Referentin Daniela Krehl lud bei einem Vortrag der Hanns-Seidel-Stiftung in Kooperation mit dem Obst- und Gartenbauverein Ebing zu einem virtuellen Rundgang durch einen Supermarkt ein. Das Thema: Lebensmittel, die Tücken der Werbung – Was ist wirklich gesund? Ihre Empfehlung: Bewusster genießen…
Ein typischer Supermarkt. Der Kunde gelangt zunächst in die Obst- und Gemüseabteilung. Diese dient dazu, den Leuten einen (wohltuenden) Eindruck von Frische und Qualität zu vermitteln. Die vielen verschiedenen Früchte sollen das Interesse wecken, so dass man dieses oder jene (neue) Produkt anschaut und insgesamt zur Ruhe kommt. Diesen Bereich nennen Experten auch Ruhe- oder Landezone, denn Ziel ist es, die Kunden möglichst lange im Geschäft zu halten, damit möglichst viele Kaufanreize ausgelöst werden. Die Handelskette verdient ihr Geld mit Umsatz, das heißt es ist durchaus in ihrem Sinne, wenn die Kunden weit mehr als ihren Bedarf einkaufen – auch wenn hinterher große Mengen, sogar noch original verpackt, in den Abfall wandern, was Daniela Krehl mit einem Cartoon verdeutliche: Dort war eine Frau mit einem vollen Einkaufswagen dargestellt. Sie öffnete gerade den Kofferraum ihres Autos zum Einladen und stellte überrascht fest, dass der Kofferraum noch vom Einkauf der letzten Woche voll ist.
Zucker als leere Kalorie
Als nächste Station ging Krehl auf die so genannte Trockenabteilung ein, also hauptsächlich Süßigkeiten. An einer Müslipackung zeigte sie auf, welche große Mengen (kalorienreichem) Zucker in solchen Produkten enthalten sind. So enthält eine durchaus als gesund in der Bevölkerung eingestufte Müslipackung mit 375 g eine Menge von 48 Stück Würfelzucker (1 Würfelzucker = 3 g Zucker), ein 300 g Beutel Gummipärchen (= farbige Zuckerlösung) 80 Stück Würfelzucker. Dabei machte Krehl darauf aufmerksam, dass auf den Beschreibungen oft deutlich weniger Zucker aufgedruckt ist. Dies ist darin begründet, dass der Zuckerbestandteil oft mit unterschiedlichen Namen beschrieben wird (Zucker, Invertzucker, Glucosesirup …), da Zucker ja allgemein als wenig gesundheitsförderlich bekannt ist. Man bezeichnet ihn auch als leere Kalorien: er liefert zwar viele Kalorien, enthält aber keine der lebensnotwendigen Vitamine und Mineralstoffe. Das Zuckerersatzmittel Stevia sieht die Referentin aus gesundheitlicher Sicht ziemlich skeptisch, da es sich hier um ein hochkonzentriertes Extrakt der natürlichen Pflanze handelt und bei größerem Konsum gesundheitliche Bedenken nicht ausgeschlossen sind.
Die Obst- und Gemüseabteilung findet sich meist gleich am Eingang eines Supermarktes.
Bei ihrem Rundgang kam sie nun in die Milchabteilung. Diese ist wie die Fleischabteilung meist in einem sehr kassenfernen Bereich angeordnet, da diese Produkte regelmäßig und häufig gebraucht werden – und es ist natürlich Ziel des Einkaufsmarktes die Leute bei der Erledigung ihrer Einkäufe durch den ganzen Markt hindurchzuführen, um möglichst viele Kaufwünsche zu wecken. Die Referentin wies darauf hin, dass die Früchtejoghurts stets stark überzuckert sind. Dabei machte sie auch auf den missverständlichen Hinweis „0,1 % Fett“ aufmerksam. Dieser Hinweis animiert zum Einkauf, weil man dies als kalorienarmes Produkt interpretiert. Allerdings ist aus dem Aufdruck zu entnehmen, dass der Energieinhalt der gleiche wie bei einem „fetteren“ Joghurt ist. Dies ist darin begründet, dass Fett ein Geschmacksverstärker ist und dies nachteilige wäre. Dies wird dann wieder durch die Zugabe von Zucker ausgeglichen. Bei der Frage nach Holzspänen im Erdbeerjoghurt erläuterte Krehl, dass diese Produkte kaum noch Früchte enthalten und der Fruchtgeschmack zum Beispiel durch naturidentische Aromastoffe erzeugt werden muss. So enthält Holz einen Aromastoff, der dem Erdbeeraroma ähnelt. Das natürlich erdbeerartige Aroma ergibt sich aber aus einer Vielzahl unterschiedlicher in dieser Frucht enthaltenen Komponenten. Aus Kostenersparnisgründen gewinnt man in der Praxis das für die Joghurtherstellung benötigte Erdbeeraroma aus dem billigen Ausgangsstoff Holz – dieses „Ersatzaroma“ ist aber qualitativ als minderwertig einzustufen.
