Gemeinderat befasste sich mit möglichem Bürgerentscheid

Wird ein Bürgerbegehren initiiert, sind die Unterschriften gesammelt und soll daraus ein Bürgerentscheid werden, müssen die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte über dessen Zulässigkeit entscheiden. Dabei geht es insbesondere um rechtliche Fragen. So auch in Zapfendorf.

Am 12. Dezember 2022 lehnte der Gemeinderat bei Stimmengleichheit (neun zu neun) die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohncontainern auf einem gemeindlichen Grundstück ab. Schon damals war in der Sitzung klar, dass dies Folgen haben dürfte. Und die wurden noch vor Weihnachten konkreter: Private Grundstückseigentümer, deren Grundstücke für eine solche Anlage ebenfalls in Frage gekommen wären, stellten diese nicht zur Verfügung. Auch kleinere Einheiten, also Wohnungen oder Privatzimmer, sind laut Regierung von Oberfranken für die Unterbringung von Flüchtlingen rechtlich nicht denkbar – die kleinste Einheit wäre etwa ein Haus für mindestens 15 Personen.

Da die Alternativen, etwa die Inanspruchnahme von Turnhallen oder Gemeindehäusern durch das Landratsamt erhebliches Konfliktpotenzial mit sich brächte, erfolgte für die Gemeinderatssitzung vom 26. Januar 2023 ein fraktionsübergreifender Antrag zahlreicher Rätinnen und Räte – 14 stimmten dann auch für ihn, drei dagegen. Inhalt: Der Marktgemeinderat beschließt, eine gemeindliche Fläche für drei Jahre ans Landratsamt zu vermieten, welches dort eine Flüchtlingsunterkunft errichten will. Vorbehaltlich des Zustandekommens eines Mietvertrags. Dieser wurde noch in der gleichen Sitzung, im nichtöffentlichen Teil, auf den Weg gebracht und am 7. Februar auch geschlossen.

Die alte Schulturnhalle platzte aus allen Nähten

Zwei Tage später ging im Rathaus der erstmalige Antrag auf einen Bürgerentscheid ein – mit der Information, dass die Unterschriftenlisten folgen. Und am 17. Februar lag schließlich das Bürgerbegehren in der Form vor, mit der sich der Gemeinderat nun am 16. März 2023 beschäftigen musste.

„Bürgerbegehren/Bürgerentscheid ‚Containerdorf‘“

Laut Eintrag auf der Webseite „Transparentes Zapfendorf“ (externer Link) sammelten die Initiatorinnen und Initiatoren, im Antrag sind Nicole Ortlauf, Manuela Kneier-Bayer und Natascha Hahn genannt, innerhalb von fünf Tagen knapp 700 Unterschriften. Über die Zulässigkeit eines Bürgerentscheids muss der Gemeinderat innerhalb eines Monats nach Eingang der Unterschriftenliste im Rathaus entscheiden.

Und diese Sitzung, anberaumt in der alten Schulturnhalle, sorgte für großen Andrang. Bereits eine halbe Stunde vor Beginn war die Halle dermaßen gefüllt, dass kaum ein Durchkommen war. Mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger, aber auch Nicht-Zapfendorfer, hatten sich eingefunden, um den Entscheid über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu verfolgen. Die Zulässigkeit bemisst sich anhand rechtlicher Fragen, die Prüfung wurde von der Gemeindeverwaltung durchgeführt. Auch die Kommunalaufsicht am Landratsamt Bamberg sowie der Bayerische Gemeindetag wurden einbezogen – beide Stellen stützen die Ausführungen, die Geschäftsleiter Markus Müller-Hoehne vortrug.

