Lange Bauzeit, viele Mängel, wenig Nutzen

27. Juli 1994, 18. Dezember 1996, 30. Juli 1997, 1. April 1998. Bereits an diesen Tagen in den 1990er Jahren beschäftigte sich der Stadtrat in Hallstadt mit den Themen Bahnausbau und Hafen-Nordgleis. „Die damaligen Einwendungen der Stadt wurden aber in den heutigen Planungen nicht berücksichtigt“, erklärte Bürgermeister Thomas Söder in der jüngsten Stadtratssitzung. Also auf ein Neues …

Die Einwendungen der Stadt Hallstadt zum aktuell geplanten Bahnausbau summieren sich nicht auf mehrere hundert Seiten, wie das bei der Stadt Bamberg der Fall ist. Denn Hallstadt ist mit wesentlichen Teilen einverstanden. „So ist der Ausbau der Nord-Süd ICE-Trasse von Berlin nach München für den Wirtschaftsstandort der Region Bamberg wichtig“, heißt es auf einer der 17 Seiten der Einwendungen, welche Hallstadt in der Stadtratssitzung am 7. April 2021 einstimmig beschloss. Aber: „Der Neubau eines Hafennordgleises wurde und wird jedoch weiterhin ausdrücklich von der Stadt Hallstadt abgelehnt, da dieses für die Realisierung des Vorhabens nicht erforderlich und geboten ist.“

Die Einwendungen teilen sich in zwei große Bereiche. Zunächst stellt die Stadt Hallstadt fest, dass die vorgelegten Planungen mangel- und fehlerhaft sind. Weitestgehend seien die Unterlagen unverändert aus den 1990er Jahren übernommen worden, obwohl nach mehr als 20 Jahren der Verfahrensunterbrechung eine Aktualisierung geboten wäre. Anhand einiger Beispiele wird dies konkretisiert. Insbesondere, so verlas Söder, beruhen die Berechnungen zur Notwendigkeit des Hafen-Nordgleises auf falschen Annahmen. Mittlerweile sei nur noch der Bayernhafen ans Gleissystem angeschlossen, keine Unternehmen mehr. Bei maximal drei Fahrten pro Tag ergebe sich keine Notwendigkeit für den neuen Hafenanschluss, vielmehr sei es mit Optimierungen im Betriebsablauf möglich, auch mit der bisherigen Situation auszukommen.

Hallstadt würde Flächen verlieren

Unverständnis zeigt die Stadtverwaltung auch dafür, dass wenige Tage vor Ende der Auslegung der Pläne noch weitere Dokumente eingingen. „Der Antrag ist bereits formell rechtswidrig, da ein Auslegungsmangel vorliegt. Mit Schreiben vom 22.03.2021 wurde der Stadt Hallstadt erstmals ein Baustellenplanungsablauf übersandt. Dieser stellt gerade in diesem Fall eine wesentliche Planungsgrundlage dar, da dieser unter anderem auch die Zeiträume der Beeinträchtigung und Beanspruchung von Grundstücken, Straßen und Wegen betrifft“, heißt es in der Stellungnahme.

Im zweiten Teil der Einwendungen geht es dann um allgemeinere Themen wie den hohen Flächenverbrauch durch das neue Gleis, die Auswirkungen auf das Abwassernetz und die Verkehrsinfrastruktur sowie Schallimmissionen und den Naturschutz. Besonders negativ sei bei der Prüfung der 23 Aktenordner aufgefallen, dass die Stadt rund vier Hektar gewerblich nutzbares Land verlieren würde und dass auch zahlreiche Grundstücksbesitzer und Unternehmen von möglichen Enteignungen und zudem Einschränkungen während der Bauzeit betroffen wären. Die Verkehrsanbindung würde in jedem Fall stark von der Baustelle beeinträchtigt: Die Zufahrt über den Hallstätter Weg ins Gewerbegebiet würde von November 2023 bis September 2024 komplett entfallen, der Kreuzungsbereich Emil-Kemmer-Straße / Hafenstraße / B26 müsste von März 2025 bis November 2026 mit weniger Fahrspuren und einer Behelfsbrücke auskommen. „Die langwierige Bauphase, verbunden mit der schlechteren Erreichbarkeit der einzelnen Geschäfte, lässt einen massiven Einbruch der Kundenströme vermuten“, schreibt die Stadt.

Was kostet das Nordgleis wirklich?

Bürgermeister Thomas Söder erklärte abschließend, dass die Stadt die Stellungnahmen auch an die politischen Entscheidungsträger weiterleiten werde. „Wir sind sehr in die Tiefe gegangen und hoffen jetzt, dass die Einwendungen genau und vor allem fair geprüft werden.“ Auch die möglichen hohen Kosten lies Söder nicht unerwähnt. Vor 25 Jahren war von 17 Millionen DM für das Hafen-Nordgleis ausgegangen worden – die Voraussetzungen hätten sich aber geändert, von Preissteigerungen ganz zu schweigen. Momentan sollten, so Söder, der Staat und damit auch die Bahn auf die Kostenseite einen besonderen Fokus legen – nicht immer sei es ratsam, das Optimum erreichen zu wollen. „Keiner muss bei Tag und nach mit dem Güterzug überall hinfahren können.“

Aus dem Stadtrat kamen keine weiteren Anregungen, die Stellungnahme wurde deutlich begrüßt. Mehrere Stadträte sprachen der Stadtverwaltung ihr Lob für die engagierte Ausarbeitung aus.

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