„Wir stehen nicht vor der Wahl, ob wir wollen oder nicht …“

Zum zweiten Mal geht es im Zapfendorfer Marktgemeinderat um die Frage, ob auf einem gemeindlichen Grundstück eine Wohncontainer-Anlage für Flüchtlinge entstehen soll. Am Ende muss die Polizei den Sitzungssaal räumen.

Schon beim Weg zur Eingangstür des Rathauses ist am Donnerstagabend, 26. Januar 2023, zu sehen, dass heute irgendetwas anders ist als sonst. Schon durch die Fenster lässt sich erkennen: Bis auf die Treppe stehen die Interessierten, in den Saal selbst ist kaum ein Durchkommen. Normalerweise reichen die wenigen Stühle im Sitzungssaal aus. Viele halten einen Zettel in der Hand, der zuvor verteilt wurde. Tenor: Die Regierung provoziert durch Lügen einen Krieg, das Volk müsse Nein zu dieser mörderischen Politik sagen. Online gab es einen Aufruf, zur Sitzung zu kommen – das Containerdorf für Flüchtlinge „wird erst der Anfang sein“.

Bürgermeister Michael Senger eröffnet die Sitzung – zunächst geht es um den Rücktritt von Gemeinderat David Saridžić, der sein Amt aus persönlichen Gründen niederlegt. Und um die Bestätigung der gewählten Kommandanten der Feuerwehr Oberoberndorf.

Dann ruft Senger Tagesordnungspunkt 5 auf: „Antrag mehrerer Marktgemeinderatsmitglieder zur Vermietung einer gemeindlichen Fläche an das Landratsamt Bamberg zum Zweck der Errichtung einer Anlage zur Unterbringung von Flüchtlingen“. Bereits im Dezember wurde darüber beraten – das Projekt damals mit neun zu neun Stimmen abgelehnt. Senger verlas den Antrag von insgesamt 14 Gemeinderätinnen und Gemeinderäten aus allen Fraktionen. Darin heißt es unter anderem: „Die Wiederaufnahme dieses Themas erachten wir aufgrund neuer bzw. nicht ausreichend vertiefter Sachverhalte als zwingend notwendig. (…) Zwischenzeitlich hat sich diese Situation grundlegend geändert: Eine Bereitstellung der avisierten privaten Flächen ist definitiv seitens der Besitzer negiert worden, auch weitere geeignete Flächen konnten nicht gefunden werden. Eine dezentrale Unterbringung in kleinen Wohneinheiten ist aus rechtlichen Gründen ebenfalls nicht möglich. Bei Fehlen einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit droht daher die Zuweisung von Flüchtlingen in gemeindliche Liegenschaften (Mehrzweckgebäude und Schulturnhalle), was erhebliches Konfliktpotential mit sich brächte.“ Und: „Da derzeit in Zapfendorf keine Flüchtlinge im Asylbewerberverfahren untergebracht sind, sehen wir, sowohl aus rechtlicher, aber auch aus humanitärer Sicht, die Notwendigkeit, geeignete Flächen bzw. Gebäude für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen.“

Der Lageplan zeigt, wo die Wohnanlage entstehen soll. Auch die Dimensionierung wird hier deutlich. Grafik: Ingenieurbüro Quant

Aufgeladene Stimmung im Publikum

Der Antrag spreche für sich, erläutert Senger, und ergänzt, dass die Wohncontainer-Lösung keineswegs optimal sei, aber sinnvoll. So könne der Markt mitsteuern, unter anderem in Sachen Dauer der Verpachtung (zunächst drei Jahre) und Anzahl der unterzubringenden Personen. „Zudem kann sich Zapfendorf bei der Frage der Unterbringung von Flüchtlingen nicht einfach wegducken.“ Die Mitwirkungspflicht der Kommunen ergibt sich aus der Asyldurchführungsverordnung. Auch einige Gremiumsmitglieder äußern sich. Dritter Bürgermeister Andreas Schonath (WOB) sah keine Veränderung zur Dezembersitzung. Markus Hennemann (CSU) meinte, „wir stehen nicht vor der Wahl, ob wir wollen oder nicht. Wir müssen das Beste aus der Situation machen.“

Die Landkreise und Gemeinden haben bei der Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften mitzuwirken. Die kreisangehörigen Gemeinden haben bei der Einrichtung der dezentralen Unterkünfte mitzuwirken.

§5, Abs. 3, Asyldurchführungsverordnung – DVAsyl

Der Beschlussvorschlag, ein gemeindeeigenes Grundstück im Westen von Zapfendorf für eine Flüchtlingsunterkunft zur Verfügung zu stellen, vorbehaltlich einer Einigung über den abzuschließenden Mietvertrag mit dem Landratsamt Bamberg, findet bei der Abstimmung eine deutliche Mehrheit des Gremiums. Nur drei Gemeinderatsmitglieder stimmen dagegen, 14 dafür.

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Spätestens ab da heizt sich die Stimmung im Saal unverkennbar auf. „Nimm du sie doch in Sassendorf auf“, ist in Richtung Bürgermeister zu hören. Ein Besucher erinnert die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte daran, dass sie persönlich für die Folgen der Entscheidung haftbar gemacht werden können. Auch Sätze wie: „Prägt euch genau die Gesichter ein, wer dafür gestimmt hat“ oder: „Ihr seid die Nächsten“ fallen. Bürgermeister Michael Senger schließt nach mehreren Ermahnungen und Bitten um Ruhe dann die öffentliche Sitzung und weist die Gäste an, den Saal zu verlassen. Dem kommen die meisten aber nicht nach, so dass Senger den Sitzungssaal von der Polizei räumen lässt. Einige versuchen weiterhin, aus der Sitzung eine Art offene Bürgersprechstunde zu machen – und verfallen in Diskussionen mit Bürgermeister und Räten. So dauert es einige Zeit, bis der Saal schließlich leer ist – und der Gemeinderat mit dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung fortfahren kann.

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