„Sind Sie dafür, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 26.01.2023 aufgehoben wird, um die Vermietung/Verpachtung gemeindlicher Flächen an das Landratsamt Bamberg zu verhindern und dass alle weiteren rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen werden, um das Projekt zu verhindern?“ So lautet die Fragestellung. Formell sind die Zulassungsvoraussetzungen gegeben – die Frage kann mit Ja oder Nein beantwortet werden, die erforderlichen Unterschriften, mindestens 405, liegen vor (677 gültige). Auch die ersten Punkte in Sachen „materielle Zulässigkeit“ passen – es handelt sich beim Projekt um den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde, es liegt kein ausgeschlossener Gegenstand wie Fragen der Organisation der Gemeindeverwaltung vor.

Viele Interessierte waren in die Turnhalle gekommen.

Warum der Antrag auf Bürgerentscheid zurückzuweisen ist

Aber: Die verlangte Maßnahme des Bürgerbegehrens widerspricht rechtlichen Vorschriften und vertraglich eingegangenen Verpflichtungen. Denn mit dem Landratsamt wurde bereits ein gültiger Mietvertrag für 36 Monate geschlossen, der auch keinen Rücktritt oder keine vorzeitige Kündigung vorsieht. Außerdem verstößt das Bürgerbegehren gegen die in der Asyldurchführungsverordnung festgehaltene gesetzliche Mitwirkungspflicht der Kommune – „Landkreise und Gemeinden haben bei der Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften mitzuwirken“. Problematisch sind auch die Formulierungen, „alle weiteren rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen“ zu ergreifen sowie „Projekt“, was dazu führt, dass die Fragestellung nicht hinreichend bestimmt ist. Und: Die Begründung zum Bürgerbegehren ist nicht korrekt, da es dort heißt, dass im Gemeinderat am 26. Januar aus „nicht näher nachvollziehbaren Gründen“ eine erneute Abstimmung stattfand. Grund war aber der fraktionsübergreifende Antrag.

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Fazit von Müller-Hoehne: „Der Antrag auf Bürgerentscheid „Gegen die Vermietung/Verpachtung gemeindlicher Flächen an das Landratsamt Bamberg“ vom 17.02.2023 ist materiell rechtswidrig und vom Marktgemeinderat als unzulässig zurückzuweisen.“ Dem folgte der Gemeinderat auch mit 16 zu drei Stimmen. Im Saal sorgte der Vortrag für zahlreiche Zwischenrufe. Auch, dass das Mikrofon nicht richtig funktionierte und somit vieles nicht gut zu verstehen war, heizte die Stimmung an. Bürgermeister Michael Senger betonte, dass die Ablehnung lediglich rechtliche Gründe habe, der Gemeinderat habe keine Wahl. Auch Müller-Hoehne hatte darauf hingewiesen, dass die Ablehnung alternativlos sei. Außerdem erklärte er, dass bei Durchführung eines Bürgerentscheids auf Basis der aktuellen Fragestellung dieser von der Rechtsaufsicht oder dem Verwaltungsgericht „kassiert“ werden könnte: „Stellen Sie sich vor, Sie gehen zur Wahl, der Bürgerentscheid verläuft vielleicht sogar in Ihrem Sinne – und dann erklärt ihn ein Gericht für unzulässig.“

Abgesehen von zahlreichen Zwischenrufen, Fragen (die in einer Gemeinderatssitzung unzulässig sind, anders wäre es bei einer Infoveranstaltung, wie sie für kommenden Mittwoch, 18.30 Uhr, ebenfalls in der Turnhalle, geplant ist) und auch einigen Beleidigungen verlief die Sitzung verhältnismäßig friedlich. Der Sicherheitsdienst musste nicht eingreifen. Nachdem Senger den Tagesordnungspunkt verließ und in der Tagesordnung fortfuhr, waren vor der Halle noch Redebeiträge und Applaus zu vernehmen. Diskussionsbedarf gibt es damit weiterhin, spätestens am Mittwoch.

Update vom 21. März 2023: Uns erreichte eine Pressemitteilung der Bürgerinitiative, die wir zur Vollständigkeit hier einbinden.

