine Moderation durch die von Radio Bamberg bekannte Stimmte von Marc Peratoner. Eine Vertreterin und ein Vertreter aus dem Landratsamt waren da, der Polizeichef des Landkreises Bamberg und auch der künftige Betreiber der Container-Wohnanlage für Flüchtlinge. Und natürlich der Zapfendorfer Bürgermeister. Viele Fragen standen im Raum, viele wurden beantwortet. Manche nicht zur Zufriedenheit der Fragesteller – was aber nicht immer wunderte. Denn viele Fragen und Zwischenrufe richteten sich eher an die Bundes- und Europapolitik.

Marc Peratoner, den der Markt Zapfendorf als Moderator für die Bürgerinformationsveranstaltung am 22. März 2023 in der neuen Schulturnhalle engagiert hatte, eröffnete den Abend und erklärte zunächst die Vorgehensweise. So sei ein Informationsblock geplant, danach eine Fragerunde. Möglichst alle Fragen sollten auch beantwortet werden, zwei Stunden seien insgesamt angesetzt. Das Mikrofon ging zunächst an Bürgermeister Michael Senger, der nochmals die Chronologie der Ereignisse vortrug – von der ersten Kontaktaufnahme mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeisterin im Landkreis durch das Landratsamt im Juni 2022 über die Besichtigung möglicher Grundstücke im Oktober bis hin zu den maßgeblichen Gemeinderatssitzungen zum Thema. Ein neuer Sachverhalt habe sich dadurch ergeben, dass im Dezember die bisher angedachten privaten Grundstücke nicht mehr zur Verfügung standen. Dies führte dann zu einem Antrag mehrerer Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und damit zum neuen Beschluss, doch ein gemeindliches Grundstück zur Verfügung zu stellen.

Details zur Situation hatte auch Steffen Nickel vom Landratsamt Bamberg mitgebracht. Aktuell, so Nickel, leben im Landkreis 1.300 Flüchtlinge plus zahlreiche Personen aus der Ukraine. Es seien mehr Flüchtlinge unterzubringen als in den Jahren 2015 und 2016. Zurzeit kämen über 100 pro Monat hinzu. Der Ansatz des Landratsamts sei, keine großen Wohnanlagen zu stellen wie das Ankerzentrum in Bamberg, sondern die Menschen dezentral zu verteilen – in Einrichtungen mit maximal um die 60 Personen. Das habe deutliche Vorteile, auch wenn es aufwändiger sei.

Marc Peratoner von Radio Bamberg moderierte. Auf dem Podium außerdem: Serkan Özcan (Betreiber), Steffen Nickel und Uta von Plettenberg (Landratsamt Bamberg), Bürgermeister Michael Senger, Alexander Streng (Polizei Bamberg-Land).

Kleiner = besser

Der Leiter der Polizeidienststelle Bamberg-Land, Alexander Streng, stützte diese Aussage. Die Kriminalstatistik zeige, dass die Verbindung von Flüchtlingen und Kriminalität so nicht stimme. Natürlich gebe es in einer großen Einrichtung wie dem Ankerzentrum in Bamberg immer wieder Vorfälle, vor allem aber unter den Bewohnerinnen und Bewohnern selbst. „Bei einer solchen Masse an Menschen lässt sich nur schwer feststellen, wer nicht in der Spur ist“, so Streng. Bei kleinen Einrichtungen dagegen sei dies viel leichter möglich, insbesondere, wenn es vor Ort Kontaktpersonen gebe. „Angst hätte ich, wenn ich Ihnen sagen müsste, dass beispielsweise die Sexualdelikte zunehmen werden – oder die Rauschgift- und Gewaltdelikte.“ Das sei aber nicht nachweisbar, eher die Klein- und Bagatellkriminalität wie Ladendiebstähle nehme zu. „2022 hatten wir keine Delikte gegen das Leben.“

Fragen zur Herkunft der kommenden Flüchtlinge beantwortete Uta von Plettenberg, im Landratsamt Bamberg zuständig für den Bereich Soziales, Familie, Jugend, Gesundheit. Aktuell seien Personen aus Syrien, der Ukraine, Russland, Moldawien und Georgien für Zapfendorf geplant. Es handle sich dabei überwiegend um Männer, da die Frauen sich oftmals gar nicht erst auf die beschwerliche Flucht begeben würden. Auch Familien kämen – dafür würden in der Zapfendorfer Anlage Viererzimmer bereitgehalten. „Die meisten Flüchtlinge haben den Wunsch, hier zu leben, zu lernen und zu arbeiten“, so von Plettenberg. Die Eröffnung der Anlage sei für Juni anvisiert.

Wie sieht es in drei Jahren aus?

