Gemeinderat lehnt Anlage zur Trocknung von Klärschlamm ab

Bereits in drei Sitzungen des Zapfendorfer Marktgemeinderates war die geplante Anlage zur Klärschlammtrocknung gleich neben dem Holzkraftwerk Thema – am 11. Juli 2019 nun erneut. Diesmal ging es um den konkreten Bauantrag. Viele Gemeinderatsmitglieder waren skeptisch, so dass eine emotional geführte Diskussion entstand.

Schon Anfang 2018 wurden die ersten Planungen vorgestellt. Die Firma Veolia, die das Holzheizkraftwerk betreibt, würde gerne in unmittelbarer Nähe dazu eine Anlage zur Trocknung von Klärschlamm errichten. Im Oktober und Dezember wurden die Entwürfe dann konkretisiert, auch das Grundstück änderte sich. Denn südlich des Kraftwerks besteht ein Bebauungsplan mit sehr konkreten Festsetzungen: Das „Sondergebiet Feuerungsanlage ausschließlich zur Verbrennung von Hölzern mit Nebenanlagen zur Holzlagerung und Holzbehandlung“ schließt andere Nutzungen aus, der Gemeinderat müsste dies ändern, wozu aber keine Bereitschaft erkennbar war. Und so fand Veolia einen alternativen Standort – nördlich des Kraftwerks, direkt neben der Kläranlage des Marktes Zapfendorf. Hier gilt die Sondergebietsregelung nicht, die Fläche ist einfaches Gewerbegebiet.


Das Luftbild (Quelle: Google Earth) zeigt die Standorte: (1) bezeichnet den neuen, (2) den zuerst geplanten Standort im Sondergebiet (zum Vergrößern antippen oder anklicken).

Durch die Klärschlammtrocknungsanlage soll die Gesamtenergiebilanz des Holzkraftwerks verbessert werden, indem die Abwärme zur Trocknung genutzt wird. Der Klärschlamm würde mit LKWs werktags zwischen 7.00 und 20.00 Uhr angeliefert, rund 15 LKW-Bewegungen pro Tag sind angedacht. Die gesamte Logistik soll in einer geschlossenen Halle abgewickelt werden, um Geruchsemissionen zu verhindern. Zur Anlage gehören die Halle, ein Schornstein für die Abluft sowie ein großes Silo. „Das Vorhaben entspricht dem Bebauungsplan, es wurden keine Befreiungen beantragt“, so Bürgermeister Volker Dittrich. Hans-Jürgen Einwag aus der Gemeindeverwaltung erklärte, der Gemeinderat müsse sein Einvernehmen nach gültiger Rechtslage erteilen – und nach dieser könne das Vorhaben, auch laut Regierung von Oberfranken, nicht abgelehnt werden.

Zudem habe Veolia im Vergleich zu den ersten Planentwürfen nachgebessert. Vorgesehen sei auch eine biologische Kleinkläranlage für das bei der Trocknung anfallende Wasser, nach Entfernung der Schikane (S-Kurve) an der künftigen Westtangente könne dieses geklärte Wasser dann in den Main geleitet werden.

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Ablehnung ist rechtlich wohl unzulässig

Aufgrund der Nähe zur Ortschaft befürchtete Gemeinderat Dieter Rattelsdorfer (Vereintes Umland) Geruchsbelästigungen. „Wir müssen uns fragen: Welchen Vorteil hat die Kommune, wenn wir zustimmen? Aktuell sehe ich nur Belastungen und Nachteile.“ Am deutlichsten äußerte sich Dagmar Raab (SPD) gegen das Vorhaben. „Wir wollen nicht, dass dort eine Müllentsorgungsinsel entsteht.“ Raab und Klara Ott (CSU) verwiesen auch auf die Kritik und das Bürgerengagement zu Zeiten des Baues des Holzkraftwerks. „Hier werden schwer belastete Hölzer verbrannt“, so Ott.


So sieht es am geplanten Standort momentan aus. Dort, wo sich der Containerkran befindet, ist die Halle für die Klärschlammtrocknung vorgesehen. Rechts im Bild: Das Heizkraftwerk und vorne die Einfahrt zur Kläranlage des Marktes Zapfendorf – alles im Bereich der „Schikane“, die noch entfernt werden muss, wenn die Straße zur Westtangente wird.

„Die Firma hat sich bewegt und ist uns entgegengekommen. Veolia wird später wieder ein Verhandlungspartner sein und wir erreichen nichts, wenn wir den Bauantrag ablehnen. Das wäre eine unberechtigte Verweigerungshaltung“, meinte Gemeinderat Thomas Miske (Aktive Bürgerliste Unterleiterbach). Auch Andreas Schonath (Wählergemeinschaft Oberleiterbach) sah keine Chance, das Projekt zu verhindern, also gelte es, das Beste für den Markt Zapfendorf rauszuholen – etwa Sonderkonditionen für die Trocknung des eigenen Klärschlamms aus der Kläranlage. Michael Vogel (Bürger-Vertretung Lauf) sah es als falsches Signal für weitere Gewerbeansiedlungen, wenn über die wenigen LKW-Bewegungen pro Tag diskutiert würde. Und Dr. Christopher Rosenbusch (CSU) blickte gedanklich nach vorne – wenn der Gemeinderat den Antrag ablehne, würde das Landratsamt den Gemeinderatsbeschluss eben ersetzen, denn die Ablehnung sei rechtlich nicht zulässig.

