Gemeinderat nahm zwei Beschlüsse zurück

Im Titelbild: Der Sportplatz des FSV Unterleiterbach mit einem großen Erdhaufen daneben. Auch an diesem stört sich der Verein.

Es ist ein nicht alltäglicher Vorgang. Bürgermeister Michael Senger beanstandete zwei Beschlüsse des Gemeinderats aus nichtöffentlichen Sitzungen im April und Mai. Dabei geht es um eine Fläche, die der FSV Unterleiterbach lange von der Gemeinde gepachtet hatte und auf der Landfahrer campierten. Auch das Drumherum ist berichtenswert.

In den Gemeinderatssitzungen vom 26. April und 19. Mai 2022 wurden Beschlüsse gefasst, die laut Bürgermeister Michael Senger rechtswidrig sind und die er in seiner Funktion als Gemeindeoberhaupt beanstanden muss. „Das ist eine Pflicht, hier gibt es keinen Ermessensspielraum“, erklärte Senger in einer Gemeinderatssitzung, die ausnahmsweise an einem Mittwochabend (1. Juni 2022) stattfand. „Wenn es heute keine Mehrheit für die Aufhebung der Beschlüsse gibt, muss die Rechtsaufsichtsbehörde am Landratsamt einschreiten und die Beschlüsse aufheben.“ Auch die Kommunalaufsicht am Landratsamt Bamberg sei bereits mit einbezogen worden.

Was war passiert? Die Geschichte ist ein wenig länger und reicht teilweise bis in die 1990er Jahre zurück. Nachdem der FSV Unterleiterbach Ende 1976 den Bereich des Hauptspielfeldes von der damals noch eigenständigen Gemeinde Unterleiterbach gepachtet hatte, kamen 1992 weitere Teilflächen hinzu, unter anderem im Bereich der Flurnummer 185. Eigentlich war der Bau eines Kleinspielfeldes angedacht, der aber nie realisiert wurde. 2001 wurde ein weiterer Pachtvertrag geschlossen, ebenso wie 2018 – hier ist explizit der Teilbereich der Flurnummer 185 eingeschlossen, der als Landfahrerplatz genutzt wurde.

Bebauungsplan wäre nötig

Schon seit Mitte der 1990er Jahre campierten zwischen Spielfeld und Bahngleisen oftmals Landfahrer mit ihren Schaustellerwagen – und bedienen von hier aus Veranstaltungen wie Kirchweihen und Feste in der Umgebung. Nachdem anfangs die Sanitäranlagen des Vereinsheims einbezogen wurden, kam später ein Sanitärcontainer hinzu. „Teilweise gibt es hier eine starke Nutzung, was sich auch auf mehreren Luftbildern nachvollziehen lässt“, so Bürgermeister Senger. Eine genehmigte Nutzung als Campingplatz existiert an dieser Stelle aber nicht. Und ein Campingplatz definiere sich schon dann, wenn regelmäßig mehr als drei Zelte oder Wohnwagen vorhanden seien. Um dies zu legalisieren, wäre ein Bebauungsplan nötig, der an dieser Stelle aber ausgeschlossen sei. Zum einen befände sich die Fläche im Außenbereich, zum anderen liege sie im Überschwemmungsgebiet des Mains.

Vor zwei Jahren kündigte die Gemeinde den Pachtvertrag, nachdem es Beschwerden aufgrund nicht eingehaltener Auflagen in Sachen Corona-Infektionsschutzgesetz gegeben hatte. Hier kam auch wieder die Frage auf, ob das Campieren überhaupt legal sei. Ein Gespräch mit Vereinsvorstand, Bürgermeister und Landratsamt, auch der Landrat nahm teil, führte zu keiner Lösung. Fazit sei gewesen: Sofern eine Einigung zwischen Gemeinde und Verein erzielt werden könne, würde das Landratsamt die Situation möglicherweise dulden, referierte Senger. Wobei es über das Treffen, obwohl vereinbart, kein Protokoll gebe. Im April 2021 stellte der FSV dann erneut einen Antrag auf Pacht der Fläche, der vom Gemeinderat abgelehnt wurde. Ein neuer Antrag folgte im März 2022 – und der wurde in den Sitzungen vom 26. April (Pachtvertrag) und 19. Mai 2022 (Pachtzins) vom Gremium positiv beschieden. Und hier liegt der Grund der Beanstandung: Auch wenn der Pachtvertrag dementsprechend formuliert sei, entlasse dies die Gemeinde nicht aus der Verantwortung – etwa im Falle eines Hochwassers oder eines Starkregenereignisses. Sogar die Gemeinderäte wären haftbar, da sie wussten, worüber abgestimmt wird, so Senger.

Seit den 1970er Jahren ist der FSV Unterleiterbach auf der anderen Seite der Bahngleise beheimatet. Rechts das Sportheim.

Nur Verlierer …

Rund um die eigentliche Sache herum hat sich in den vergangenen Wochen aber einiges entwickelt. „Beschäftigte der Gemeindeverwaltung und Gemeinderäte wurden schlecht gemacht, es wurden falsche Behauptungen aufgestellt, es kam zu versuchten Beeinflussungen des Abstimmungsverhaltens“, erklärte Senger. Hinzu kommt, dass schon einen Tag nach der Sitzung vom 19. Mai wohl das Ergebnis der nichtöffentlichen Abstimmung beim FSV Unterleiterbach bekannt war, obwohl niemand außerhalb von Gemeinderat und Gemeindeverwaltung wusste, dass das Thema in der Sitzung überhaupt behandelt wurde. Der Inhalt des nichtöffentlichen Beschlusses kursierte also bereits in der Öffentlichkeit. „Daher behandeln wir das heute öffentlich, da es keinen Grund zur Geheimhaltung mehr gibt.“