In der Fragerunde wurde zunächst Kritik an der Transparenz laut. Klaus Hölzlein, ein Vertreter der Bürgerinitiative „Transparentes Zapfendorf“, sagte, die Bürgerschaft sei nicht in die Entscheidungsprozesse einbezogen worden. Termine beim Bürgermeister seien verweigert worden, der Infoabend komme außerdem zu spät, nachdem die Entscheidungen bereits getroffen seien. Bürgermeister Michael Senger erklärte, der Markt sei immer an Transparenz interessiert, eine der Gründe für den Termin der Bürgerinfo seien auch Terminschwierigkeiten, da viele Personen zusammengebracht werden müssten. Ein persönlicher Gesprächstermin sei von ihm nicht abgelehnt worden, allerdings sei Hölzlein keiner der Initiatoren des Bürgerbegehrens, das zum damaligen Zeitpunkt in Prüfung im Rathaus war.

Gefragt wurde auch danach, ob es bei den drei Jahren wie im Mietvertrag für das Grundstück festgelegt, bleiben werde. Von Plettenberg und Nickel erklärten dazu, wenn die Gemeinde dann nicht mehr bereit sei, die Fläche zur Verfügung zu stellen, könne eine Kündigung erfolgen, das Landratsamt müsse die Flüchtlinge dann woanders unterbringen. Wo, hänge von der Situation in drei Jahren ab, die heute noch nicht absehbar sei. Gut möglich also, dass dann auch wieder Gebäude wie Mehrzweckhäuser oder die Turnhallen zur Debatte stehen, wobei dies vermieden werden soll.

Die Schulturnhalle war gut besucht. So eng wie bei der Gemeinderatssitzung, die den Bürgerentscheid zum Thema hatte, wurde es aber nicht.

Ein Plädoyer zur Solidarität kam von Steffen Nickel, als es im hinteren Bereich der Turnhalle immer lauter wurde und auch Rufe wie „Grenzen schließen“ kamen – und auch die Frage, warum gerade Zapfendorf betroffen sei. Der Landkreis Bamberg habe prozentual bisher weniger Flüchtlinge aufgenommen als an sich nötig, außerdem breche das System zusammen, wenn sich jede Gemeinde wegducke. Nur zusammen sei die Situation zu meistern. Und: „Es kommen 66 Menschen zu Ihnen nach Zapfendorf, die von vorne herein den Stempel „Straftäter“ aufgedrückt bekommen. Das widerspricht unseren Erfahrungen.“ Zuvor hatten mehrere Rederinnen und Redner steigende Kriminalität von Einbrüchen bis hin zu gefährlichen Situationen für Kinder heraufbeschworen.

Helferkreis in Vorbereitung

Es gab aber auch andere Töne. Ursula Lunz trat, sichtlich bewegt, ans Mikrofon und äußerte, dass sie eigentlich einmal gedacht habe, sie ziehe in ein Dorf, das Kultur hat. „Wir sollten alle miteinander reden können. Und wir müssen zusammenhalten. Denkt daran: Die Flüchtlinge kommen und gehen wieder, ihr aber bleibt. Und noch in zehn Jahren werden wir uns daran erinnern, wie ihr euch heute hier aufgeführt habt.“ Gemeinderat Raimund Oswald erklärte, die Gründung eines Helferkreises sei in Planung, fünf Personen hätten sich schon gefunden. „Integration und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge – das war ja auch ein Wunsch der Bürgerinitiative“, so Oswald. Von Plettenberg und Senger begrüßten den Helferkreis, er sei wichtig, um die Verbindung zu den Bürgerinnen und Bürgern herzustellen. Auf Nachfrage erklärte Senger auch, es stehe für die Einrichtung ein Ansprechpartner bereit, der immer erreichbar sein soll.

Klar wurde: Der Markt Zapfendorf hat das Grundstück nicht ans Landratsamt vermietet, um hohe Profite zu erzielen. Bürgermeister Michael Senger sagte nochmals, dass der Gemeinde an sich keine Wahl bliebe. Über Details des Mietvertrags könne er nicht sprechen. Und auch Serkan Özcan, dessen Unternehmen „Wertraum“ die Unterkunft betreiben wird, nannte keine Zahlen. Aber: Selbstverständlich müsse sich der Kauf der Container irgendwann amortisieren, auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten nicht von Luft und Liebe leben. Apropos Mitarbeiter: Tagsüber soll in der Einrichtung ein „Kümmerer“ vorhanden sein. Einen Sicherheitsdienst werde es nicht geben, sehr wohl aber eine Kameraüberwachung, die an eine Sicherheitsfirma angebunden sei. Polizeichef Streng versprach, im Falle der Fälle Sofortmaßnahmen zu ergreifen, wenn es Probleme gebe – und auch Präventivstreifen seien im Einsatz.

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