In diesem Zusammenhang unterschied die Referentin bei den Aromastoffen zwischen naturidentisch (= im Chemielabor hergestellt), natürliche Aromastoffe (= Ursprungsprodukt ist natürlich, der Aromastoffe wird jedoch chemisch extrahiert, wie das Erdbeeraroma) und dem Aromaextrakt, das aus in der Natur vorkommenden Stoffen aufkonzentriert wurde. Krehl bedauerte, dass inzwischen (unnötigerweise) sogar schon viele Schokoladen aromatisiert (= Chemie) werden und auch das Speiseeis heutzutage nur noch ein Mix von unterschiedlichen Zusatzstoffen, Emulgatoren, anderen Ersatzstoffen, Aromaverstärkern usw. ist.
Krehl wies auf das seit September gültige Verbraucherinformationsgesetz hin. Dort sind Verstöße, die mit einem Bußgeld von mehr als 300 Euro bestraft wurden, von Lebensmittelbetrieben aufgelistet. Der sachkundige Konsument kann sich seither auf den Seiten des Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vergewissern, ob Betriebe aus seiner Region entsprechend aufgefallen sind, siehe www.lgl.bayern.de/lebensmittel/index.htm.
Schwarze Oliven sind oft eigentlich noch grün
Am Beispiel von Oliven demonstrierte die Referentin, wie der Konsument getäuscht wird. Es ist bekannt, dass die schwarzen Oliven am besten schmecken. Sie haben aber den Nachteil, dass sie lange ausreifen müssen, sie beim Transport relativ empfindlich sind und somit ein ziemlich hohes Ausfallrisiko besteht, so dass sie natürlich mit deutlich höheren Preisen angeboten werden müssen. Deshalb erntet man die Oliven grün, sie sind gut transportierbar und deutlich länger haltbar, also insgesamt deutlich besser handhabbar und billiger anbietbar. Da der Kunde aber grüne Oliven nicht kaufen würde, setzt man diesen Früchten im Glas den Stabilisatior EisenIIglutomat zu, wodurch man die erwünschte schwarze Farbe erreicht.
Weiterhin machte Krehl darauf aufmerksam, dass inzwischen auch schon mancher Röstkaffee mit Karamel (= Zucker) und anderen Zusatzstoffen vermengt ist. Beim Studium des Aufdrucks stellt man fest, dass lediglich 89 % Kaffee enthalten ist. Dies hat für die Produzenten auch den Vorteil, dass sie nicht die für den Kaffee gültige „Luxussteuer“ (19 %; gilt nur bei Kaffeebestandteil ab 90 %) sondern nur den für Lebensmittel gültigen reduzierten Steuersatz von 7 % entrichten müssen. Bei den angebotenen Fertighühnersuppen wies die Referentin darauf hin, dass auch bei diesem Produkt nur noch Spuren von einem Huhn enthalten sind, so dass ein Huhn ausreicht, um das Pulver für 800 (!) Teller Suppe herstellen zu können („wie groß sind wohl diese Hühner?“). Die Referentin versuchte noch an Hand von mitgebrachten Demonstrationsprodukten insbesondere im Brot- und Wurst/Fleisc-bereich die Leute zu sensibilisieren, wo es sich noch um natürliche Bestandteile und einem Mix von künstlich erzeugten „Massen“ handelt, wie beim Klebeschinken, bei den vielen unterschiedlichen mit Fantasienamen versehenen Brotsorten und so weiter.
Zutatenliste studieren!
Abschließend fasste die Referentin zusammen, was Leute beachten sollten, wenn sie sich gesundheitsbewusst ernähern wollen: Möglichst viele Lebensmittel aus dem unmittelbaren Umfeld, also aus der Region kaufen, bei den Einkäufen im Supermarkt die Zutatenliste studieren, auf versteckte Zuckerinhalte, Aromen und Geschmacksverstärker schauen, möglichst auf Bioprodukte zurückgreifen, weil diese meist doch deutlich höhere Gehalte an lebenswichtigen sogenannten sekundären Pflanzenstoffen haben. Dies sind etwa Aromastoffe (Bitterstoffe …) und Farbstoffe, wo man in der Fachwelt davon ausgeht, dass diese einen hohen gesundheitlichen Mehrwert haben.
Allerdings wies sie auch ausdrücklich darauf hin, dass es wohl nicht sinnvoll ist, sein ganzes Leben nur auf gesunde Lebensmittel auszurichten und dabei auf den Genuss sämtlicher schmackhafter Lebensmittel zu verzichten. Sie empfahl durchaus auch mal dieses oder jenes vorstehend nicht ganz so positiv bewertetes Produkt zu genießen, aber eben nur gelegentlich und in überschaubarer Menge – umso höher wird dann auch der Genuss sein. Eine abwechslungsreiche an den obigen Vorgaben orientierte Ernährung ist die beste Gewähr für ein langes und gesundes Leben.
Die Referentin verstand es in überragender Weise die Zuhörer für dieses Thema zu sensibilisieren. Trotz ihres mehrstündigen Vortrages fragten die Leute immer wieder interessiert nach und waren voll beim Thema – die Zuhörer waren ganz einfach in höchstem Maße begeistert. Dieser Funke sprang auch auf die Referentin über, so dass sie zusagte, auch gerne mal wiederzukommen und weiterzumachen, so dass die Zuhörer dem Unterzeichner gegenüber gleich entsprechende Wünsche äußerten.
Andreas Brunner. Foto: © Martin Fels / PIXELIO. Titelfoto: © Florentine / PIXELIO