Nach dem Wegfall der Straßenausbaubeiträge sind Grund- und Gewerbesteuer für die Kommunen noch einmal wichtiger geworden. In Kemmern ging es im Gemeinderat nun um die Hebesätze für 2025 – auch mit dem Hintergrund der Grundsteuerreform.
Ein zentraler Tagesordnungspunkt der Gemeinderatssitzung vom 7. November 2024 war die Neufestlegung der Grundsteuerhebesätze, die im Zuge der Grundsteuerreform ab 1. Januar 2025 notwendig wird. Die Grundsteuer ist eine wesentliche Einnahmequelle für die Gemeinde und hilft, kommunale Projekte und Dienstleistungen zu finanzieren. Der aktuelle Hebesatz liegt seit 2018 bei 370 v.H.
In Kemmern sind derzeit 1.025 Objekte von der Grundsteuer B und 400 von der Grundsteuer A betroffen. Aktuell laufen noch rund 150 Einsprüche, die sich vor allem auf die festgesetzte Wohn- oder Nutzfläche beziehen. Somit liegen die vollständigen Daten für Kemmern noch nicht vor, die Gemeinde muss die Hebesätze somit auf Basis einer Hochrechnung ermitteln. Dabei soll die Grundsteuerreform aufkommensneutral enden, also ohne zusätzliche Einnahmen für die Gemeinde zu generieren.
Dass einzelne Bürgerinnen und Bürger dennoch stärker belastet, andere dafür entlastet werden, hat mit der Reform an sich zu tun. Beispielsweise würden größere Grundstücke und Mehrfamilienhäuser in Einzelbesitz stärker belastet, während sich bei Eigentumswohnungen eine Entlastung abzeichnet, wie Bürgermeister Rüdiger Gerst anführte. Die Verwaltung hatte daher bei Aufkommensneutralität Hebesätze von 195 v.H. für die Grundsteuer A und 250 v.H. für die Grundsteuer B errechnet. Dies ermögliche eine stabile Einnahmesumme von rund 220.000 Euro, so Kämmerer Markus Diller.
Erstmal aufkommensneutral?
Bürgermeister Gerst verwies aber auch auf Vorgabe der staatlichen Rechnungsprüfung, das Einnahmeniveau zu steigern, um die finanzielle Stabilität der Gemeinde zu verbessern. Sollte die Gemeinde im kommenden Jahr einen Haushalt mit Kreditaufnahme beschließen, werde eine Erhöhung der Hebesätze gefordert. Dazu schlug er als zweite Variante für einen Beschluss vor, die Hebesätze auf 215 v.H. (Grundsteuer A) und 275 v.H. (Grundsteuer B) anzuheben. Diese Erhöhung würde etwa zehn Prozent mehr Einnahmen generieren.
In der anschließenden Diskussion gab es jedoch viele Stimmen für eine aufkommensneutrale Lösung, wie etwa von Gemeinderat Tobias Wagner (CSU), der für die Beibehaltung der empfohlenen Hebesätze plädierte. Silvia Jung (CSU) betonte den Wunsch nach einer transparenten Entscheidung, die die Bürger nicht unnötig belaste. Letztlich einigte sich der Gemeinderat auf die Variante 1 (195 v.H. für Grundsteuer A und 250 v.H. für Grundsteuer B), die keine zusätzlichen Einnahmen vorsieht, aber später wohl angepasst werden müsste. Der Beschluss fiel einstimmig.
Gewerbesteuer steigt
Auch die Gewerbesteuer stand zur Diskussion. Die Verwaltung hatte eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes von aktuell 330 v.H. (seit 2015) auf 360 v.H. vorgeschlagen. Dieser Schritt soll ab 1. Januar 2025 in Kraft treten und ist, wie die Diller darlegte, für die ortsansässigen Gewerbetreibenden weitgehend aufkommensneutral. Hintergrund ist die Struktur der Gewerbesteuerzahler in Kemmern: Rund 80 Prozent der Einnahmen kommen von Einzelunternehmern und Personengesellschaften, die durch die Unternehmenssteuerreform von 2008 und 2020 entlastet wurden. Für diese Gruppe ist ein Gewerbesteuerhebesatz von 400 v.H. oder niedriger steuerlich vorteilhaft, da sie die gezahlte Gewerbesteuer bis zum Vierfachen des Messbetrags von der Einkommensteuer abziehen können. Kapitalgesellschaften hingegen, die nicht von dieser Regelung profitieren, tragen bei höheren Hebesätzen automatisch mehr zur Gemeindekasse bei.
Die Neufestlegung des Hebesatzes auf 360 v.H. würde der Gemeinde schätzungsweise rund 40.000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr bringen, so Diller. Der Beschluss, den Gewerbesteuerhebesatz ab 2025 auf 360 v.H. anzuheben, wurde ebenfalls einstimmig gefasst.
Weiteres aus der Sitzung vom 7. November 2024
Abseits der Steuerfragen widmete sich der Gemeinderat auch einigen weiteren Anliegen. Der Sportfischerverein Kemmern stellte einen Antrag auf Bereitstellung von Lagerraum. Dieser wird dringend benötigt, um Materialien für Veranstaltungen und Vereinsaktivitäten unterzubringen. Ursprünglich war die Aufstellung eines Containers in der Nähe der Anglerhütte vorgesehen, was jedoch seitens der Behörden abgelehnt wurde. Die Lage im Hochwassergebiet erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen, weshalb alternative Lösungen gesucht werden. Mehrere Gemeinderäte schlugen vor, alle örtlichen Vereine an einen Tisch zu holen, um gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, Lagerflächen bereitzustellen oder zu teilen. Der Tagesordnungspunkt wurde dann aber erst einmal vertagt.
Am Dienstag, den 19. November, steht die diesjährige Bürgerversammlung im Feuerwehrhaus an. Hier wird Bürgermeister Gerst die Bürgerinnen und Bürger umfassend informieren und Raum für Fragen und Diskussionen bieten.