Im Titelbild: Ein Modell zeigt, wie das Areal künftig aussehen könnte. Gut zu erkennen sind der Neubau links, die Wiederherstellung des Aufbaus auf dem Dach sowie das Türmchen über dem Haupteingang. Rechts vorne die Gastronomie. Quelle: Architekturbüro Conn und Giersch
Kommt auf Reckendorf ein Großprojekt zu? Das hängt ganz davon ab, ob die Gemeinde ausreichend Fördergelder akquirieren kann. Die kommenden Jahre werden daher spannend.
Schon seit vielen Jahren dominiert die Industriebrache der ehemaligen Brauerei Stolbinger den Reckendorfer Ortskern. Klar ist: Das soll nicht für immer so bleiben, die Gemeinde arbeitet an Lösungen für den Gebäudekomplex, der sich in ihrem Besitz befindet. Im Nachgang zu einer Bürgerwerkstatt hat das Architekturbüro Conn und Giersch – Marisia Conn und Claus Giersch – ein Nutzungskonzept für das Areal entwickelt. Und auch eine Kostenschätzung war in der Gemeinderatssitzung vom 14. September 2023 zu vernehmen.
Unsere Panoramaaufnahme zeigt das Stolbinger-Grundstück in seiner ganzen Dimension.
Aber der Reihe nach. Marisia Conn stellte zunächst, Gebäudeteil für Gebäudeteil, die möglichen neuen Nutzungen vor. Erneut gastronomisch genutzt werden könnte der ehemals dafür vorgesehene Bereich. Eine Gastwirtschaft würde hier aber nicht passen – da sei Reckendorf gut versorgt. Vielmehr würde sich ein Tagescafé mit abendlichem Bistro-Angebot gut einfügen, so Conn. Natürlich wären Restaurierung und Modernisierung der Räume nötig, das gelte auch für die Wohnungen darüber. Der ehemalige Tanzsaal links daneben könnte multifunktional eingesetzt werden – angemietet durch die künftigen Mieter im Gebäude oder auch die Öffentlichkeit, etwa für Feiern. Eine Cateringküche käme hier ergänzend zum Einsatz. Außenbereiche gebe es dann für das Bistro, aber auch vor dem Saal.
Im hinteren Bereich des Areals wäre Platz für die Gemeindebücherei sowie die Gemeindeverwaltung mit Büros für Bürgermeister, weitere Mitarbeiter sowie einen Archivraum. Durch Abriss sowie einen Neubau im linken Teil des Grundstücks könnten Parkplätze in einer Art Tiefgarage entstehen, darüber eine Tagespflegeeinrichtung, eine Arztpraxis und eine weitere Fläche, die zum Beispiel als Co-Working-Space eingerichtet werden könnte. „Solche Modelle sind gerade im Kommen, man müsste natürlich prüfen, ob es in Reckendorf dafür Bedarf gibt“, so Conn. Selbstverständlich könnte aber auch eine andere Gewerbeeinheit hier untergebracht werden.
Im südlichen Bereich könnten Parkplätze gebaut werden, darüber das Gebäude für Tagespflege und mehr. Quelle: Architekturbüro Conn und Giersch
Reckendorf von oben
Ein Highlight des Vorentwurfs der Architekten befindet sich ganz oben. Denn ein fast 100 Quadratmeter großer, multifunktional nutzbarer Saal mit Rundumverglasung könnte tolle Blicke auf den Ort von oben ermöglichen. Auch die Sitzungen des Gemeinderats könnten hier stattfinden. Conn erklärte zudem, dass das ehemalige Türmchen über dem Haupteingang wiederhergestellt werden könnte – dies wäre dann ein weiteres Identifikationssymbol für das Gebäude.
Aufgrund der Nutzungsverteilung – 59 Prozent öffentlich – könnten die Chancen auf Fördergelder gut sein. Dr. Thomas Gunzelmann vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der in der Sitzung ebenfalls zu Gast war, wies aber darauf hin, dass hier die verschiedensten Quellen „angezapft“ werden müssten. Über die Förderhöhe könne vorab keine Auskunft gegeben werden, theoretisch seien bis zu 80 Prozent möglich.
Lila markiert ist hier der Bereich für die Gemeindeverwaltung. Quelle: Architekturbüro Conn und Giersch
Fördergelder kommen nicht von selbst
Und die wären unbedingt nötig. Denn Marisia Conn rechnete Kosten von fast 16 Millionen Euro vor. Das seien rund zwei Millionen Euro mehr im Vergleich zu einer Variante ohne Abriss und Neubau. Der bringe aber im Verhältnis gesehen sehr viel – von mehr Fläche bis hin zu den Parkplätzen. Die Gemeinde könnte das Gesamtprojekt auch aufteilen und in mehreren Abschnitten nach und nach verwirklichen.
Thomas Gunzelmann meinte: „Die erste Etappe ist geschafft, nun muss der Gemeinderat entscheiden, ob es weitergehen kann.“ Und das tat das Gremium auch. Mit großer Mehrheit, bei nur zwei Gegenstimmen, wurden das Nutzungskonzept, das jederzeit abgeändert werden kann, sowie die Einleitung der weiteren Schritte beschlossen. Insbesondere Bürgermeister Manfred Deinlein wird nun gefordert sein, auf Fördergeber wie die Regierung von Oberfranken, die Oberfrankenstiftung sowie viele weitere Ämter und Stiftungen zuzugehen und sie von diesem Projekt zu überzeugen. Falls die Fördergelder nicht wie erhofft fließen sollten, entstehen für die Gemeinde keine Pflichten, ein „Exit“ ist jederzeit möglich.
Tipp zum Weiterlesen:
Viele Informationen zum Thema „Stolbinger“ finden Sie in unserer Artikelsammlung.
Weiteres aus der Sitzung vom 14. September 2023
Die Gemeinde Reckendorf erhält 15.000 Euro Fördermittel für die Restaurierung von Archivgut. Die Gesamtkosten liegen bei rund 30.000 Euro, wie Bürgermeister Manfred Deinlein in seinem Kurzbericht erwähnte. Die Sanierung des Hartplatzes an der Schule sei abgeschlossen, es fehle noch der Zaun zur Abgrenzung vom Schulgelände. Die gemeinsam mit Nachbarkommunen beauftragte Klärschlammpresse soll im Oktober geliefert werden.
In Kürze startet auch die Ausschreibung für die Leitungsarbeiten an der Ortsdurchfahrt. Erst vor wenigen Tagen hatte eine Besprechung mit der Planungsgruppe Strunz zur Konzeption der örtlichen und überörtlichen Umleitungsstrecken während der Bauphase stattgefunden.
Bei einer Gegenstimme wurde der mögliche Kauf eines so genannten „Wortschildes“, einer Kunstinstallation von Marc-Dominic Boberg, abgelehnt. Die Schilder enthalten Worte oder Sprüche, die sich gegen rechte Propaganda richten. Mehreren Gemeinderäten war die Botschaft aber zu unverständlich.