18:1 ist ein eindeutiges Stimmenverhältnis, das in aller Regel keinerlei Diskussion bedarf. Dass Regeln allerdings hin und wieder von Ausnahmen bestätigt werden müssen, zeigte die Hallstadter Stadtratssitzung vom vergangenen Mittwoch. Grund dazu lieferte ein Antrag der SPD-Fraktion zur Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens bezüglich der Schulden des SV Hallstadt gegenüber der Stadt. Lediglich der Erste Bürgermeister verweigerte seine Stimme und erntete in der Folge viel Unverständnis – zu Recht?
Es sind harte Worte, die da im Radio fallen. Von einem Privatkrieg zwischen Verein und Bürgermeister war auf Radio Bamberg die Rede, sogar eine Dienstaufsichtsbeschwerde wurde angesprochen. Es klang an, dass der SV Hallstadt möglicherweise sofort seine Vereinstätigkeit einstellen muss, bis hin zum Jugendtraining. Die Insolvenz sei nicht mehr abzuwenden. Ganz so ist es aber dann doch nicht.
Klar ist nur eines: Um die Finanzen des Vereins steht es alles andere als gut. Schuld daran scheinen vor allem falsche Zukunftsprognosen, Fehleinschätzungen oder vielleicht auch Wunschdenken vieler Beteiligter gewesen zu sein. Denn als Mannschaften in der Bayernliga und damit recht hochklassig spielten, rechnete wohl niemand mit einer möglichen Insolvenz. Ganz im Gegensteil: Das Sportheim wurde deutlich aufgewertet, sogar mit Sauna und Schwimmbad ausgestattet. Solche Investitionen verursachten hohe Verbindlichkeiten, die schon bald nicht mehr bedient werden konnten. Auch die Mieteinnahmen blieben, teilweise durch Leerstand, deutlich hinter den Erwartungen zurück. Schwierig ist außerdem, dass neben dem Verein selbst auch noch die Stadt, ein Privatmann sowie die vereinseigene W-SV GmbH mitzureden haben. Denn das Immobilienkonstrukt ist auf den ersten Blick etwas undurchsichtig. Nach einigen Schwierigkeiten scheint nun der Verkauf des Reha-Zentrums an den aktuellen Mieter, einen Physiotherapeuten, beschlossene Sache. Der Verkauf würde die Schulden der W-SV GmbH vollständig tilgen und auch einen Teil der Schulden des SV Hallstadt.
Ungeachtet einer möglichen Insolvenz besteht eine offene Forderung der Stadt in Höhe von 63.000 Euro gegenüber dem Verein. Dabei geht es um angestaute laufende Kosten aus den Bereichen Wasser und Abwasser sowie um die Rückforderung eines gewährten Darlehens. Die SPD-Fraktion aus Hallstadt beantragte diesbezüglich eine Aussetzung der Vollstreckung. Der Beschluss wurde auch gefasst. Die Gegenstimme des Ersten Bürgermeisters Thomas Söder (CSU) sorgte bei den anwesenden Gästen und Stadträten jedoch für Kopfschütteln und lieferte in der Folge viel Raum für Spekulationen: Womöglich ein privater Streit?
Der Lageplan zeigt die verschiedenen Besitzverhältnisse.
Das Gebäude links beherbergt im Erdgeschoss die Physiotherapie.
SV Hallstadt stand kurz vor der Vermögensauskunft
Die zeitnahe Einforderung derartiger Verbindlichkeiten sei eine rechtliche Verpflichtung, die einer Kommune das Gesetz auferlege, teilte Söder in Übereinstimmung mit Hallstadts Kämmerer Markus Pflaum mit. Entgegen anders lautender Aussagen sei die Stadt immer bereit gewesen, mit dem Verein zu sprechen. Ein Finanzierungskonzept, das der Verein dem Stadtrat vorgelegt habe, sei als nicht tragfähig abgelehnt worden, weitere Vorschläge habe es nicht gegeben. Von der seit März 2015, als in der Hauptversammlung keine neue Vorstandschaft gewählt worden war, kommissarischen Vereinsführung sei auch keine besondere Gesprächsbereitschaft signalisiert worden, betonte Söder. Sowohl die gestundeten Rückzahlungen als auch die sehr hohen Zuschüsse an den Verein – allein über 30.000 Euro an städtischer Vereinsförderung seit 2012 – sei darüber hinaus Indiz genug, dass niemand in der Stadt daran interessiert sei, dass der Verein insolvent werde.
Doch der Verkauf des Reha-Zentrums des Sportheims wird nicht genügen, um den Verein schuldenfrei zu wähnen. Es bedarf laut Angaben des Vereins, die Zahlen sind aus Mai 2015, weiterer 320.000 Euro, um den Betrieb fortsetzen zu können. Darunter sind unter anderem Bürgschaften der Stadt gegenüber einer Bank und dem Bayerischen Landessportverband (BLSV), die Reparatur der Flutlichtanlage sowie offene Rechnungen. Söder äußerte gegenüber Nachrichten am Ort, dass er sich schon wundere, dass die anwesenden Stadträte in der Sitzung am vergangenen Mittwoch, 25. November, in Kenntnis der dargestellten Zahlen mit ja, also für die Aussetzung der Vollstreckung, gestimmt hätten. Ob der Beschluss Bestand hat, prüft aktuell das Landratsamt. Die Vollstreckung ruht aktuell also nur, ist in der Schwebe. Klarheit, wie es weitergeht, ist in einigen Tagen zu erwarten. Eine Information ist hierbei interessant: Das Vollstreckungsverfahren befindet sich keineswegs am Anfang – bereits der nächste Schritt wäre eine Vermögensauskunft gewesen. Bislang sind die der Öffentlichkeit bekannten Zahlen lediglich die, die vom Verein selbst veröffentlicht wurden. Eine Vermögensauskunft würde dies ändern. Und, noch eine interessante Information: Bürgermeister Söder ist selbst Mitglied im Verein und sitzt auch im Vereinsbeirat.
Was war sonst noch Thema im Stadtrat?
Neben der brisanten SV-Hallstadt-Thematik gab es noch weitere bürgerrelevante Entscheidungen in der Stadtratssitzung. So werden die Eintrittspreise des städtischen Schwimmbads auf dem günstigen Niveau des Vorjahres fixiert, das bei drei Euro pro Person lag. Zudem werden die Preise für Personen, die einen Behinderungsgrad von mehr als 50 Prozent vorweisen, um die Hälfte reduziert und auch die Dauerkarten werden in der kommenden Saison für Schwerbehinderte vergünstigt angeboten. Durch diese günstigen Eintrittspreise sei die Stadt jedoch weit entfernt von einer Kostendeckung der Freibadbetreibung, wie Dr. Hans Partheimüller einwarf. „Die Stadt muss etwa eine Million Euro jährlich aufwenden, um den Besuchern den Badespaß zu ermöglichen“, ergänzte der CSU-Stadtrat.
Zusätzlich wurde die weitere Förderung von Regenwassernutzungsanlagen im Stadtgebiet Hallstadt einstimmig beschlossen. „Es müsse nicht sein, dass die Klospülung Trinkwasser enthält“, sagte Veit Popp von der CSU-Fraktion. Die Förderungsmaßnahme ist eigentlich weitestgehend bekannt, ergänzte der Kämmerer Pflaum, wird aber noch kaum genutzt. Natürlich gibt es Obergrenzen bei der Bezuschussung für den Bau einer derartigen Nutzungsanlage, aber auch eine Selbstbeteiligung sei angesichts der enormen Vorteile mehr als rentabel, so Popp.