Im Titelbild: Die so genannte Punktwolke zeigt als 3D-Modell die Dimensionen der Gebäude. Quelle: Conn/Giersch Architekten
Drei Jahre ist es her, dass das Stolbinger-Areal in Reckendorf letztmalig groß in die Öffentlichkeit rückte. Wären die alten Gebäude für das vom Landkreis Bamberg geplante Bierkulturzentrum passend? Davon ist aktuell nichts mehr zu hören. Dafür gibt es andere Ideen. Und auch die ersten Untersuchungsergebnisse der Architekten liegen vor.
Im Zuge des Kommunalen Denkmalkonzeptes, das in Reckendorf entwickelt wird, spielt das so genannte Stolbinger-Areal eine entscheidende Rolle. Ein Grundstück mit weit über 1.500 Quadratmetern Fläche, zahlreichen Gebäuden und hohem Denkmalwert steht mitten im Ort leer. Marisia Conn und Claus Giersch vom Architekturbüro Conn und Giersch aus Fürth zeigten anhand von Fotos und 3D-Modellen am 26. April 2022 in Reckendorf auf, wie das Anwesen aussieht und wie möglicherweise eine Nachnutzung denkbar wäre.
Die Architekten Marisia Conn und Claus Giersch am 26. April in Reckendorf.
Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Was fehlt in Reckendorf? Was würde dem Ort guttun? „Wir durften uns mit einem tollen Areal auseinandersetzen“, meinte Architektin Marisia Conn. Sie zählte einige wichtige Punkte auf: Durch die Verschiebung des Geländes, die sich über das gesamte Grundstück zieht, sind nicht alle Ebenen auf gleicher Höhe. Was im einen Gebäude der Keller ist, könnte im anderen das Erdgeschoss sein. „Das Anwesen ist aufgebaut wie eine kleine Stadt. Es gibt Gassen, die zwischen den Gebäuden durchführen.“ Aber: Teile der Gebäude sind einsturzgefährdet, einige statische Untersuchungen stehen noch aus. Klar ist auch: Die ältesten Bereiche entstanden bereits in den 1630er Jahren – wie der Wirtschaftsbau mit Kellern. Im 18. Jahrhundert wurden weitere Teile wie die Scheune errichtet, vor 1900 das Gebäude mit Tanzsaal. Um das Jahr 1900 ist dann der heute sichtbare Gesamtkomplex zu datieren.
Auf dem Foto von Adelheid Waschka, entstanden im Jahr 2012, ist die Gebäudestruktur ebenfalls gut zu sehen.
Das Gaststättengebäude in der Seitenansicht. Quelle: Conn/Giersch Architekten
Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten
Der hohe Denkmalwert ergibt sich auch dadurch, dass vieles vom Altbestand erhalten geblieben ist. Größenteils wurden die alten Bereiche lediglich verschalt, so finden sich etwa die alten Stuckdecken einfach unter Verschalungen. „Ihr Ziel sollte es sein, eine lebendige Nutzung zu erreichen, die auch die Kraft hat, Menschen nach Reckendorf zu holen“, so Conn. Insbesondere der Tourismus könnte dabei eine Rolle spielen.
Denn auf Basis erster Ideen aus dem Gemeinderat hatten Conn und Giersch bereits zwei Varianten entwickelt, wie sich das Areal in die Zukunft führen ließe. Etwa mit dem Errichten einer Tagespflege für Senioren im ehemaligen Bereich der Wirtschaft, einem Café mit Veranstaltungssaal im Tanzsaal-Gebäude, einem Ort für die Gemeindebücherei, Übungsräumen für Chöre und Blaskapelle, einem Frisörladen und auch einer kleine Fahrradwerkstatt, die der Fahrrad-Boom in Oberfranken möglich machen könnte. Entschieden ist dabei noch nichts, die möglichen Nutzungen sollten insbesondere das große Flächenpotenzial zeigen. Bürgermeister Manfred Deinlein spielte den Ball an die Besucherinnen und Besucher des Infoabends weiter. Ideen seien gefragt. Conn und Giersch erklärten, dass es sehr bald auch einen Workshop geben werde, bei dem sich die Bürgerinnen und Bürger intensiv einbringen können.
Die Gebäude im Längsschnitt. Quelle: Conn/Giersch Architekten
Haus E im Schnitt. Quelle: Conn/Giersch Architekten
Die Punktwolke zeigt das Areal von oben. Quelle: Conn/Giersch Architekten
Auch Wohnungen denkbar?
Erst Wünsche und Anregungen kamen aber auch schon jetzt aus dem Publikum. Da es sich um ein Großprojekt handle, das Reckendorf nach Abzug möglicher Mittel aus der Städtebauförderung auch bezahlen können müsse, sollte auch über das Schaffen von Wohnraum nachgedacht werden, war zu hören. Und gewünscht war zudem, das Thema Arztpraxis in den Fokus zu rücken und eventuell hier Räumlichkeiten vorzusehen. „Bei diesem Thema ist nicht die Raumfrage das Problem“, erklärte Deinlein und versicherte, bei der Suche nach einer Ärztin oder einem Arzt für Reckendorf weiter dranzubleiben.