Bloß nicht fremd wählen…

In Hallstadt ist die Lage sehr übersichtlich: Bürgerblock, CSU und SPD stellen eine Stadtratsliste mit Kandidaten aus Hallstadt und Dörfleins und werben bei den Kommunalwahlen am 16. März um Ihre Stimmen. Ähnlich sieht es in Baunach aus: Obwohl die Stadt aus acht Stadtteilen besteht, gibt es keine Ortslisten. Ganz anders dagegen in Zapfendorf, wo neben CSU, Freien Wählern und SPD das Vereinte Umland sowie Wählerlisten aus Lauf, Oberleiterbach, Sassendorf und Unterleiterbach antreten. Wir fragen daher einmal provokant: Muss das sein?!? Ein Kommentar…

Logo-260Niemand hat etwas gegen Heimatverbundenheit,

und es ist auch durchaus legitim, dass die kleineren Ortschaften, Gemeinde- und Stadtteile mit eigenen Vertretern in den Gemeindeparlamenten präsent sein wollen – und auch müssen. Dass sie es aber über eigene Listen versuchen, und dass dann Listen aus dem „Hauptort“, meist die Listen der Parteien, ganz oder fast ohne Kandidaten von „außerhalb“ auskommen müssen, ist nicht nur schade, hinterlässt nicht nur einen faden Beigeschmack, sondern schwächt oft auch die ganze Gemeinde.

Nur ein knappes Viertel der Kandidaten aus Zapfendorf

Ein Beispiel: Die Baunacher CSU, die eine Liste mit 16 Stadtratskandidatinnen und -kandidaten aufgestellt hat, bietet einen nahezu perfekten Mix: zwölf Kandidaten kommen aus Baunach, vier aus den Stadtteilen – das entspricht dem reellen Einwohnerverhältnis von 3:1 (Stadt: 3.070, Stadtteile: 950). Das vollkommene Gegenteil ist die Zapfendorfer CSU: Auf ihrer Liste findet sich kein einziger Kandidat, der nicht in Zapfendorf wohnt, bei der SPD sind drei der 13 Kandidaten aus Lauf, alle anderen aus Zapfendorf. Und die Liste der Freien Wähler setzt vollständig auf Zapfendorf.

Warum das so ist, wird bei einem Blick auf den Stimmzettel zur Kommunalwahl schnell klar: Aktive Bürgerliste Unterleiterbach (ABU), Bürgervertretung Lauf (BVL), Vereintes Umland (VU), Wählergemeinschaft Oberleiterbach (WOB) und Wählergemeinschaft Sassendorf (WS) stellen insgesamt 94 Marktgemeinderatskandidaten. Spannend: Auch Kandidaten, die sich auf diesen Wahllisten wiederfinden, sind Mitglieder einer Partei oder machen zumindest aus ihrer politischen Gesinnung keinen Hehl, treten bei der Wahl aber nicht für diese Partei an, sondern für ihren Ort. In Zahlen: Zapfendorf alleine hat rund 2.800 Einwohner, die Gemeindeteile 2.200. Von den insgesamt 132 Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl stellen, wohnen gerade einmal 35 in Zapfendorf.

Einwohner kleiner Gemeinden gehen „besser“ wählen

Warum überhaupt diese Listen? Die Antwort ergibt sich aus der Erfahrung der vergangenen Wahlen: Die Einwohner der Umland-Gemeinden gehen verstärkt wählen, während die Einwohner der Hauptorte sich weniger für die Kommunalpolitik interessieren. Sorgenkinder sind hier vor allem die Neubaugebiete, wo viele Familien ohne örtliche Wurzeln wohnen. Und somit wachsen die Chancen der „Umländer“, ihre Vertreter in den Gemeindeparlamenten zu platzieren.

Was hat das für Folgen? Eigentlich müsste es keine haben. Sie entstehen aber dann, wenn die Vertreter der Umlandgemeinden eine eigene Mehrheit innehaben und somit Entscheidungen im Stadt- oder Gemeinderat gegen den Hauptort, also gegen eine oft deutliche Mehrzahl der Einwohner, fällen können. Dies geschieht besonders dann, wenn diese Räte lediglich die Interessen ihres Ortes im Blick haben, dabei aber vergessen, dass auch die Ortsteile ohne den Hauptort „verloren“ wären. Schließlich ist eine funktionierende Versorgung, sei es in Sachen Einzelhandel oder Ärzten, nicht durch einen kleinen Ortsteil aufrecht zu erhalten, es braucht das „Große Ganze“.

Personenwahl wird zur Ortswahl

In die Gemeindeparlamente sollten diejenigen Menschen als Stadt-, Gemeinde- oder Marktgemeinderäte einziehen, die einen Ort wirklich nach vorne bringen können – durch ihre Erfahrung, durch frische Ideen oder durch Engagement. Rufen Wählergruppen aber dazu auf, bloß keine Stimme „nach außen“ zu geben, sondern die eigene Liste zur stärken, wird die Personenwahl ad absurdum geführt, sie wird zur Ortswahl. Auch wenn der kleine Gemeindeteil nach der Wahl 3 der 20 Räte stellt, steht das noch lange nicht für eine gute Ortspolitik.

Was also tun? Durchforsten Sie Ihren Stimmzettel, im Rahmen der Briefwahl zu Hause, im Wahllokal oder vorab als „Musterstimmzettel“ auf der Internetseite Ihrer Gemeinde, ganz genau. Wählen Sie diejenigen Kandidaten, die Sie für geeignet halten, egal, aus welchem Ort sie kommen. Auch ich werde meine 20 Stimmen nicht nur an Zapfendorfer vergeben, sondern auch an kompetente Kandidaten aus den Ortsteilen. Und die „Umländer“ sollten das ganz genau so machen…

Johannes Michel

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