„Die Unzulässigkeitserklärung des Bürgerbegehrens in der Gemeinderatssitzung am 16.03.2023 wurde zunächst zur Kenntnis genommen. Die in der Gemeinderatssitzung erläuterten Begründungen für diese Unzulässigkeit waren aus Sicht der Bürgerinitiative nicht nachvollziehbar. Nach interner Prüfung wurde entschieden, die Unzulässigkeitserklärung rechtlich zu prüfen um das weiterhin fokus,ierte Ziel des Bürgerbescheids aufrecht zu erhalten. Die Bürgerinitiative stellt sich nicht gegen die Aufnahme von Schutzsuchenden, jedoch halten wir die beschlossene Variante in Form eines Containerdorfes für ungeeignet. Um weiterhin für die Interessen der Unterstützer des Bürgerbegehrens einzustehen werden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Ob das Bürgerbegehren tatsächlich rechtswidrig ist, ist deshalb in Klärung bei diversen Juristen. Eine Klage beim Verwaltungsgericht wird angestrebt.“

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3 Kommentare

  1. Typisch für Zapfendorf´s Rathaus – Bürgermeister und Geschäftsführung brocken sich die Probleme selbst ein! Häufig macht man den 3. oder 4. Schritt vor dem Ersten und wundert sich dann über die Reaktion der Bürger.
    Hätte man zuerst eine Bürgerversammlung, vor einer Entscheidung pro bzw. kontra – abgehalten,
    die Gemeindemitglieder über die sach- und rechtlichen Bestimmungen aufgeklärt, wären viele
    Emotionen, Reaktionen usw. nicht so ausgefallen. Die in der Gemeinde erfolgte Verärgerung vieler Bürger, mit seit einigen Wochen erfolgten Demonstrationen usw., ist der Strategie des 1. Bürgermeisters in dieser Angelegenheit und dessen Unvermögen als Führungskraft geschuldet.
    Zapfendorf hat in der Vergangenheit durch die 5-jährige Unterbringung in den ehemaligen Gastwirtschaften Hofmann und Hennemann in Unterleiterbach bereits einen erheblichen Beitrag für die Unterbringung von Flüchtlingen gesorgt. Wo waren da viele andere Gemeinden im Landkreis? Diese sollten zunächst einmal aufgefordert werden, die augenblickliche Situation zu meistern.
    Es fehlt in Zapfendorf auch in der Diskussion eine Forderung des Rathauses an den Landkreis,
    dass man z. B. der Unterbringung von Familien positiv gegenüber stehe ( wenn man die Meinung in der Gemeinde hört , ist dafür eine größere Akzeptanz vorhanden ).
    Die Mitnahme der Zapfendorfer Bürger ist beim Bürgermeister und vielen Gemeinderäten offensichtlich ein Fremdwort!

  2. Ich denke das der Gemeinerat und auch der Bürgermeister keine andere Wahl hatten- wenn Sie nicht gegen geltendes Recht verstossen wollen.
    Ich würde mir einen Sehr sehr guten Rechtsanwalt suchen der in diesen Sachen sich Top auskennt – und dann Versuchen etwas dagegen zu machen – aber immer Nur Rumkrakelen und Stänkern Bringt Absolut Nichts sondern bringt nur die Bürger gegeneinander auf.
    Befragt euch – Holt euch einen Rechtsbeistand und dann kann man was machen.

  3. Alles in allem wird hier nur aufgezeigt, dass die Politik unseres Bürgermeisters absolut untransparent ist. In der Vergangenheit hat er einfach versäumt die Bürger Zapfendorfs bei den Entscheidungen der Gemeindeführung abzuholen und für klarheit zu sorgen. Sei es die Erhöhung der Abwassergebühren, die Anhebung der Grundsteuer oder die Unterbringung von Flüchtlingen. Es wäre doch ein leichtes, solche Vorgänge im Vorfeld durch eine Bürgerversammlung transparent zu machen. Aber im Gegenteil! Es werden Entscheidungen in nichtöffentlichen Sitzungen getroffen und selbst auf Nachfrage nicht einmal die Rahmenbedingungen genannt.
    Es bleibt zu hoffen, dass die Bürger in Zukunft mehr und klarer mit einbezogen werden.

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