Es ist nicht ganz unbekannt, dass der Rattelsdorfer Kindergarten, mittlerweile an die 40 Jahre alt, sanierungsbedürftig ist. Erzieherinnen und Hausmeister berichten über ein undichtes Dach – und auch energetisch ist das Gebäude nicht auf dem aktuellen Stand. Dass die Sanierung aber noch in 2013 anstehen könnte, überraschte auch einige Gemeinderäte in der Sitzung vom 17. Januar. Denn Bürgermeister Bruno Kellner hatte das Thema unter dem Tagesordnungspunkt „Erarbeitung eines Konzeptes für die Zukunft des Markt Rattelsdorf und Festlegung von Prioritäten zu künftigen Investitionen“ aufgerufen.
Eigentlich wollte der Rattelsdorfer Gemeinderat mit der Erarbeitung eines Zukunftskonzeptes beginnen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, welche Investitionen in den kommenden Jahren getätigt werden sollen und wie sich die Gemeinde insgesamt positionieren möchte. Einen Großteil der Diskussion nahm allerdings der Kindergarten ein. Bürgermeister Kellner hatte im Rahmen der Untersuchungen in Sachen Bauzustand an der Ebinger und Mürsbacher Schule den zuständigen Architekten Stefan Paptistella gebeten, sich auch den Kindergarten anzuschauen. Paptistella stellte seine Ergebnisse in der Sitzung vor.
Der Kindergarten hat demnach eine Gesamtfläche von 558 Quadratmetern. In den 1990er Jahren waren die ursprünglichen Flachdächer gegen Pultdächer ausgetauscht worden. Vor allem im Bereich der Oberlichter dringt zurzeit allerdings Wasser ein, die Blechdächer leiden unter Lochfraß. Paptistella erläuterte einige mögliche Konzepte. In Frage käme eine vollständige Sanierung des Kindergartens, wodurch Kosten von etwa einer Million Euro auf die Gemeinde zukämen, abzüglich einer staatlichen Förderung von etwa 35 Prozent. Soll nur das Dach ausgebessert werden, lägen die Kosten zwischen 70.000 und 140.000 Euro.
Ab dem 1. August: Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz
Da die Gemeinden aber ab August 2013 gezwungen sind, ausreichend Krippenplätze zur Verfügung zu stellen, ging Paptistella noch auf ein weiteres Konzept ein: Die Erweiterung des Kindergartens um eine Krippe. Hier könnte der bisherige Mehrzweckraum als Krippe genutzt und in ein neu entstehendes Obergeschoss verlagert werden. Die Kosten lägen dann, zusammen mit der Generalsanierung, bei etwa 1,4 Millionen Euro, wobei eine Förderung von etwa 70 Prozent denkbar wäre. Aktuell läuft zusätzlich ein Förderungsprogramm für Kinderkrippen, das sogar bis zu 90 Prozent Zuschuss ermöglicht. Sollte die Gemeinde Rattelsdorf daran teilnehmen wollen, müssen Sanierung und Neubau allerdings bis Ende 2013 komplett abgeschlossen und abgerechnet sein. Fast 50 Kommunen im Regierungsbezirk Oberfranken haben eine solche Förderung angefragt. Rattelsdorf kann zurzeit etwa die Hälfte der theoretisch notwendigen Krippenplätze nachweisen. Ab dem 1. August 2013 haben allerdings alle Eltern ein Anrecht auf einen Platz und können diesen auch einklagen.
Die Gemeinderäte zeigten sich zwar überrascht, dass die Sanierung und mögliche Erweiterung des Kindergartens spontan auf die Tagesordnung gekommen war, waren sich aber einig, dass hier dringender Handlungsbedarf bestehe. Gemeinderat Andreas Schneiderbanger (Ebinger Liste) gab aber zu bedenken, dass er ein Problem mit solch schnellen Entscheidungen habe – es fehle die Zeit zum Nachdenken. Einig wurden sich die Räte dennoch schnell: Architekt Paptistella soll den Kindergarten genauer auf seinen baulichen Zustand hin untersuchen und detaillierte Vorschläge für eine Sanierung und Erweiterung anhand verschiedener Modelle vorlegen. In der Sitzung vom 15. Februar 2013 wird es dann also konkreter.
Wohnen? Gewerbe? Tourismus?
Auch das eigentliche Thema „Zukunftskonzept“ kam noch zur Sprache. Bürgermeister Kellner stellte dazu die aktuell laufenden Projekte wie den Breitbandausbau und die Schulhaussanierung vor und wies auf in Kürze anstehende Aufgaben wie das Seentherapiekonzept für den Ebinger Badesee und die Auslagerung des Gemeindebauhofs hin. Gemeinderat Reinhard Schmid (SPD) war das nicht grundsätzlich genug. „Die grundlegende Frage ist doch: Wo will Rattelsdorf hin, wo liegen unsere Schwerpunkte? Daher macht es wenig Sinn, dies direkt im großen Kreis zu diskutieren, es sollte erst einmal eine kleine Gruppe mit Bürgermeister und Verwaltung mit der Erarbeitung beginnen“, sagte Schmid. Andreas Schmittwolf (Christliche Wählerunion, CWU) unterstützt seine Rede: „Wir müssen ein Konzept erarbeiten, ob Rattelsdorf eine Gewerbe- oder eine Wohngemeinde sein soll, was gefördert werden soll, ob Tourismus in Frage kommt und so weiter.“
Sabina Sitzmann-Simon (CSU) sah das anders und hielt die Gründung eines Arbeitskreises für Einzelfragen sinnvoll. Bei der generellen Diskussion sollten aber alle dabei sein. „Ich schlage vor, dass sich der Gemeinderat einen Samstag nach Kloster Langheim zurückzieht, um im großen Kreis und in Arbeitsgruppen, professionell moderiert, zu diskutieren – in einer anderen Atmosphäre als in einem Sitzungssaal.“ Dieser Vorschlag fand breite Unterstützung. Beschlossen wurde, dass die Verwaltung Terminmöglichkeiten in Kloster Langheim abklärt und dass die Fraktionen bis Ende Februar Ideen für ein Zukunftskonzept sammeln und bei der Verwaltung abgeben sollen.
Johannes Michel. Titelfoto: © S.v.Gehren / PIXELIO