Bestimmt sind Sie schon einmal am Bürgerhaus in Hallstadt vorbeigefahren. Vielleicht waren Sie auch schon mal drin. Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben Sie bisher aber nicht für ein Kunstwerk gerade hier einen Stopp eingelegt. So ging es zumindest vielen Besucherinnen und Besuchern des Vortragsabends mit Künstler Bernd Wagenhäuser. Er stellte im Rahmen der Vortragsreihe der Artothek seine Arbeiten und seine Arbeitsweise vor – und sorgte für Begeisterung.
Kunst am Bau. Das fehlte noch im 2006 eröffnete Hallstadter Bürgerhaus. Und so wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, der Künstler Bernd Wagenhäuser ging als Sieger hervor. Im April 2008 schließlich wurde sein Kunstwerk der Öffentlichkeit vorgestellt – und seitdem hängt es im Treppenhaus des Bürgerhauses. Wagenhäusers Idee: Die Spirale, aus Cortenstahl gefertigt, nimmt die Formen der offenen Treppe auf und verweist zugleich auf die Wendeltreppe, die ins Obergeschoss führt. Am 25. September 2019 kehrte der Künstler nun ins Bürgerhaus zurück, zusammen mit den Teilnehmern seines Vortragsabends, der eigentlich in der Stadtbücherei stattfand. Der kurze Weg zwischen den Gebäuden machte aber diese kleine Exkursion möglich.
„Das schwierigste bei diesem Kunstwerk war, die Streckgrenze nicht zu überschreiten. Denn die Spirale hängt frei und soll sich über die Jahre ja nicht aushängen. Daher habe ich vor meinem Atelier zunächst einen Prototyp gebaut und über mehrere Monate getestet“, erklärte Wagenhäuser dem interessierten Publikum. Jeder könne seine eigenen Ideen in das Kunstwerk hineininterpretieren – die Sichtweise des Künstlers sei nie eine endgültige. Auch wenn Wagenhäuser noch eine Assoziation parat hatte: „Als ich klein war, hat meine Oma immer Äpfel geschält und dabei die Schale spiralförmig abgetrennt.“ Und ein Besucher meinte, nachdem Wagenhäuser auch erzählt hatte, den Kunstwerken keine Namen zu geben: „Dann ist das der Big Apple von Hallstadt.“
Wagenhäusers Kunstwerk im Bürgerhaus Hallstadt.
Welche Fragen stellt sich ein Künstler?
Einige Teilnehmer waren überrascht, im Bürgerhaus überhaupt ein Kunstwerk vorzufinden. „Immer sind die Rollos zu, man kann nicht von außen in das Gebäude reinschauen. Das sollte sich ändern“, meinte eine Interessierte. Und ein weiterer Besucher regte an, im Kellerbereich – das Kunstwerk ragt über mehrere Stockwerke, doch bitte ein wenig aufzuräumen, damit die Spirale noch besser zu Geltung käme. Auf jeden Fall war die Begeisterung groß, wie offen Wagenhäuser über seine Arbeit sprach – auch vor und nach der Exkursion in der Stadtbücherei.
Dort hatte Bürgermeister Thomas Söder den Gast begrüßt und die Förderung von Kunst und Kultur als wichtiges Anliegen der Stadt bezeichnet. „Ein Bild von Bernd Wagenhäuser hing lange in meinem Büro und hat mich immer wieder erfreut“, so Söder. Wagenhäuser lobte die Artothek im Gegenzug als eine hervorragende Initiative. Anhand vieler Bilder zeigte er den Teilnehmern seines Vortrags, wie ein Kunstwerk in seinem Atelier in Bamberg entsteht, welche Prozesse nötig sind und wovon der sich inspirieren lässt. So stelle er sich als Künstler immer die Frage, wo das Kunstwerk einmal aufgestellt werden soll, was dort passiere und wie die Umgebung aussehe. So würden Verbindungen zwischen bestehender Architektur und der Kunst möglich. Entscheidend sei aber, dass jeder in den Kunstwerken etwas anderes erkennen dürfe, auch Dinge, die über das „Angebot“ des Künstlers hinausgingen.
So sei das auch beim Mahnmal in Zapfendorf, das im Jahr 2013 als Erinnerung an die Zerstörung Zapfendorfs durch einen nach einem Luftangriff der Amerikaner explodierten Munitionszug am 1. April 1945 und den anschließenden Wiederaufbau errichtet wurde. „Es soll die Zerstörung zeigen, aber auch die Energie, die von den Menschen damals aufgebracht wurde, um ihren Ort wiederaufzubauen.“ Dazu seien damals auch Gespräche mit Zeitzeugen und das Sichten von Dokumenten wichtig gewesen.
Das Mahnmal in Zapfendorf wurde am 1. April 2013 enthüllt. Mittlerweile hat sich der Cortenstahl ins typische Bräunliche verfärbt.
Wagenhäuser fertigt auch Filigranes
Natürlich war Wagenhäuser auch für Fragen offen. Er erzählte einiges zu seinem Werdegang, seinem Kunststudium und einem zuvor abgebrochenen Ingenieursstudium, das ihm aber heute bei statischen Berechnungen noch immer helfe. Seit 1981 ist er schon Bamberger, fertigt alle seine Kunstwerke selbst. Es klang schon durch, dass Wagenhäuser sich auch für Bilder verantwortlich zeichnet. Vier davon sind über die Artothek Hallstadt auch ausleihbar. Wagenhäuser setzt hier auf starkes Büttenpapier, Eisenpulver und Brandabdrücke. „Solche feinen filigranen Arbeiten sind ein wunderbarer Ausgleich zu den Großplastiken, für die auch viel körperliche Arbeit notwendig ist“, so der Künstler.
Wer mehr von Bernd Wagenhäuser sehen möchte, muss nicht weit reisen. In Bamberg können gleich mehrere seiner Skulpturen in einer Art Dauerausstellung betrachtet werden – neben dem Ziegelbau bei der Konzerthalle. Und Wagenhäuser lud auch in sein Atelier ein – es könne jederzeit nach vorigem Anruf besucht werden …
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