MIT GROSSER BILDERGALERIE!
Ursprünglich waren zwei Tage geplant, aber in nur fünf Stunden war die alte Orgel restlos aus der Pfarrkirche St. Peter und Paul ausgebaut und der Platz für die neue Orgel bereitet. Die fünf Stunden aber waren nervenaufreibend und kräftezehrend genug für die insgesamt zwanzig helfenden Hände, die gemeinsam den wohl gravierendsten und endgültigsten Schritt seit Beginn der Planungen für eine neue Orgel gewagt haben.
Der Gedanke, die alte und inzwischen renovierungsbedürftige Orgel durch eine neue zu ersetzen, wurde an Pfarrer Valentin Tempel immer wieder seit Beginn seiner Dienstzeit herangetragen und stieß auf offene Ohren. „Wir haben uns die Entscheidung im Kirchenrat natürlich nicht leicht gemacht, aber die Gemeindemitglieder wünschten sich eine funktionierende Orgel, welche die Liturgie und die Gottesdienste würdig begleitet.“ Wie groß der Wunsch war und ist, zeigte sich auch an den ersten großen Spenden, die von mehreren Vereinen bereits 2010 der Kirchenstiftung übergeben wurden, noch bevor es einen endgültigen Beschluss für eine Orgel gab. Dieser wurde von der Kirchenstiftung 2011 nach langem und intensivem Abwägen und Diskussionen gefasst.
Der für das Erzbistum Bamberg zuständige Diözesanmusikdirektor Professor Markus Willinger wurde bereits im Februar aktiv. Ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten bestätigte, was die zahlreichen Gottesdienstbesucher längst wussten: Eine Renovierung der alten Orgel ist nicht möglich. Mangels eines schützenden Gehäuses waren Pfeifen, Züge und Felle den schwankenden Temperaturen und dem Staub ausgesetzt, die Elektronik war in den vergangenen Jahren schon immer anfällig für Störungen gewesen, für manches gab es gar keine Ersatzteile mehr. Eines der größten Probleme bei der bisherigen Orgel sah Organist und Mitglied des Orgelausschusses Thomas Bittner in den zunehmend porösen und rissigen Membranen, die man an allen Pfeifen der 15 1/2 Register hätte austauschen müssen. Schlussendlich mussten in den letzten Jahren nach und nach ganze Register abgeklemmt werden, da die Technik nicht mehr funktionierte oder die Pfeifen gänzlich verstimmt waren.
Ist die Membran mit Luft gefüllt, verschließt sie der Luft den Weg in die Pfeife.
Die vielen kleinen elektronischen Bauteile (hier an der Windlade) machten die Orgel störanfällig.
Die neue Orgel ist rein mechanisch und nach historischem Vorbild konstruiert, eine Vorgabe von Professor Markus Willinger. Sie wird die Kemmerner Liturgie würdig und wesentlich länger begleiten als die bisherige Orgel, wie die historische Orgel auf dem Gügel beweist, sie wird seit dem 18. Jahrhundert bespielt. Natürlich ist so eine historische Orgel teurer als eine elektronische, aber einerseits musste sich die Kirchenstiftung an die Vorgaben des Erzbistums halten, andererseits bringt es Kirchenrätin Waltraud Ruß auf den Punkt: „Die neue Orgel ist ja keine Anschaffung für die nächsten 20 Jahre, sondern für mehrere Generationen.“
Ein langer Weg braucht viele Unterstützer
„Wir haben den Wunsch der Gemeinde nach einer neuen Orgel aufgegriffen“, so Pfarrer Valentin Tempel, in dessen Händen es als Vorstand der Kirchengemeinde lag, das Projekt auf den Weg zu bringen und zu begleiten. Immer in enger Zusammenarbeit mit dem Kirchenrat und in Absprache mit den maßgeblichen Ämtern musste vor jeder Entscheidung Rücksprache gehalten und die verschiedenen Schritte und Vorgaben koordiniert werden. Unterstützt wurde die Kirchenstiftung von dem eigens 2010 gegründeten Orgelausschuss, der immer wieder Veranstaltungen und Ideen realisierte, um Spenden zu sammeln. Aus diesem Kreis entsprangen Ideen, wie die Patenschaft für einzelne Orgelpfeifen. Die neueste Idee, die Orgel zu unterstützen entstand in Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Brauerei Wagner: Das Orgelbier.
Am 15. Juli war es dann aber endlich so weit: Ab 7.00 Uhr werkelten fleißige Helfer in und vor der Kirche, trugen ganze Pfeifenstöcke sowie die großen Basspfeifen aus Holz in ein Zwischenlager. Fieselig war die Entfernung jeder einzelnen der elektronischen Kleinteile, die per Hand und vom Hausherrn persönlich abgeschraubt wurden. Beim Trennen der Verkabelungen und der elektronischen Elementen von den Holzteilen waren Geschick und Geduld gefragt. Die alte Windlade mit einem Gewicht von ca. drei Zentnern musste vor dem Verladen auf den bereitgestellten Hänger erst mit Brecheisen, Hammer und roher Gewalt geteilt werden. Die eiserne Lunge der alten Orgel, der elektrische Blasebalg, zwang die Helfer beinahe in die Knie. Pfarrer Valentin Tempel fasste die Leistung in kurze aber treffende Dankesworte: „Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, helfende Hände zu haben, die auch anpacken wollen und können.“
Frisch gestrichen wartet der historische Turm auf die neue Brüstung, die Heiligenbilder und natürlich die neue Orgel.
Momentan wird in der Werkstatt die Brüstung ebenfalls in einem speziellen und vom Amt für Denkmalpflege bewilligten Weiß lackiert. Die inzwischen fertig restaurierten 17 Heiligenbilder werden zusammen mit der Brüstung bis zum 28. Juli montiert, damit die Orgel, die voraussichtlich am 5. August geliefert wird, im August eingebaut und im September gestimmt werden kann. Bis zum Einweihungsgottesdienst am 27. Oktober werden die Gottesdienste durch ein Keyboard begleitet. Aber das kann natürlich eine Orgel nur notdürftig imitieren, nicht ersetzen.
Lena Thiem
Viele Fotos vom Ausbau der Kemmerner Orgel finden Sie in unserer Bildergalerie (zum Öffnen einfach ein beliebiges Foto anklicken, zum Beenden der Anzeige das X in der linken Ecke oben wählen).