Die Zahlen sind Makulatur, wenn die Akteure vor Ort nicht mitmachen

Mit großen Schritten bewegen sich Stadt und Landkreis Bamberg auf die Gründung der Regionalwerke zu. Nachdem das Thema in allen Stadt- und Gemeinderäten auf der Agenda stand, konnten sich Bürgermeister und Gemeinderäte bei einer Veranstaltung im Hegelsaal der Bamberger Konzert- und Kongresshalle noch einmal informieren und Fragen stellen. Wirklich Neues gab es aber nicht mehr zu erfahren – bis auf das Zahlenwerk und einige Kritikpunkte…

„Jeder muss die Ziele in der Energiewende selbst erreichen.“ Bambergs Bürgermeister Andreas Starke (SPD) zitierte zur Begrüßung Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), der sich so bei einer Veranstaltung des Deutschen Städtetages geäußert hatte. „Die Regionalwerke sind ein Beleg für die gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Landkreis Bamberg“, so Starke. „Dennoch stellen sich sicher manche die Frage: Was soll dieses Gebilde überhaupt?“ Um Aufklärung in dieser Sache war die Informationsveranstaltung im Hegelsaal gedacht.

Landrat Dr. Günther Denzler sah die Regionalwerke als „Meilenstein zur Bewältigung der Aufgaben im Rahmen der Energiewende“. Damit nehme man eine Vorreiterrolle in Deutschland ein. Klar sei aber auch, dass sie den ersten Jahren ein Drauflegegeschäft seien. Ein ausreichendes Startkapital könne dies aber überbrücken. Mit dem Gründungskapital von etwa einer halben Million Euro würden aber weder Stadt und Landkreis noch Kommunen überfordert. Selbstverständlich brächten die Regionalwerke auch eine Gegenleistung: „Die Energiewende braucht keinen blinden Aktionismus, sondern Kompetenz und Struktur.“


Bambergs OB Andreas Starke begrüßte im Hegelsaal.

Alle sollten mitmachen

Außerdem äußerte Denzler Ziele, die mit den Regionalwerken verfolgt würden: Stärkung der erneuerbaren Energien, Einbindung der Bürger über Projektgesellschaften, Verbleib der Wertschöpfung in der Region, Beratung der Gemeinden, Möglichkeit der Übernahme von Stromverteilernetzen und aktive Mitgestaltung der Energiewende. „Den Gemeinden ist dennoch der Beitritt freigestellt“, sagte Denzler. „Ich kann die Bedenken in einigen Gemeinderäten verstehen. Aber: Wir wollen mit den Regionalwerken eigene Aktivitäten der Gemeinden nicht beschneiden.“ Daher sei es wichtig, geschlossen diesen Weg zu gehen.

Gabriele Pfeff-Schmidt, Kreisbaumeisterin und Geschäftsführerin der Klima- und Energieagentur Bamberg, stellte im Rahmen einer Präsentation die Idee der Regionalwerke nochmals detaillierter vor. Ihre Stichworte: Vernetzung, Energieautarkie von Stadt und Landkreis Bamberg bis 2035 und Stärkung der regionalen Wirtschaft. „Wir müssen Betroffene zu Beteiligten machen“, sagte Pfeff-Schmidt mit Blick auf die mögliche Beteiligung der Bürger.

Georg Ensner, Verwaltungsdirektor im Landratsamt Bamberg, der kommissarisch die Geschäftsführung der zu gründenden Regionalwerke übernehmen wird, stellte das Gesellschaftsmodell vor. Die Regionalwerke werden mit einem Stammkapital von 51.300 Euro ausgestattet sein. Auf Stadt und Stadtwerke entfallend dabei jeweils 8.550 Euro, auf den Landkreis 17.100 Euro und auf jede Landkreiskommune 475 Euro. Außerdem leisten die Gesellschafter Einmalzahlungen: Stadt und Stadtwerke jeweils 70.000 Euro, Landkreis 140.000 Euro und jede Kommune knapp unter einem Euro pro Einwohner.

Der Geschäftsführer der Energieagentur Nordbayern, Erich Maurer, stellte seinen Businessplan vor, den er für die Regionalwerke ausgearbeitet hatte. Einnahmen sollen die Regionalwerke vor allem durch den Verkauf von Dienstleistungen erwirtschaften, zum Beispiel durch die Begleitung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien und durch die Betriebsführung von Anlagen. Auch Machbarkeitsstudien gehören zu ihrem Aufgabenbereich. Bis zum Jahr 2017 sollen so schwarze Zahlen erreicht werden. Maurer wies aber auf ein wichtiges Detail hin: „Die Zahlen im Businessplan sind Makulatur, wenn die Akteure vor Ort nicht mitmachen.“ Im Klartext heißt das: Jede Kommune, die sich nicht an den Regionalwerken beteiligt, macht sich durch fehlende Finanzmittel bemerkbar und führt damit zu einem späteren Erreichen der Gewinnzone. Größter Kostenfaktor wird das Personal sein, das zunächst aus einem Geschäftsführer und einem Assistenten bestehen wird.


Ein Auszug aus dem Businessplan der Regionalwerke
(zum Vergrößern anklicken).

Bleibt für die Regionalwerke überhaupt noch was übrig?

Nach der etwas über einstündigen Präsentation konnten die Anwesenden Fragen stellen. Gabriele Pfeff-Schmidt lehnte gleich zu Beginn eine erneute Grundsatzdiskussion ab. Dafür sei im Vorfeld genügend Zeit gewesen. Sie bedauerte, dass nicht alle Gemeinderäte die Möglichkeit genutzt hätten, sich durch einen Vertreter des Landratsamtes die Idee der Regionalwerke genauer vorstellen zu lassen.

Wichtige Ansatzpunkte der Diskussion waren vor allem das Zustandekommen der Zahlen und die bereits laufenden Projekte im Bereich erneuerbare Energien. Johann Pfister, Bürgermeister von Bischberg und stellvertretender Landrat, wollte sich den Businessplan und seine Zahlen genauer erklären lassen. Erich Maurer meinte dazu: „Ob die Zahlen auch so Realität werden, weiß niemand. Ich kann aber aus meiner Erfahrung mit vergleichbaren Projekten sagen: Sie sind realistisch.“


Wünschte keine Grundsatzdiskussion mehr: Gabriele Pfeff-Schmidt.

Bürgermeister Helmut Krämer aus Heiligenstadt gab zu bedenken, dass es neben den Regionalwerken viele andere Akteure im Bereich der Projektentwicklung gebe, die schneller gewesen seien. „Am Ende bleibt für die Regionalwerke vielleicht nicht mehr viel übrig“, sagte er. Auch dazu nahm Maurer Stellung: „Selbstverständlich sollten die Gemeinden bei der Veräußerung von Projekten durch die Regionalwerke mithelfen.“ Heißt konkret: Die Regionalwerke sind gegenüber anderen Projektentwicklern zu bevorzugen.

Gegründet sind die Regionalwerke mit dieser Veranstaltung übrigens noch nicht. Zunächst müssen die Stadt und Gemeinderäte entscheiden, ob sie mitmachen. Als Gründungstag ist der 18. Dezember 2012 vorgesehen.

Johannes Michel. Titelfoto: © Hans-Christian Hein  / PIXELIO

 

Mit den Regionalwerken in den Stadt- und Gemeinderäten unserer Region haben wir uns bereits ausführlich beschäftigt.
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