Senger schloss seine Ausführungen mit dem Satz: „Fehler kann man machen, ein größerer wäre, wenn eine rechtswidrige Entscheidung durch einen erneuten Beschluss bestätigt würde.“ In der anschließenden Diskussion äußerten einige Gemeinderäte ihr Bedauern über die Situation. Gemeinderat Joachim Nüßlein (Aktive Bürgerliste Unterleiterbach, ABU) meinte, es sei von Anfang an klar gewesen, welche Nutzung für die Fläche geplant sei. Daher hätte keine mehrjährige Behandlung des Themas stattfinden müssen, sondern gleich ein Grundsatzbeschluss. Dritter Bürgermeister Andreas Schonath (Wählergemeinschaft Oberleiterbach, WOB) erklärte: „Das Ding besteht seit 30 Jahren, niemand hat sich daran gestört. Auch der Ebinger Campingplatz liegt im Überschwemmungsgebiet.“ Und: Es hätte für die Zwischenlagerung von Erdaushub auch andere Flächen im Gemeindegebiet gegeben. Dieses Thema beschäftigt den FSV Unterleiterbach auch schon einige Zeit: Die Gemeinde lagert auf der möglichen Pachtfläche, angrenzend ans Spielfeld, Boden, der demnächst für die Westtangente genutzt werden soll. Er stammt unter anderem von der Baustelle der Kita-Erweiterung St. Franziskus. Durch die Nutzung dieser Fläche habe die Gemeinde rund 50.000 Euro gespart – im Vergleich zur Abfuhr und der Neubeschaffung des Bodens, so Bürgermeister Senger. Die Nähe zum Spielfeld ergebe sich, weil die bauausführende Firma falsch abgelagert habe.

Die Landfahrer scheinen einen anderen Platz gefunden zu haben – nicht neben, sondern hinter dem Spielfeld.

Mona Bahr (Zukunft Zapfendorf, ZuZ) sah keine Zustimmung zu einer widerrechtlichen Lösung als denkbar. Sie beklagte sich über die selektive Herausgabe von Inhalten nichtöffentlicher Sitzungen und den Druck, der auf die Gemeinderäte aufgebaut worden sei. Es seien sogar Angehörige und Freunde daraufhin angesprochen worden, auf die Entscheidung einzelner Räte einzuwirken. Es sei versäumt worden, von beiden Seiten – Gemeinde und Verein – Optionen zu entwickeln, wie sich der wirtschaftliche Betrieb des Vereins mit den Landfahrern weiterführen ließe. Dagmar Raab (SPD) verwies darauf, dass die vergangenen 30 Jahre keine Rolle spielen – wenn hier Überschwemmungsgefahr bestehe, entstünden Verantwortlichkeiten, wenn der Gemeinderat zustimme. Und für Andreas Hofmann (ZuZ) schloss, gebe es nun leider nur Verlierer, niemand gewinne.

Mit elf zu fünf Stimmen fand der Beschlussvorschlag von Bürgermeister Senger dann eine deutliche Mehrheit. Der Gemeinderat folgte damit der Beanstandung und hob die Beschlüsse auf.

Weiteres aus der Sitzung vom 1. Juni 2022

Vom Gemeinderat bestätigt wurden die neu gewählten Kommandanten von Feuerwehren. In Sassendorf ist dies Pascal Förner, in Oberleiterbach sind es Nikolas Dumsky und Markus Drossel. Abgeschlossen wurde eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen dem Markt Zapfendorf und der Kirchenstiftung St. Peter und Paul über die Organisation der Bücherei. Aus steuerlichen Gründen wird der Markt künftig die alleinige Trägerschaft übernehmen, die Kirche ist dann Kooperationspartner. Auf den Betrieb hat dies aber keinerlei Auswirkungen. Aufgehoben wurden zudem die Satzungen über die Obdachlosenunterbringung und die Erhebung von Nutzungsentschädigungen für Obdachlosenunterkünfte. Hintergrund ist, dass die Gemeinde bis zum Jahr 2019 einen Container für die Obdachlosenunterbringung betrieb, seitdem nicht mehr.

In seinem Bericht informierte Bürgermeister Michael Senger noch über die anstehenden Straßensanierungen in Lauf in den Pfingstferien, die Sport- und Wellnesstage im Aquarena am 25. und 26. Juni und die Ortssprecherwahl in Roth, die am 7. Juli stattfinden soll.

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Ein Kommentar

  1. Wenn ein verpachtetes Grundstück – genau wie eine Mietwohnung – zweckentfremdet wird, wie hier vom FSV Unterleiterbach, indem nicht der Bau eines Kleinspielfeldes sondern eine Weiter-
    verpachtung als Campingplatz für Landfahrer erfolgte, ist dies gesetzwidrig. Hier hätten bereits die
    Vorgänger-Bürgermeister einschreiten müssen.
    Die Aussage vom 3. Bürgermeister „das Ding besteht seit 30 Jahren, niemand hat sich daran gestört“, ist nicht richtig. Er sollte in seiner Funktion von seinen Vorgängern wissen, das bereits Bürger in den vergangenen Jahren im Rathaus vorstellig geworden sind und auf die nicht gesetzeskonforme Verpachtung des FSV an die Landfahrer hingewiesen haben.
    Eigentlich hätte die Pacht nach meiner Ansicht der Gemeinde zugesandten, und wenn diese das Geld nicht beanspruchen wollte, wäre eine gerechte Verteilung (vielleicht nach Mitgliederzahl) an
    an die örtlichen Sportvereine bzw. Vereine richtig gewesen.

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