Den Ausschlag für das Ergebnis der Abstimmung gab dann das Statement von Dr. Andreas Büttner (Bürger-Vertretung Lauf): „Warum lassen wir uns nicht zwingen, als Zeichen an die Bevölkerung?“ So endete die Abstimmung mit acht zu zehn gegen den Bauantrag. Der wird den Gemeinderat in einigen Monaten sicherlich erneut erreichen – das Landratsamt wird dem Gremium die Möglichkeit geben, den Beschluss zu korrigieren. Sollte das nicht geschehen, kann es den Beschluss aufgrund seiner Rechtswidrigkeit ersetzen – „Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens“ heißt dies offiziell laut Bayerischer Bauordnung.

Art. 67

Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens

(1) 1Hat eine Gemeinde ihr nach § 14 Abs. 2 Satz 2, § 22 Abs. 5 Satz 1, § 145 Abs. 1 Satz 2, § 173 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB oder nach Art. 63 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 erforderliches Einvernehmen rechtswidrig versagt und besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, kann das fehlende Einvernehmen nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 ersetzt werden; in den Fällen der § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB ist das fehlende Einvernehmen nach Maßgabe von Abs. 2 bis 4 zu ersetzen. 2Außer in den Fällen des § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB besteht kein Rechtsanspruch auf Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.

(2) Art. 112 der Gemeindeordnung (GO) findet keine Anwendung.

(3) 1Die Genehmigung gilt zugleich als Ersatzvornahme im Sinn des Art. 113 GO; sie ist insoweit zu begründen. 2Entfällt die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Genehmigung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 oder 4 VwGO, hat die Anfechtungsklage auch insoweit keine aufschiebende Wirkung, als die Genehmigung als Ersatzvornahme gilt.

(4) 1Die Gemeinde ist vor Erlass der Genehmigung anzuhören. 2Dabei ist ihr Gelegenheit zu geben, binnen angemessener Frist erneut über das gemeindliche Einvernehmen zu entscheiden.

Quelle: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayBO

Nachrichten am Ort hat die Gemeinderatssitzungen in Zapfendorf zum Thema „Klärschlamm“ ausführlich begleitet. Folgende Artikel wurden dazu seit Anfang 2018 veröffentlicht:

„Schulstandort gesichert“

Unter „Verschiedenes“ berichtetet Bürgermeister Volker Dittrich noch über eine Sitzung des Mittelschulverbundes. Die Diskussion, Mittelschüler aus Zapfendorf abzuziehen, sei vom Tisch, es werde keine strukturellen Änderungen in Zapfendorf geben. „Unser Schulstandort und der Verbund sind damit gesichert“, erklärte Dittrich. Außerdem informierte er über den Zustand der Valentinikapelle in Unterleiterbach. Die Schäden am Gebäude seien tiefergehend als gedacht, es werde ein weiteres Gutachten nötig. Daher bleibe die Kapelle vorerst gesperrt.

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Ein Kommentar

  1. Vorweg sei festgestellt, nein auch ich brauche keine Klärschlammtrocknung in Zapfendorf – dass dies aber nun (zwar verzögert) so kommen wird wurde schon vor Jahren bei der Festlegung des Flächennutzungsplans verursacht. Anstatt die Konsequenzen aus der damaligen Entscheidung zu ziehen, verstößt die Gemeinderatsmehrheit vorsätzlich unter dem Vorwand des Bürgerwillens gegen geltendes Recht, mit der Folge, dass am Ende eine „normale“ gute Gewerbefläche anstatt des Sondergebiets verbraucht wird, das Verhältnis zu einem örtlichen Investor zumindest belastet ist und am Ende sogar evlt. Schadensersatzansprüche auf den Markt Zapfendorf zukommen. Vielleicht steckt bei dem/der ein oder anderen hinter dieser Entscheidung ja die Hoffnung, nach der Wahl im nächsten Jahr nicht mehr dem Gremium anzugehören und somit die hoffentlich erfolgende Korrektur des Beschlusses nicht mittragen zu müssen. Am Ende bleibt zu hoffen, dass dieser Schildbürgerstreich ohne große Folgen bleibt und dass, falls doch Ansprüche gegen den Markt Zapfendorf erhoben werden, die in einem Regresshaftungsverfahren stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderates den Mut haben diese auch geltend zu machen.

    Äußerst schade ist in diesem Zusammenhang übrigens, dass der erfolgreiche Erhalt des Mitteschulstandortes zur Randnotiz verkommt.

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